Nachdem gravierende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz auf einem Hürther Schlachthof aufgedeckt wurden, häufen sich Hinweise auf weitere Fälle von Tierquälerei.
„Kein Einzelfall“Der Schlachthof-Skandal in Hürth zieht weite Kreise
Die Berichterstattung über den geschlossenen Schlachthof in Hürth Mitte Januar hat zu weiteren Verdachtsmomenten über Verstöße gegen das Tierschutzgesetz geführt. Nach Hinweisen von Bürgern seien bundesweit bereits fünf Schlachthöfe von den Behörden kontrolliert worden, teilt das Deutsche Tierschutzbüro e.V. mit.
Davon befanden sich zwei in Rheinland-Pfalz – dort wurden jedoch keine Belege dafür gefunden, dass Tiere gequält werden. Ebenso wenig bestätigten sich die Hinweise in einem weiteren Fall in Brandenburg. Dieser Schlachthof ist schon lange im Fokus des Tierschutzbüros in St. Augustin bei Bonn.
In Dorsten sollen Kinder Tiere auf einem Schlachthof getötet haben
„Leider hat sie bisher nie etwas nachweisen lassen“, sagt deren Vorstandsvorsitzender Jan Peifer. Möglicherweise agierten Schlachthöfe, die es mit dem Tierschutz nicht so genau nehmen, nach der Berichterstattung unter anderem unserer Redaktion vorsichtiger, meint der 42-Jährige.
In Dorsten im nördlichen Ruhrgebiet dagegen führten die Hinweise eines Whistleblowers zu einem Erfolg. Die Tierschutzorganisation Peta war auf einen landwirtschaftlichen Betrieb aufmerksam gemacht worden. Laut dem Hinweisgeber habe der Inhaber die Tiere selbst geschächtet, habe aber auch unbefugtes Personal die Tiere illegal töten lassen.
Zudem sei laut Peta beobachtet worden, dass auch Kinder beim Schächtvorgang zugegen waren und Tiere töten durften. Nach Angaben des Whistleblowers wurden Hühner, Ziegen, Schafe und Rinder ohne Betäubung getötet. Die Behörden in Dorsten haben den Schlachthof geschlossen.
Peifer sieht sich darin in seiner Überzeugung bestätigt: „Hürth war kein Einzelfall. Allerdings ist es extrem schwer für die zuständigen Behörden und die Veterinärämter, diese Fälle von Tierquälerei aufzudecken. Das hat nichts mit mangelndem Willen, sondern meistens mit personellen Kapazitäten zu tun.“
In einem Schlachthof in Hürth war Mitte Januar ein Fall von brutaler Tierquälerei ans Licht gekommen. Versteckte Kameras zeigen, wie Tiere ohne Betäubung getötet werden. Auf den Bildern ist zu sehen, wie Schafe gewaltsam auf den Boden gedrückt werden, ehe ihnen ohne Betäubung die Kehle aufgeschnitten wird.
Das Veterinäramt des Rhein-Erft-Kreises hat den Schlachthof geschlossen und dem Betreiber und seinen Mitarbeitern die Sachkunde entzogen. Der Betreiber führt parallel einen Tierhandel in der Eifel – und ließ über einen Sprecher mitteilen, dass er von den Vorfällen nichts gewusst habe. Laut Peifer ist der Mann aber auf den Videoaufnahmen ohne Zweifel zu erkennen.
Das Schlachten von Tieren ohne Betäubung ist in Deutschland grundsätzlich verboten und nur in einigen Bundesländern mit einer Ausnahmegenehmigung möglich, wie das Deutsche Tierschutzbüro erklärt. Solch eine Genehmigung lag dem Schlachthof in Hürth jedoch nicht vor.
SPD fordert Informationen über Kontrollen des Hürther Schlachthofs
Derweil erreicht die Schließung des Schlachthofs in Hürth auch die politische Ebene. In einer Anfrage für die Sitzung des Gesundheitsausschusses am 23. Februar hat die SPD-Fraktion im Kreistag einen Fragenkatalog zusammengestellt. Sie möchte unter anderem wissen, wie häufig der Betrieb vom Veterinäramt kontrolliert worden ist, ob Verstöße festgestellt worden sind und warum dem Betreiber nicht auch die Schlachtlizenz entzogen worden ist.
„Die grässlichen Bilder aus dem geschlossenen Schlachthof in Hürth sorgen zu Recht für große Empörung“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Dierk Timm. „Solche Entgleisungen geschehen nicht spontan, genau so wenig wie gewerbsmäßige Schächtungen.“ Klar sei auch, dass in Hürth mit hoher krimineller Energie agiert worden sei, von Menschen, denen offensichtlich jeglicher ethischer Kompass fehle.