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Schlachthof-SkandalTierschützer hoffen auf hohe Strafe für Tierquäler in Hürth

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem Foto ist der Schlachthof in Hürth mit seinen Stallungen zu sehen.

Anfang 2023 war der Schlachthof in Hürth-Fischenich geschlossen worden. Dort soll es zu massiven Verstößen gegen das Tierschutzgesetz gekommen sein.

Tierschutzverein sieht seine Vorwürfe gegen den Betreiber und vier Mitarbeiter des Betriebs in Hürth bestätigt. Ermittler sicherten weitere Beweise.

Die polizeilichen Ermittlungen gegen den Betreiber eines Schlachthofs in Hürth und vier seiner Mitarbeiter sind weitgehend abgeschlossen. Ob die Beweise ausreichen, um die Männer wegen illegaler Schächtungen, Schwarzschlachtungen und massiver Verstöße gegen das Tierschutzgesetz anzuklagen, wird in den kommenden Wochen die Staatsanwaltschaft Köln entscheiden.

Nachdem den Behörden Anfang 2023 Videomaterial aus versteckten Kameras aus dem Betrieb zugespielt worden waren, wurde er vom Veterinäramt des Kreises geschlossen. Das deutsche Tierschutzbüro (heute Aninova) in St. Augustin hatte Anzeige erstattet. „Die Zustände in dem Betrieb gleichen einem Horrorfilm“, sagt Vorstandsvorsitzender Jan Peifer. „Die Tierquälerei ist kaum in Worte zu fassen, es ist sicherlich mit das Schlimmste, was ich jemals gesehen habe.“

75 Schafe und Rinder sollen ohne das Wissen des Veterinäramts geschlachtet worden sein

Peifer sieht sämtliche Vorwürfe, die aus seiner Sicht durch das Videomaterial dokumentiert sind, in der Ermittlungsakte bestätigt. Mehr noch, zu den Schächtungen und den Verstößen gegen das Tierschutzgesetz kommt offenbar eine erhebliche Anzahl von Tieren, die schwarz geschlachtet worden sein sollen. Ende 2022 sind nach Angaben von Peifer mindestens 75 Schafe und Rindern ohne das Wissen des Veterinäramtes geschlachtet worden.

Das Foto aus einer versteckten Kamera zeigt, wie Schafe in den Schlachtraum getrieben und geschlachtet werden.

Das Foto aus einer versteckten Kamera zeigt, wie Schafe in den Schlachtraum getrieben und geschlachtet werden.

Er ist davon überzeugt, dass der Betreiber von den Schwarzschlachtungen gewusst hat, denn er habe die Schlachtungen nicht beim Veterinäramt angemeldet. Der Gesetzgeber sieht vor, dass jedes Tier vor der Schlachtung von einem Veterinär oder amtlichen Tierarzt begutachtet wird. Dieser müsse die Schlachtfähigkeit bescheinigen.

„Hier hat der Betreiber ganz bewusst die Behörde belogen, entweder, weil die Tiere so krank waren, dass sie nicht geschlachtet werden dürften, oder weil er die Einnahmen aus der Schlachtung nicht versteuern wollte“, vermutet Peifer. In den Vernehmungen hat der Betreiber ausgesagt, er habe davon nichts gewusst. Seine Angestellten seien dafür verantwortlich.

Schlachthof-Mitarbeiter dürfen keine Tiere mehr schlachten

Den Akten ist ferner zu entnehmen, dass er die Männer – alle stammen aus Bulgarien – nach Bekanntwerden der Ermittlungen entlassen hat. Das Veterinäramt hatte ihnen zudem umgehend die Sachkunde entzogen, sodass sie keine Tiere mehr schlachten dürfen. Laut Peifer habe einer der Männer bei der Vernehmung durch die Polizei gesagt, er habe nur ein- oder zweimal Tiere betäubungslos geschlachtet. Zufälligerweise sei das zu dem Zeitpunkt gewesen, als die Kameras im Schlachtraum liefen. Die anderen Mitarbeiter schweigen zu den Vorwürfen.

Von einem fünften Mann, der auf den Aufnahmen zu sehen ist, fehlt jede Spur. Der Schlachthof-Betreiber und ein ehemaliger Mitarbeiter geben an, sie würden ihn nicht kennen. Es sei üblich gewesen, dass Leute zum Probearbeiten gekommen wären. Möglicherweise handele es sich um einen Bekannten eines der Arbeiter.

Was bisher auch nicht bekannt war: Der Schlachthof-Betreiber war kurze Zeit nach dessen Schließung juristisch dagegen vorgegangen. Die Behörden erteilten ihm allerdings eine Absage, sodass er offenbar die geringe Erfolgsaussicht seines Vorhabens erkannte und darauf verzichtete, weitere Instanzen anzurufen.

Es handelte sich offenkundig um ein lukratives Geschäft: Das Tierschutzbüro hatte aus dem Umfeld des Betreibers erfahren, dass dieser pro Jahr zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro Umsatz mit dem Schlachthof gemacht haben soll. Peifer: „Wenn das stimmt, dann ist das sehr beachtlich und aus meiner Sicht nur damit zu erklären, dass er kranke und verletzte Tiere preiswert aufgekauft, dann im eigenen Schlachthof geschlachtet und das Fleisch teuer verkauft hat.“

Neben dem belastenden Videomaterial, auf dem unter anderem zu sehen ist, wie Schafe regelrecht an Beinen und Schwänzen in den Schlachtraum gezogen und Rinder mit Mistgabeln misshandelt wurden sowie, dass die Angestellten im Schlachtraum urinierten, wurden weitere Beweise sichergestellt. So weist die Auswertung der Elektrozange, die zum Betäuben von Schafen eingesetzt wird, nach Angaben von Peifer eine Diskrepanz zwischen der Anzahl der Tiere, die dem Veterinäramt gemeldet worden sind, und der Anzahl der Betäubungen auf.

Betäubungsloses Schlachten ist in Deutschland verboten

Zudem sind andere Tiere mangelhaft betäubt worden, sodass sie noch lebten, als ihnen die Kehle durchgeschnitten wurde. Auch dies bestreitet der einzige ehemalige Mitarbeiter in seiner Vernehmung. Es sei stets kontrolliert worden, ob ein Tier tatsächlich nicht mehr lebe. Auf den Videos ist davon nichts zu sehen.

Das betäubungslose Schlachten von Tieren in Deutschland grundsätzlich verboten und nur mit einer Ausnahmegenehmigung zulässig. Eine solche lag dem Schlachthof in Hürth jedoch nicht vor.

„Ich bin sehr gespannt, welches Strafmaß die Staatsanwaltschaft fordert. Ich hoffe ein hohes, denn Tierquälerei muss hart bestraft werden“, so Peifer. Er rät allen Menschen, die solch eine Tierquälerei nicht unterstützen möchten, eine rein pflanzliche Lebensweise. „Völlig gleich, ob betäubt oder nicht, Tiere leiden immer im Schlachthof und kein Tier geht freiwillig dorthin.“