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Weitere AnzeigeHürther Skandal-Schlachthof könnte mit kranken Tieren Millionen verdient haben

Lesezeit 3 Minuten
Geschlachtete Tiere liegen im Hürther Schlachthof auf dem Boden. Ein Mitarbeiter zieht ein Schaf ins Gebäude.

Geschlachtete Tiere liegen im Hürther Schlachthof auf dem Boden.

Gegen den Betreiber des Hürther Skandal-Schlachthofs ist eine weitere Anzeige erstattet worden. Tierschützer erheben schwere Vorwürfe.

Im Skandal um einen Schlachthof in Hürth sind neue Verdachtsmomente aufgetaucht. Tiere sollen dort ohne die sogenannte Lebendbeschau geschlachtet worden sein. Das Deutsche Tierschutzbüro hat daher eine weitere Anzeige wegen Schwarzschlachtens gegen den ehemaligen Betreiber des Betriebs erstattet. Die Staatsanwaltschaft Köln hat Ermittlungen aufgenommen.

Vor knapp drei Monaten hatte das Veterinäramt des Rhein-Erft-Kreises den Schlachthof wegen des begründeten Verdachts des illegalen Schächtens (betäubungsloses Schlachten) von Schafen und Ziegen sowie der Tierquälerei geschlossen. Ausschlaggebend war Videomaterial, das den Tierschützern in Sankt Augustin zugespielt worden war.

Hürth: Möglicherweise wurden kranke Tiere geschlachtet und für viel Geld verkauft

Die weitere Sichtung des umfangreichen Materials hat nach Angaben von Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Tierschutzbüros, zusätzliche Hinweise auf kriminelle Handlungen ergeben: „Auf dem Videomaterial sind mehrere Anlieferungen von Schafen und Rindern zu sehen, die ohne Begutachtung geschlachtet worden sind. In einigen Fällen ist dabei auch der Betreiber des Schlachthofes zu sehen.“ Der Belgier hatte über einen Anwalt mitteilen lassen, dass er vom illegalen Schächten nichts gewusst habe.

Möglicherweise handelt es sich bei diesen Tieren um kranke Tiere. Das Deutsche Tierschutzbüro mit Sitz in Sankt Augustin hatte aus dem Umfeld des Betreibers erfahren, dass dieser pro Jahr zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro mit dem Schlachthof gemacht haben soll. Peifer: „Wenn das stimmt, dann ist das sehr beachtlich und aus meiner Sicht nur damit zu erklären, dass er kranke und verletzte Tiere preiswert aufgekauft, dann im eigenen Schlachthof geschlachtet und das Fleisch teuer verkauft hat.“ Eine Anfrage dieser Redaktion dazu ließ der Anwalt des früheren Schlachthof-Betreibers unbeantwortet.

Das sagt der Rhein-Erft-Kreis zu den neuen Vorwürfen

Der Gesetzgeber sieht vor, dass jedes Tier vor der Schlachtung von einem Veterinär oder amtlichen Tierarzt begutachtet wird. Dieser muss die Schlachtfähigkeit bescheinigen. Kranke oder verletzte Tiere dürfen nicht geschlachtet werden und in den Verkauf gelangen. Die Tierrechtsorganisation hat eigenen Angaben zufolge das Veterinäramt in Bergheim informiert; dort teile man die Einschätzung der Schwarzschlachtung des Deutschen Tierschutzbüros. „Wir hoffen, dass der Betreiber bestraft wird“, so Peifer.

Ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises bestätigt die neuen Verdachtsmomente: Bereits im Januar 2023 habe das Kreisveterinäramt gegen den Schlachthofbetreiber wegen des Verdachtes auf Schwarzschlachtung Strafanzeige erstattet, da ein Abgleich der hier bekannten Tierzahlen mit den von der Überwachung im Fleischbeschautagebuch erfassten Zahlen diesen Verdacht nahegelegt habe. „Unserer Überprüfungen haben ergeben, dass offenbar zahlreiche Schafe ohne Schlachttier- und Fleischuntersuchung geschlachtet worden sind“, sagt Thomas Schweinsburg.

Veterinäramt hat die lebenden Tiere an jedem Arbeitstag begutachtet

Über diese Ermittlungsergebnisse sei auch die zuständige Landesbehörde informiert worden. Zu Jahresbeginn hatte die Kreisverwaltung lediglich von einer Anzeige wegen des Verdachts der Tierquälerei und des illegalen Schächtens gesprochen.

Eine Lebendbeschau müsse ausnahmslos bei allen Schlachttieren sowohl am lebenden Tier vor der Schlachtung als auch am Tierkörper und den Organen nach der Schlachtung von einem amtlichen Tierarzt durchgeführt werden. Das Fleisch werde zum Nachweis der Untersuchung mit dem sogenannten Genusstauglichkeitskennzeichen abgestempelt und dürfe nur mit diesem Stempel verkauft werden.

Der amtliche Tierarzt dokumentiere jede einzelne Untersuchung mit Uhrzeit im Fleischbeschautagebuch. Dadurch werde für jedes einzelne Tier die Uhrzeit der Lebenduntersuchung und die Uhrzeit der Fleischuntersuchung dokumentiert.

Die Untersuchungen der lebenden Schlachttiere sind laut Schweinsburg im Betrieb in Hürth an jedem Arbeitstag erfolgt. Eine Besonderheit dieses Betriebes sei gewesen, dass dort immer Schafe und Rinder für die Kunden im Stall gestanden hätten. Der amtliche Tierarzt habe diese Tiere somit an jedem Tag in Augenschein genommen. Er sei bis zu sechsmal wöchentlich, teilweise auch zweimal täglich für die erforderlichen Untersuchungen im Betrieb gewesen.