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SchimmelgefahrSchulstart an Kerpener Gesamtschule nach massivem Wasserschaden fraglich

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem Foto ist die Willy-Brandt-Gesamtschule in Kerpen von außen zu sehen.

Die Willy-Brandt-Gesamtschule in Kerpen.

In mehrere Räume der Willy-Brandt-Gesamtschule ist nach Dacharbeiten Wasser eingedrungen. Von den Linken gibt es scharfe Kritik an der Stadt.

Der Start ins neue Schuljahr steht für die rund 1300 Schüler der Willy-Brandt-Gesamtschule in Kerpen-Sindorf in den Sternen – zumindest wenn man der Schulleitung folgt. Bei Dacharbeiten ist in den Sommerferien Wasser in das Schulgebäude eingedrungen. In den Räumen für die naturwissenschaftlichen Fächer haben Eltern sogar Schimmel entdeckt. Die stellvertretende Schulleiterin Kristiane Benedix fürchtet nun, dass zum Schuljahresbeginn nur Distanzunterricht möglich ist. Die Verwaltung bestreitet das.

Der Wasserschaden betrifft die Musikräume und die Räume, in denen die naturwissenschaftlichen Fächer unterrichtet werden. Kristiane Benedix, die die Gesamtschule kommissarisch leitet, plant vor diesem Hintergrund bereits den Start des Schuljahres als Distanzunterricht – so wie während der Corona-Pandemie.

Willy-Brandt-Gesamtschule Kerpen: Dacharbeiten sorgten für Wassereinbruch

Grund für den Wassereinbruch sind laut dem Technischen Beigeordneten Thomas Marner Dacharbeiten an der undichten Dachpappe. Diese seien länger geplant und nötig gewesen. „Mehrmals hat es während der Arbeiten stark geregnet. Am 15. Juli und drei Tage lang ab dem 25. Juli“, erläutert Marner. „Das Problem ist: Wenn Dachpappe undicht wird, saugt sich die darunterliegende Dämmung mit Wasser voll.“ Öffne ein Dachdecker dann die Dämmung, laufe das Wasser aus.

Schreibtische mit Unterlagen und Büchern waren klatschnass, viele Schränke wurden in Mitleidenschaft gezogen.
Jürgen Greggersen

Als einzige Ratsfraktion kritisiert bisher die Linke die Verwaltung öffentlich. Dem Betrachter habe sich ein verheerendes Bild geboten, sagt Ratsmitglied Jürgen Greggersen über den Wasserschaden. Die Wände hätten vor Nässe getrieft, der Boden in Räumen und Gängen sei teilweise von einer mehrere Zentimeter hohen Wasserschicht bedeckt gewesen.

Kerpen: Beigeordneter streitet Vorwürfe der Linken ab

Die Feuerwehr hätte das Wasser abpumpen müssen. „Schreibtische mit Unterlagen und Büchern waren klatschnass, viele Schränke wurden in Mitleidenschaft gezogen“, sagt Greggersen. „Wie sich die Nässe und Feuchtigkeit auf die empfindlichen elektronischen Gerätschaften in den Physikklassen und naturwissenschaftlichen Räumen ausgewirkt hat, ist kaum abzuschätzen.“

Greggersen wirft der Stadtverwaltung vor, sie habe angesichts der prekären Situation zu zögerlich reagiert — selbst nach mehreren Anläufen seitens der Schule. Marner will das nicht gelten lassen: Die Stadt habe sofort reagiert, nachdem die Eltern den Wasserschaden bemerkt hätten. „Meine Anweisung lautete unmittelbar danach: Alle Bauteile mit Schimmel müssen entfernt werden. Die Gesundheit der Schüler geht vor.“

Viele andere Optionen hatte die Stadt nach Angaben des Technischen Beigeordneten nicht. Die Wände der Schulräume bestehen aus Rigips. Das Material bietet Schimmelpilzen optimale Lebensbedingungen. Deshalb habe er Sonntagsarbeit angeordnet, um den Schaden möglichst schnell zu beheben, sagt Marner.

Keine Klassenräume der Willy-Brandt-Gesamtschule betroffen

Die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD und BBK sind seit fast zwei Wochen über den Wasserschaden in der Schule informiert. Das bestätigt auch der Schulausschussvorsitzende und stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Torsten Bielan.

Die Stadt nimmt er in Schutz: „Normalerweise bin ich kein Verteidiger der Verwaltung. Aber hier hat sie keinen Mist gebaut.“ Sie habe schnell reagiert und der Unterricht könne kommende Woche wie gewohnt stattfinden. „Es sind nur Fachräume und keine Klassenräume betroffen. Im schlimmsten Fall findet der Chemieunterricht eine Weile im Klassenraum statt.“

Im schlimmsten Fall findet der Chemieunterricht eine Weile im Klassenraum statt.
Torsten Bielan, Schulausschussvorsitzender

Auch der stellvertretende Schulpflegschaftsvorsitzende Martin Sagel hält Distanzunterricht für unnötig. „Es sind nur vier Räume betroffen. Der Schaden ist nicht dramatisch“, sagt er. Sagel war es, der die Verwaltung über den Wasserschaden informierte.

Stadt Kerpen lässt Schimmelsporen in der Luft messen

Politiker aus Sindorf selbst wussten bis Mittwoch nichts von dem Schaden, so auch der SPD-Ortsvorsitzende Branko Appelmann. „Wenn der Schaden wirklich schon am 15. Juli passiert ist und es Eltern erst eine Woche später aufgefallen ist, dann ist das sehr bedauerlich“, sagt Appelmann. „Wenn sich niemand gemeldet hätte, wann wäre es aufgefallen?“ Der SPD-Ortsverband Sindorf beriet sich noch am Mittwochabend über das Thema.

Gestern ließ die Stadt messen, wie hoch der Gehalt an Schimmelsporen in der Luft des Schulgebäudes ist. Marner ist zuversichtlich. „Da wir alle befallenen Bauteile entfernt haben, gibt es zumindest keine Sporenquelle mehr“, sagt er. Einen „technischen Grund“ für Distanzunterricht sehe er also nicht.

Die Ergebnisse des Schimmelgutachtens sollen am Freitag, drei Tage vor Beginn des Schulunterrichts, vorliegen. Das hat die Stadt Kerpen zugesichert. Das bestätigt auch ein Schreiben der stellvertretenden Schulleiterin Benedix von Dienstag an die Eltern. Das Schreiben liegt der Redaktion vor.

Da wir alle befallenen Bauteile entfernt haben, gibt es zumindest keine Sporenquelle mehr.
Thomas Marner

Am Mittwochabend teile Marner noch mit, dass die Verwaltung sich mit Elternvertretern alle betroffenen Räume ein weiteres mal angeschaut habe. In 80 Prozent der Räume seien die Decken entfernt worden, sagt Marner. „Wir haben also auf nackten Beton geblickt. Und zumindest ich habe keine Schimmelreste erkennen können.“ Nun warte er auf das Ergebnis der Messung.


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