Zahlreiche Menschen besuchten jüngst eine Bürgerinformationsveranstaltung der Stadt zur Grundsteuer.
Grundsteuer BStadtverwaltung stellte sich der Kritik der Kerpener Bürger
![Das Foto zeigt den Kämmerer der Stadt Kerpen, Thomas Schaaf, am Mikrofon.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/06/50f2622a-d1b1-4dd7-b0dd-d64b4e910474.jpeg?q=75&q=70&rect=0,437,4000,2250&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=93a647e18beb72ef1109bea8fc0549e2)
Kämmerer Thomas Schaaf erläuterte die schlechte Haushaltslage der Stadt und betonte, dass die geplanten Steuerhöhungen doch nicht so drastisch ausfallen könnten.
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Bis auf den letzten Platz war die Jahnhalle gefüllt, wo die Stadt Kerpen zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Grundsteuer und zum Haushaltsentwurf für die Jahre 2025/26 eingeladen hatten. Den rund 450 Besuchern wurde dabei von Vertretern der Verwaltung versprochen, dass die im Haushaltsentwurf vorgeschlagenen drastischen Erhöhungen der Hebesätze für die Grundsteuer so nicht kommen werden. Es handele sich bei dem Haushaltsentwurf nämlich nur um ein „Rechenwerk“, an dem der Stadtrat noch Änderungen vornehmen könne, erläuterte dies Stadtkämmerer Thomas Schaaf. „Ich gehen nicht davon aus, dass das, was da geschrieben steht, auch umgesetzt wird.“
Kerpen: Emotionen der Besucher kochten hoch
Bürgermeister Dieter Spürck, der den Haushaltsentwurf im Dezember 2024 eingebracht hatte, fehlte auf der Veranstaltung wegen einer Erkrankung. So begrüßten der Erste Beigeordnete Thomas Marner und Finanzdezernent Cem Yilmaz die Besucher der Veranstaltung, von denen viele hoch emotionalisiert waren. Denn gerade erst hatte die Stadt rund 26.000 Grundsteuerbescheide an die einzelnen Haushalte verschickt.
Zwei Drittel davon sollen nun schon in diesem Jahr höhere Steuern für ihre Häuser und Grundstücke zahlen müssen. Dazu drohen in den nächsten Jahren noch weit drastischere Erhöhungen, würde der Haushaltsentwurf Wirklichkeit werden: So könnte der Hebesatz, der schon für 2025 von 739 auf 832 Prozent angehoben wurde, 2026 auf 1200 Prozent und bis 2029 auf 2100 Prozent steigen, falls der Stadtrat keine Wege findet, dies noch zu verhindern. Zahlreiche Bürger hatten dagegen schon im öffentlichen Raum und in Onlineforen protestiert. Rund 4000 Bürger sollen gegen den Haushaltsentwurf Einspruch erhoben haben.
Verwaltungsvertreter erklärten sich auf der Veranstaltung
Die Verwaltungsvertreter erläuterten in der Versammlung erst einmal die dieses Jahr schon umgesetzte Hebesatz-Erhöhung von 739 auf 832 Prozent: Diese sei eine Folge der schon 2023 umgesetzten Grundsteuerreform, in deren Zuge deutschlandweit alle Grundstücke vom Finanzamt neu bewertet wurden. Mit rund 19 Millionen Euro nehme die Stadt Kerpen trotz der Hebesatz-Erhöhung nicht mehr Geld ein als dies etwa auch schon 2024 der Fall war. Dem Bürger werde hier also nicht von der Stadt „in die Tasche gegriffen“.
Wer mit der neuen Grundstücksbewertung durch das Finanzamt nicht einverstanden sei, müsse sich an das Finanzamt wenden und einen Antrag auf eine „berichtigende Wertfortschreibung“ stellen. Die Finanzbehörden hätten zugesagt, Härtefälle vorrangig neu zu prüfen.
Noch nicht von der Stadt beschlossen ist die angedachte Hebesatz-Erhöhung für 2026 von 832 auf 1200 Prozent. Hierüber soll in einer Ratssitzung im April entschieden werden, in der nun erst der Haushalt 2025/26 beschlossen werden soll. Die Zeit bis dahin wollen die Stadt und die Fraktionen nutzen, um am Haushaltsentwurf noch Änderungen vorzunehmen.
Verschiedene Ansätze, um die Steuern noch zu senken
Denkbar ist etwa eine gesplittete Grundsteuer, die zwischen Gewerbe- und Wohngrundstücken unterscheidet, was die Steuer für Wohngrundstücken etwa 13 Prozent niedriger machen soll. Denkbar sind aber auch Einnahmeerhöhungen, etwa durch die Einführung einer Verpackungssteuer in Kerpen, oder Umschichtungen im Haushalt. So könnten etwa im Haushaltsentwurf eingeplante Investitionen verschoben und wieder aus dem Entwurf herausgerechnet werden.
![Das Foto zeigt eine mit Besuchern gefüllte Halle.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/06/76d62d05-9c15-4f7a-b407-0575e2206408.jpeg?q=75&q=70&rect=0,750,4000,2250&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=a5a49824e77d433c5883f6a678df875c)
Bis auf den letzten Platz gefüllt war die Jahnhalle bei der Infoveranstaltung der Stadt zur Grundsteuererhöhung. 450 Besucher kamen und konnten auch Fragen stellen.
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Für die Jahre 2027 und 2028 muss ein neuer Haushalt vorgelegt werden. Dafür sei dann eine Neubewertung der finanziellen Situation der Stadt nötig. „Ich hoffe, dass die Situation in zwei Jahren besser ist als heute“, meinte Schaaf. Im Moment sehe es aber „schlecht“ aus. Den aufgrund der schlechten Wirtschaftskonjunktur sind in Kerpen die Gewerbesteuereinnahmen um rund 40 Millionen Euro zurückgegangen. Bessere sich das in den nächsten Jahren nicht wieder, könnte die Stadt gezwungen sein, die Grundsteuern weiter zu erhöhen. Doch es gebe auch eine Alternative dazu, so Schaaf: „Wenn wir es schaffen, 20 Millionen einzusparen, braucht es keine Grundsteuererhöhung.“
Hier sehen die Bürger die Stadt mehr in der Pflicht: Warum an der Gesamtschule die Heizung Tag und Nacht durchbrenne und die Raumtemperatur über Fensteröffnungen reguliert werden, fragte ein Bürger. Dies sei Verschwendung. Eine andere Besucherin beklagte sich darüber, die Stadt habe seit Jahrzehnten ihre Gebäude vernachlässigt und müsse sich nun nicht über einen Sanierungsstau wundern. Insbesondere der geplante Neubau des Gymnasiums, der rund 230 Millionen Euro kosten soll , ist vielen ein Dorn im Auge.
Erneute Kritik am geplanten Neubau des Europagymnasiums
Die Verwaltung sieht sich hier zu Unrecht an den Pranger gestellt: „Auch wenn da landläufig die Meinung ist, die Stadt werfe das Geld zu Fenster hinaus, stimmt das nicht“, betonte Schaaf. So baue man keine „Lustschlösser“ , sondern wolle vor allem in die Schulinfrastruktur oder in eine neue Feuer- und Rettungswache investierten.
Ein neues Gymnasium könne sich die Stadt eigentlich nicht leisten, doch habe man hier die Wahl zwischen „Pest und Cholera“. Eine Sanierung des alten Gebäudes soll nach Einschätzung von Fachleuten rund 12 Prozent teurer sein als ein Neubau, berichtete Marner. Er stellte aber in Aussicht, dass die Verwaltung überlege, ob man einzelne Schulbauten nicht weiter in die Zukunft verschieben könne.
Nicht alle Anwesenden waren damit zufrieden: „Lernen Sie mal zu sparen. Ich muss das zu Hause auch“, rief ein Zuhörer in den Saal. Und ein Familienvater aus Neubottenbroich berichtete, wie gerade seine junge Familie von Grundsteuererhöhungen belastet würde. Dieses Jahr könne dies vielleicht von vielen „noch gestemmt“ werden. Wenn dies aber in den Folgejahren so weiter gehe, möchte er nicht wissen, wie sich das dann auf das Wahlverhalten der Bürger auswirke.
Wegen des großen Interesses will die Stadt am Donnerstag, 13. Februar, 18 Uhr, wieder in der Jahnhalle zum Thema Grundsteuer und Haushalt eine weitere Informationsveranstaltung für die Bürgerschaft durchführen.