Gerhard Kern aus Kerpen-Buir ist Musikgerätemechaniker. Mithilfe von Kieselsteinen und einem Reifen macht er Töne.
„Unser Wasser“Wie ein Kerpener dem Klang des Wassers auf der Spur ist
An Musik, die lautmalerisch das Wesen des Wassers darstellt, kennen wir ja einiges. Händels Wassermusik schildert eine Bootsfahrt Königs Georg I. auf der Themse. Töne für das ruhige Meer fand Georg Philipp Telemann in seiner Wassermusik mit dem Beinamen „Hamburger Ebb' und Flut“. Smetana setzte Noten für die strömende Moldau.
Wenn es um den eigentlichen Klang des Wassers geht, stößt man im World Wide Web auf Ereignisse der jüngeren Geschichte. Da planschen die Musiker der Band „Einstürzende Neubauten“ und der Künstlergruppe „Die tödliche Doris“ im Berliner Klub Risiko im Wasser zweier Wannen und warfen Fische ins Publikum. Die Performance im Jahr 1982 nannten sie „Wie man aus einer gelben Wanne eine Platte macht“ – Kurztitel „Wassermusik“.
Bei den Römern war die Wasserorgel weit verbreitet
Kann man mit Wasser wirklich Musik machen und wie würde ein entsprechendes Instrument aussehen? Einer, der es wissen muss, ist der Musikgerätemechaniker Gerhard Kern. Er denkt schon eine Weile über die klanglichen Qualitäten des Wassers nach. Es sei ja eigentlich ziemlich „still“. Anders als Luft, die er als Antrieb eines Windglockenspiels nutzt, das von einem Ast eines Baumes in Kerns Garten baumelt.
„Man muss das Wasser schon in Bewegung versetzen“, sagt er. So wie bei einem Konzert mit neuer Musik, das er vor einigen Jahren gehört habe. Die Musiker und Komponisten hätten drei Aquarien mit Wasser gefüllt – zum Bespiel mit den Handflächen und befüllten Gläsern. Und da gebe es noch die Wasserorgel. Die sei seit dem dritten Jahrhundert vor Christus im Römischen Reich verbreitet gewesen. In Haushalten begüterter Römer aber auch bei Gladiatorenkämpfen und in Theatern habe sie für eine gewisse Klangkulisse gesorgt.
Ein Klang, der an einen Gebirgsbach erinnert
Wasser habe dabei in einem geschlossenen Gefäß mit Hilfe eines ausgeklügelten Systems von unten geöffneten Behältnissen für einen gleichbleibenden Luftdruck auf Labialpfeifen gesorgt. Das Auf und Ab des Blasebalges, der für Luftzufuhr sorgte, sei durch das Wasser ausgeglichen worden. Als „hydraulis“ sei die Orgel bezeichnet worden, weiß Gerhard Kern, die Ähnlichkeit zu unserem heutigen Wort Hydraulik liege auf der Hand.
Dann schiebt er doch noch ein selbst gebautes Instrument aus einem Winkel seines Instrumentenzimmers in die Mitte des Raumes. Es sieht aus wie ein kleines Mühlrad, aufgehängt zwischen Aluminiumstreben. Es besteht aus einem aufgeschnitten Motorradreifen, den er zwischen zwei selbst geschreinerten Felgen aus Holz verschraubt hat. Per Fernbedienung setzt Kern mit Hilfe eines Elektromotors und der Kraftübersetzung mittels eines Lederriemens das Rad in Bewegung. Im Inneren des Gummimantels rollen, rutschen, klackern und schaben flache Kiesel in zufälligem Wechsel an- und gegeneinander. Nach einer Minute ist automatisch Schluss, eine Zeitschaltuhr hat den Stromkreis unterbrochen.
„Es ist ein Klang, der an einen wild strömenden Gebirgsbach erinnert, der in seinem Bett Kieselsteine mit sich führt. Wahlweise könnte man auch an einen Betonmischer denken“, beschreibt Gerhard Kern ein wenig schmunzelnd das Hörerlebnis.
Eines räumt der Tüftler freilich ein, das Musikinstrument komme ohne die eigentliche Zutat aus, nämlich Wasser. Dazu müsse er wohl die vielen Verschraubungen abdichten.