Teil einer Beethoven-AusstellungKerpener Tüftler erfindet elektronische Instrumente
Kerpen-Buir – Ein Spinett spielt wie von Geisterhand Beethoven, ebenso raffiniert programmierte weitere Instrumente im Uhrkasten und ein Xylophon in einer Kommode. Gerhard Kern hat die Musikmaschinen gebaut und damit zu einer interessanten Ausstellung im Bonner Frauenmuseum beigetragen.
Die Ausstellung „Beethoven und die Frauen“, die ein Jahr lang zu sehen war, stellte in Kunst und Komposition Facetten aus Beethovens Privatleben dar. Eine der Frauen war Eleonore von Breuning. Im Kerpener Haus der Familie von Breuning verbrachte Beethoven häufig seine Freizeit. Das nehmen Dirigent Christoph Spering und Kaufmann Martin Sagel jetzt zum Anlass, den Kulturverein „Beethoven in Kerpen“ zu gründen.
Brücke zwischen Kerpen und Beethoven
Kern hat eine andere Brücke von Kerpen zum Musiktitanen geschlagen. Mit der Urururenkelin der Eleonore von Breuning, der Kölner Künstlerin Julja Schneider, die Bilder beisteuerte, hat er zu der Beethoven-Ausstellung beigetragen.
Beethovens Freundin
Eleonore von Breuning war Ludwig van Beethovens Jugendfreundin. Zwischen 1784 und 1792 verbrachte er oft seine Ferien im Haus der von Breunings an der Kerpener Hahnen-/Kölner Straße. 1793, da war Beethoven schon seit einem Jahr in Wien beheimatet und Eleonore von Breuning nach Bonn übergesiedelt, schrieb der Komponist an seine Freundin und frühere Klavierschülerin. Der Brief ist im Bonner Beethoven-Haus in der Sammlung Wegeler archiviert. Beethoven erkundigt sich nach gemeinsamen Freunden und bittet Eleonore um „eine von HaasenHaaren gestrickte Weste", da eine andere, die er von ihr erhalten hatte, aus der Mode gekommen sei. Beigefügt war ein mit Widmung versehenes Exemplar der Variationen WoO 40, womit Beethoven seine Verehrung und tiefe Freundschaft zum Ausdruck bringen wollte.
Später gab er, wohl mit Bezug auf Eleonore, seiner einzigen Oper den Titel „Leonore“. Erst nach einer Umarbeitung – die Oper war 1805 bei der Premiere in Wien durchgefallen – benannte er sie in „Fidelio“ um. Die ursprüngliche Eröffnungsmusik ist unter dem Namen Leonoren-Ouvertüre erhalten geblieben. (ftz)
Eine entkernte Standuhr, bei einer Wohnungsauflösung erstanden, dient als Urzelle. Darin befindet sich ein Carillon (Glockenspiel), eine Physharmonica (elektronisch und mit Gebläse gesteuertes Akkordeon) und sechs dicke Saiten, die über feine Magnetamplituden in sonore Schwingungen versetzt und dadurch zum Klingen gebracht werden. Angeschlossen sind zudem das separate Spinett und das Xylophon.
„Für Elise" in verkürzter Version
Für die aparte Besetzung hat Kern Beethoven-Werke wie Waldstein-Sonate, Pathetique, „Für Elise“ und natürlich die Leonoren-Ouvertüre in verkürzten Versionen eingerichtet. Über seinen Laptop kann er die Wiedergabe starten, wahlweise auch über die eingebaute Uhr. Heute steht der dreiteilige Musikapparat in seinem Wohnzimmer und verkündet, was die Stunde geschlagen hat.
Kern (76) ist gelernter Feinmechaniker, wurde später Sozialarbeiter und hat bis vor zehn Jahren den Nachwuchs seines Metiers ausgebildet. Schon seit der Jugend beschäftigt sich der gebürtige Schwarzwälder mit Musikmaschinen, ging in der Waldkircher Manufaktur für mechanische Orgeln ein und aus. Bald wird auch dort – heute ein Museum – eine Ausstellung von ihm zu sehen sein. Vor mehr als sieben Jahren fing Kern mit den Signalen, die Autos beim Durchfahren von Lichtschranken erzeugten und die er in Musik umsetzte, die letzten Stunden der alten Autobahn 4 ein.
Kerpener arbeitet mit Orgelbauer Klais zusammen
Das Tüfteln mit Elektronik und Musikinstrumenten wurde seine Passion. „Wenn man damit einmal anfängt, hört man nicht wieder auf.“ Täglich bis zu sechs Stunden bastelt er, dazu kommen technische Zeichnungen und Berechnungen am Computer. „Ich sammele Klänge“, beschreibt Kern sein Hobby.
In seiner bestens ausgestatteten Heimwerkstatt arbeitet er zurzeit in enger Zusammenarbeit mit dem Bonner Orgelbauer Klais an einem Schlagwerk und einem tieftönigen Carillon für eine Hamburger Kirchenorgel. Seine Erfindung ist, den Anschlagweg zwischen Hämmern und Röhren dynamisch zu konstruieren und zwar so, dass das Ganze vom Orgelspieltisch aus betätigt werden kann. „Dadurch lässt sich die Lautstärke stufenlos verändern“, sagt er.
Das könnte Sie auch interessieren:
Auf einer seiner vielen Werkbänke stehen Gehäuse und Innenleben eines 27-tönigen Carillons für eine Kirchenorgel im Emsland. In Kürze sollen die Messingröhren geliefert werden, dann ist auch dieses Projekt fertig zum Einbau.
„Mir gehen die Ideen nicht aus“, sagt der Tüftler und holt eine indische Shruti-Box, ein Borduninstrument ähnlich einem tastenlosen Akkordeon, aus dem Regal, auf dem auch rotierende Heulschläuche, ein Psalter und vieles mehr von der Erfindungsgabe zeugen. Auch ein Schlagwerk-Ensemble für die im Umbau befindliche Orgel der Kölner Kunststation St. Peter, wo dank Organist Dominik Sustek viele der Musikmaschinen erstmals erklangen, ist in Arbeit.