Leben im alten GemäuerDas Rittergut Orr ist auferstanden aus Ruinen
- Mehr als 50 Burgen, Schlösser und Herrensitze gibt es im Rhein-Erft-Kreis. Dazu gehört auch das Rittergut Orr, das einst eine einzige Ruine war.
- Dann entschied Betriebswirt Rüdiger Schmidt-Holzmann, das alte Gebäude zu retten.
- Er investierte viel Geld und Zeit und investierte unter anderem in eine neue Dachkonstruktion.
- Doch er ist noch nicht fertig. Denn für die Zukunft hat er noch einiges geplant.
Pulheim-Orr – Es ist einiges los in Haus Orr. Frauen und Männer eilen von Raum zu Raum. Andere tragen technische Geräte in das Gebäude. „Hier sind Dreharbeiten“, sagt Rüdiger Schmidt-Holzmann, der Eigentümer des Ritterguts Orr bei einem Rundgang.
Noch vor Jahren war solch emsiges Treiben in dem denkmalgeschützten Gemäuer undenkbar. Das Dach, aber auch Fenster und Türen fehlten, die Mauern bröckelten. „Bäume wuchsen vom Erdgeschoss in die oberen Etagen“, berichtet Rüdiger Schmidt-Holzmann. Er zeigt eine Foto-Collage im einstigen Foyer, die dokumentiert, in welch ruinösem Zustand sich das verwaiste Herrenhaus vor nicht allzu langer Zeit befand.
Renovierung schreckt Schmidt-Holzmann nicht ab
Um die Ruine vor dem Verfall zu retten, kaufte der Betriebswirt 2010 das neogotische Gebäude mitsamt dem angrenzenden, rund acht Hektar großen Landschaftspark. „Mir war bewusst, dass es von Grund auf renoviert werden muss.“ Doch das schreckte den Unternehmer nicht. „Ich habe Spaß daran, so etwas hinzukriegen.“ Die nötige Erfahrung brachte der 66-Jährige mit, dem auch das Walzwerk an der Rommerskirchener Straße gehört.
Die Historie
Der Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner errichtete Haus Orr 1838 für einen Kölner Bankier. Zwirner war ein Schüler des preußischen Architekten Karl Friedrich Schinkel und Wiederbegründer der Dombauhütte. Der Landschaftspark entstand vermutlich zwischen 1850 und 1890. 1878 erwarb der Elberfelder Werner Pagenstecher das Rittergut Orr von den Erben. Nach dem Krieg war das Herrenhaus noch bewohnt, wurde dann aber aufgegeben und verfiel. An der Renovierung hat sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit 180 000 Euro beteiligt, die Kölner Bezirksregierung steuerte 25 000 Euro bei. (mma)
Seit 1992 hat der Geschäftsführer der Firma Uebemann mehr als fünf Dutzend Mieter aus Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistung, Kultur sowie eine private Fachhochschule in die sanierten ehemaligen Industriehallen des Walzwerks geholt.
„Ich kannte dadurch Handwerker, die die notwendige Erfahrung hatten, ein denkmalgeschütztes Gebäude zu renovieren, und die sehr verantwortungsbewusst arbeiten.“ Ein befreundeter Architekt habe die Pläne für ein neues Dach ausgearbeitet. Mit Hilfe alter Fotos, in Abstimmung mit der Denkmalpflege. „Das war eine große Herausforderung.“
Eine 86 Tonnen schwere Dachkonstruktion
Im ersten Stock zeigt sich das Ausmaß der 86 Tonnen schweren Dachkonstruktion. Gehalten wird es von einer zusätzlich eingezogenen Stahlbetondecke, die nach Auskunft des Hausherren 125 Tonnen wiegt. Um so nah wie möglich an den ursprünglichen Zustand heranzukommen, hatte sich Rüdiger Schmidt-Holzmann für Eichen- statt Kiefernholz entschieden. Das Walmdach ist mit Schiefer eingedeckt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Den Vorgaben der Denkmalschützer entsprechen auch die Fenster im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss. „Sie sind alle neu.“ Das gilt auch für die mit Ornamenten verzierten Türen. Es handle sich um Nachbildungen aus Eiche. „Ich habe sie anfertigen lassen. Die alten waren aus Kiefernholz, sie waren verfault“, sagt Schmidt-Holzmann.
Der Boden im Obergeschoss ist mit Eichenparkett ausgelegt. Vor den zwei offenen Kaminen hat Schmidt-Holzmann Fliesen verlegen lassen, sie stammen aus dem Gebäude. Klinker, die ins Parkett eingelassen sind, deuten an, dass der hintere Raum in früherer Zeit aus drei kleineren Zimmern bestanden haben muss.
Fünf offene Feuerstellen fürs Ambiente
Optisch aus dem Rahmen fällt der zweite Fluchtweg, den Rüdiger Schmidt-Holzmann aus Gründen des Brandschutzes einbauen lassen musste.
Der Weg ins Erdgeschoss führt über eine neu eingebaute Treppe mit Eichendielen. In dem einstigen Empfangsraum, im Esszimmer, im Salon und im Herrenzimmer hat Rüdiger Schmidt-Holzmann eine Fußbodenheizung einbauen lassen. Auf der darüber befindlichen Estrichschicht hat er Eichenparkett beziehungsweise Fliesen verlegen lassen.
„Schön fürs Ambiente“, aber nicht ganz originalgetreu sind die fünf offenen Feuerstellen. „Die gab es nicht, das war damals nicht modern“, so Rüdiger Schmidt-Holzmann. Die Denkmalbehörde habe die Feuerstellen und die Kamine aber genehmigt. Für damalige Verhältnisse modern war die „Warmluftheizung auf Koksbasis“. Das Kernstück – ein restaurierter Ofen aus dem Jahr 1895 – steht nun an zentraler Stelle: in der Eingangshalle, am Fuß der neu eingebauten Treppe.
Komplett erneuert ist die Elektrik. Unverändert sind die Wände, an denen stellenweise noch Putz- und Fliesenreste zu sehen sind. Die Fensterläden fehlen noch.
Die Feldscheune brannte vor 117 Jahren ab
Wieder aufbauen möchte Rüdiger Schmidt-Holzmann die alte Feldscheune. „Sie ist 1902 abgebrannt“, wie sie ausgesehen habe, belegten Fotos, aus Plänen lasse sich der Standort ablesen, sagt er bei einem Abstecher zu dem ehemaligen Standort der Scheune nahe dem Gärtnerhaus. Im Gestrüpp sind noch einige der Pfosten zu erkennen, auf denen das Gebäude gestanden hat. In der zehn Meter breiten und 43 Meter langen Scheune möchte Rüdiger Schmidt-Holzmann eine Biomasseheizung unterbringen. Die Genehmigung liege vor, erklärt der Eigentümer.
Das Haus zu renovieren sei sehr viel Arbeit gewesen. „Aber man sieht das Ergebnis.“ In das Gebäude selbst einzuziehen, sei für ihn und seine Familie nie ein Thema gewesen. „Es war von Anfang an klar, dass Haus Orr für Veranstaltungen, für Hochzeits- und Geburtstagsfeiern, Dreharbeiten und Konzerte genutzt werden soll.“ Sechs Agenturen seien für die Vermietung zuständig. „Das Haus muss Geld einbringen, denn ich habe ja viel in die Renovierung investiert“, erklärt der Hausherr.