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„Classic Nights“ in der Abtei BrauweilerIn Pulheim stehen klassische Musik und Rammstein im Programm

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem Bild sind der Sänger Valer Sabado und die Band Spark zu sehen, die mit ihren Instrumenten posieren. Sie sind in einer Burgruine.

Auf dem Bild sind der Sänger Valer Sabado und die Band Spark zu sehen, die mit ihren Instrumenten posieren.

„Spark“ wagt für ein Konzert in der Abtei Brauweiler eine Mischung, die man bei einer klassischen Band nicht erwartet.

Händel, Schumann, Weill, Satie – und Rammstein. So eine Mischung erwartet man eigentlich bei keinem Abend der anstehenden Open-Air-Festivals „Classic Nights“ in Brauweiler. Die fünfköpfige klassische Band „Spark“ scheut sich dagegen nicht, die ganz großen musikalischen Bögen zu schlagen. Die Absicht ist dabei gar nicht, mit einem kontroversen Song zu irritieren. Vielmehr bildet Rammstein-Song „Seemann“ das Zentrum eines Programms, das die Band am 28. August in Begleitung des Countertenors Valer Sabadus im Marienhof der Abtei Brauweiler aufführen wird.

Rammstein-Song war der Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit mit Valer Sabadus

„Das Programm haben wir vor den ganzen Vorwürfen konzipiert“, sagt Christian Fritz, Pianist von Spark, im Gespräch mit dieser Zeitung. „Es war ein Herzenswunsch des Sängers, den Song ‚Seemann‘ zu machen. Und er funktioniert erstaunlicherweise sehr, sehr gut in dieser Besetzung.“ Das Lied sei der Ausgangspunkt für die gemeinsame Zusammenarbeit gewesen.

Dann kamen die Vorwürfe gegenüber Rammstein-Frontmann Till Lindemann auf. „Natürlich war das ein Moment, der zu denken gegeben hat“, sagt Daniel Koschitzki, Flötist von Spark. „Als es so hochgekocht ist, haben tatsächlich einige Veranstalter sich bei uns gemeldet und gefragt, ob der Song drinbleibt.“

Spark hielt aus verschiedenen Gründen daran fest. Zum einen kannte Valer Sabadus das Lied gar nicht von Rammstein, sondern von Apocalyptica, die eine Version von „Seemann“ mit Nina Hagen aufnahmen. Zudem hat nicht Till Lindemann den Song geschrieben, sondern der Bassist von Rammstein, Oliver Riedel. Und letzten Endes müsse man zwischen Künstler und Werk trennen: „Bei uns steht das Stück wirklich für sich“, so Koschitzki. „Es geht darin um eine Todessehnsucht, die in Kombination mit einem Kunstlied von Schumann eine ganz neue Bedeutung bekommt. Und ich glaube, wenn wir als klassische Musiker Quellen aufmerksam lesen, dann könnten wir da noch mal eine Debatte über einige Komponisten führen, die mit einer absoluten Selbstverständlichkeit gespielt werden.“

„Classic Nights“ in Pulheim gehen auch über Klassik hinaus

Doch worum geht es eigentlich im Programm am 28. August, das Namen wie Händel, Schumann, Fauré, Ravel, Weill, Satie, aber auch Depeche Mode oder Michael Nyman auflistet? Der Abend steht unter dem Titel „Closer to Paradise“ und ordnet sich in vier Blöcke, in denen unterschiedliche Formen der Sehnsucht im Mittelpunkt stehen – die Sehnsucht nach Liebe, die Melancholie, die Todessehnsucht und zuletzt Träume und Hingabe.

„Jeder dieser vier Akte spielt schwerpunktmäßig in einer anderen musikalischen Welt“, so Daniel Koschitzki. „Es geht im italienischen Barock los, dann geht es impressionistisch angehaucht in französischer Sprache weiter, wobei mit Weill oder Léo Ferré auch ein bisschen Chanson miteinfließt. In deutscher Sprache geht es ins Kunstlied, aber auch in den Volksliedbereich und zum Schluss gibt es in englischer Sprache ein wenig Avantgarde und eben auch Rock/Pop.“ Das Paradies sei dabei weniger religiös konnotiert, sondern bildet einen Projektionsort für die eigenen Sehnsüchte, ist Suche nach einem utopischen Raum der Harmonie, wobei besonders der dritte Block, der von Todessehnsucht handelt, dem als schwarzes Gegenbeispiel gegenübersteht.

Christian Fritz voller Vorfreude auf das Konzert in der Abtei Brauweiler

Die Vorfreude auf Brauweiler ist Christian Fritz anzumerken. Er hat eine Weile in Köln gewohnt und war in dieser Zeit öfter mal in der Abtei Brauweiler. „Deswegen freut mich das sehr, jetzt auch mal da spielen zu können. Sie hat eine grandiose Atmosphäre und ich denke, dass unser Programm sehr gut dazu passt.“

Auch für ihren Countertenor sind Fritz und Koschitzki voll des Lobes. „Valer Sabadus ist eine sehr offene Künstlerpersönlichkeit“, so Christian Fritz. „Er wollte aus dem Bekannten raus, um seinen Horizont zu erweitern. Da haben wir ihn beim Wort genommen und ihn auch gefordert. Das schätze ich sehr, dass er da so neugierig ist und sich drauf einlässt.“ Koschitzki meint: „Er ist wirklich einer der Besten. Er gehört zur absoluten Weltspitze bei den Countertenören und hat eine wunderschöne Stimme, ein unglaublich schönes Gespür für die Musik, für Spannungsverläufe, kann unglaublich schön phrasieren, erzählen, fesseln.“

Kann Musik einen also wirklich näher ans Paradies bringen? Die beiden Musiker sind jedenfalls davon überzeugt. „Musik ist für mich ein Ort des Friedens, wo ich ganz bei mir bin. Das ist in unserer hektischen Welt sehr schwer. Ich habe das Gefühl, dass ein Konzert einer der seltenen Momente ist, wo die Musiker und das Publikum zwei Stunden lang komplett abtauchen können.“

Zur Veranstaltung

Im Rahmen des Open-Air-Festivals „Classic Nights“ spielen Valer Sabadus und Spark in der Abtei in Brauweiler ihr Programm „Closer to Paradise“. Mittwoch, 28. August, um 20 Uhr im Marienhof. Ehrenfriedstraße 19, 50259 Pulheim. Tickets: 30-40 Euro, erhältlich bei kölnticket und Eventim sowie in alle angeschlossenen Vorverkaufsstellen, auch im Abteishop in Brauweiler. Alle Infos gibt es hier.