„Die werden uns überrennen“Außengastronomie in Rhein-Erft bereitet sich vor
Rhein-Erft-Kreis – Andreas Weyrauch versprüht gute Laune. Auch wenn die Lage für ihn als Betreiber der „wunderBar – Konsum“ in Kerpen wie für die gesamte Branche hart war, lacht er viel im Gespräch. Er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien heiß auf den Start der Außengastro. Denn ab Donnerstag kann er zumindest draußen wieder öffnen. Dann sollte die Inzidenz im Kreis stabil unter der 100er-Marke gelegen haben. Weyrauch könnte dann wieder Getestete, Genesene und Geimpfte begrüßen.
Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnte der Gastwirt alle halten, auch die Aushilfen. Alle, auch er, hätten sich in der Zwischenzeit mit anderen Jobs über Wasser gehalten. „Die werden aber alle mit Muskelkater nach der ersten Schicht aufwachen“, prophezeit er lachend. So lange sei es her, dass sie Tabletts und Teller getragen hätten. Weyrauch glaubt, dass er viele Gäste wird bewirten können. „Die werden uns überrennen.“ Die Leute wollten raus. Für Donnerstag und Freitag seien die Tische bereits nahezu ausgebucht. Weyrauch hat auch knapp 100 Schnelltests angeschafft für seine Gäste.
Georg Frey: „Große Vorsicht“
Georg Frey, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Rhein-Erft, nimmt allenthalben Euphorie wahr, dämpft aber die Erwartungen sowohl bei der Kundschaft als auch bei den Gastronomen. „Es muss wirtschaftlich bleiben“, sagt der Brühler Gastronom. „Es bringt jetzt nichts, die ganze Brigade zurückzuholen und dann mit drei Leuten einen Tisch zu bedienen.“ Noch spiele auch das Wetter für die Außengastronomie nicht mit, und es sei völlig unklar, ob die Gäste nicht lieber abwarteten, dass die Restaurants auch ihre Innenräume wieder öffneten. „Wir sollten als Gastronomen mit großer Vorsicht an die Öffnung gehen und vielleicht nur einen Ausschnitt aus der Karte anbieten.“ Laut Frey gibt es im Kreis etwa 200 bis 250 gastronomische Betriebe mit Terrasse.
Zurückhaltend reagiert auf die Öffnungsperspektive auch das Team des Hotels „Bedburger Mühle“. „Wir werden unsere Wiedereröffnung nicht von einer stark schwankenden Zahl abhängig machen, die weder nachvollziehbar noch kalkulierbar ist“, sagt Besitzer Rolf Dieffendahl. „Es muss eine Perspektive geben, den Laden hochzufahren und hochgefahren zu lassen.“ Ein erneutes Abschließen nach wenigen Tagen oder Wochen sei nicht akzeptabel. „Wir haben für viele Tausend Euro Ware wegwerfen müssen, das wiederholen wir nicht.“
Eine Servicekraft ür Testbescheinigungen und Kontaktdaten
Über ein großes Außengelände verfügt der Brühler „Kaiserbahnhof“. „Wir wären schnell bereit zu öffnen, sobald die Behörden grünes Licht geben“, sagt Betreiber Tim Forschbach. In den vergangenen Wochen habe man auf Außer-Haus-Verkauf und Lieferdienst verzichtet und stattdessen an neuen Gerichten getüftelt. Jetzt würde er die auch gern servieren, sagt Forschbach. In Hennef, wo er ein weiteres Restaurant betreibt, ging es bereits am Freitag los. „An den Tagen zuvor gab es etliche Reservierungen“, berichtet Forschbach. Doch nicht nur der zu erwartende Andrang dürfte für Arbeit sorgen. Es werde sicherlich eine Servicekraft nur damit beschäftigt sein, die Testbescheinigungen zu überprüfen und die Kontaktdaten nachzuhalten, schätzt der Gastwirt. Zur Sicherheit der Gäste werde er wohl höchstens die Hälfte der rund 500 Außenplätze nutzen.
Auch Liliana Cercena blickt der möglichen Öffnung mit Vorfreude entgegen. Noch gibt es die Spezialitäten in ihrem Brühler Eiscafé nur zum Mitnehmen. „Es wird Zeit, dass wieder Leben auf dem Markt herrscht“, sagt die Chefin des Eiscafés , das sich mitten in der Brühler Fußgängerzone befindet. Man werde wohl mit wenigen Tischen beginnen, aber für genaue Planungen fehle es noch an Informationen der Behörden.
Günter Clemens betreibt den Angelpark in Zieverich und will sich zurückhalten. Er wartet darauf, auch innen Gäste empfangen zu dürfen. „Sonst macht es keinen Sinn bei der Witterung.“ Er wolle seine Gäste nicht nach Hause schicken müsse, wenn es anfange zu regnen. Clemens hofft darauf, auch die 50er-Marke bald stabil unterschritten wird. Dann will er mit einem „Rumpfteam“ aus sechs Angestellten und ein paar Mini-Jobbern wieder starten. „Wir müssen dann schauen, wie sich alles entwickelt.“
Als Beate Hellwig, Inhaberinder „Kulisse“ in Wesseling der Anruf aus der Redaktion ereilt, hat sie gerade die Schleifmaschine in der Hand, um die Außentische zu präparieren. Sie rechnet damit, am Freitag wieder öffnen zu dürfen. Und bis dahin steht noch einiges an. Die Außenwände werden neu gestrichen, der Grünspan entfernt. Am Donnerstag soll die Theke eingeräumt werden, dann bestellt das Küchenteam neue Ware, der Bierlieferant kommt, und eine neue Zapfanlage wird installiert.
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Hellwig hat den Lockdown genutzt, um ihr Lokal zu renovieren. Den Großteil ihres 20-köpfigen Teams konnte sie halten, sowohl Angestellte als auch Aushilfen. Lediglich zwei habe sie noch nicht wieder erreicht. Sie freut sich auf die Öffnung. Der Frust darüber, „als Gastronomen hängen gelassen worden zu sein“, ist ihr kaum mehr anzuhören.