Schulen im Rhein-Erft-KreisDas denken die Schulleitungen über den Präsenzunterricht
Rhein-Erft-Kreis – Für NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ist es „oberstes Gebot“, die Schulen offenzuhalten, „damit unsere Kinder und Jugendlichen ihr Recht auf Bildung auch während der Pandemie wahrnehmen können“. In ihrer neuen „Schulmail“ am Donnerstag erklärte sie, dass so „psychosoziale Folgeschäden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verhindert werden können“. Durch die auferlegten Hygienemaßnahmen sei der Präsenzunterricht „bestmöglich abgesichert“. Gleichwohl äußern Eltern, Lehrerverbände und Schüler Sorgen, dass die Infektionszahlen sprunghaft nach oben schnellen könnten. Wir haben Schulleiterinnen und Schulleiter befragt, mit welchen Gefühlen und Erwartungen sie in ihre Schulen zurückkehren.
Bergheim, Gesamtschule
Mit gemischten Gefühlen geht die Schulleitung der Bergheimer Gesamtschule an den Start. „Einerseits lief der Schulbetrieb, insbesondere mit der durchgängigen Maskenpflicht im Gebäude, bis zu den Weihnachtsferien recht ungetrübt“, schreibt Natascha Kierdorf, die didaktische Leiterin der Gesamtschule. Andererseits wüssten alle nicht, wie sich die Omikron-Variante auf die Schule auswirke. Die Schülerinnen und Schüler in Präsenz begrüßen zu können, ist für die Schule aber besonders wichtig: „Da wir somit die Kinder besser im Blick haben und sie intensiver im sozialen Miteinander unterstützen können.“
Mit Blick auf das Infektionsgeschehen an der eigenen Schule hält Kierdorf den Präsenzunterricht für vertretbar. „Es ist für uns allerdings überhaupt nicht einschätzbar, wie die Entwicklung angesichts der Omikron-Variante sein wird.“
Sollten Schülerinnen und Schüler in Quarantäne müssen, würde Unterrichtsmaterial über die Lernplattform Logineo bereitgestellt, teilweise unterrichten die Lehrer über Video. Das bedeute deutlich mehr Arbeit. Viel Unterricht sei aber im laufenden Schuljahr wegen Corona noch nicht ausgefallen, weil wenig Lehrkräfte erkrankt seien, teilt Kierdorf mit.
Erftstadt, Hauptschule
„Ich bin entspannt“, sagt Detlef Mucha auf die Frage, mit welchen Gefühlen er dem Montag entgegensieht. Tatsächlich klingt es, als sei der Leiter der Lechenicher Theodor-Heuss-Hauptschule gut vorbereitet auf den Schulstart nach den Weihnachtsferien – trotz steigender Corona-Zahlen. „Gleich am Montagmorgen testen wir jeden“, erzählt er. Und dann gehe es weiter im gleichen Rhythmus wie vor den Ferien: montags, mittwochs und freitags kommen die Teststäbchen zum Einsatz. Und es ist auch nicht zu befürchten, dass sie ausgehen. 5000 Stück hat die Hauptschule derzeit im Vorrat, bei 280 Schülerinnen und Schülern sowie etwa 35 Lehrerinnen und Lehrern.
Mucha: „Der beste digitale Unterricht ersetzt nicht den schlechtesten Präsenzunterricht.“ Die Hauptschule sei ein „kleines System“, mit 20 Kindern pro Klasse sei vieles leichter zu regeln als bei größeren Gruppen. Er habe in den 17 Jahren als Schulleiter auf Einzeltische für die Schüler gesetzt, man könne alle Fenster öffnen: „Das funktioniert alles.“ Wie auch der digitale Unterricht. Jedes Kind habe mittlerweile ein Endgerät.
Bisher sei wegen Corona im laufenden Schuljahr noch keine einzige Schulstunde ausgefallen, das Kollegium sei fast komplett geboostert, auch bei den Kindern und Jugendlichen sei die Impfquote hoch. Rechnet er damit, dass die Schulen in den kommenden Wochen wieder schließen müssen? „Ich hoffe nicht“, sagt Detlef Mucha: „Für unsere Kinder.“
Brühl, Karl-Schiller-Berufskolleg
Am Brühler Karl-Schiller-Berufskolleg blickt man dem Schulstart recht gelassen entgegen. „Wir haben inzwischen eine gewisse Routine im Umgang mit der Situation und beim Abwickeln der Tests“, sagt Schulleiter Alex Burchard. Der Verlust an Unterrichtszeit sei daher überschaubar. Die hohe Impfquote in den Reihen der Schüler – rund 75 Prozent sind geimpft – zeige Wirkung. Seit Mitte September habe es im Schnitt nicht einmal eine Infektion wöchentlich in der Schülerschaft gegeben. Auch sei bislang coronabedingt kaum Unterricht ausgefallen.
Kerpen, Europagymnasium
Auch Dominik Riediger, stellvertretender Schulleiter des Europagymnasiums, sieht dem Schulstart relativ optimistisch entgegen. „Wir freuen uns, dass es wieder losgeht“, sagt er. Gut sei dabei, dass aufgrund einer neuen Richtlinie des Ministeriums von Donnerstag auch die schon Geimpften und Genesenen dreimal die Woche getestet werden müssen. Aufgrund dieser verbindlichen Testungen sei der angeordnete Präsenzunterricht vertretbar. Überhaupt habe man „sinnvolle Wege“ gefunden, um „verlässlichen Unterricht“ zu bieten. So hätten Schüler und Lehrer in den vergangenen Monaten das digitale Lernen so erproben können, dass dieses über bestimmte Lernplattformen sehr gut funktioniere. Auch Schülerinnen und Schüler, die in Quarantäne sind, könnten digital so weiter am Unterricht teilnehmen. Bislang sei der coronabedingte Unterrichtsausfall wegen erkrankter Lehrer eher gering gewesen, er liege deutlich unter zehn Prozent.
Pulheim, Christinaschule
„Ich habe ein mulmiges Gefühl“, sagt Christian Klann, Leiter der Gemeinschaftsgrundschule Christinaschule in Stommeln. Er finde es, verhalten gesagt, bemerkenswert, dass in einem Land, in dem man es auch fast zwei Jahre nach Beginn der Pandemie nicht schaffe, durchgehend valide Zahlen zur Entwicklung der Pandemie zu liefern, Entscheidungen dieser Tragweite getroffen würden. „Unsere Kinder kommen am Montag aus den Ferien zurück, die viele von ihnen mit ihren Familien in anderen europäischen Ländern verbracht haben. Ich hätte es für besser gehalten, die Ferien zu verlängern, um zu schauen, ob Infektionen vorliegen. Danach hätte man guten Gewissens die Schulen mit guten Hygienemaßnahmen wieder auf Dauer öffnen können. Wir waren auf alles vorbereitet.“
Das Kollegium habe in den vergangenen zwei Jahren sehr viel dazugelernt und es geschafft, ein tragfähiges und gut erprobtes Konzept für Distanz- und Wechselunterricht auf die Beine zu stellen. „Jede Klasse hat einen eigenen digitalen Klassenraum, in dem die Unterrichtsmaterialien digital hinterlegt werden können.“ Diese Padlets würden unterrichtsbegleitend eingesetzt und wenn jemand in Quarantäne müsse. Die Materialien zu hinterlegen und die Arbeitsergebnisse zu kontrollieren, bedeute aber auch stets Mehrarbeit für seine Kolleginnen und Kollegen: „Das hat alle bis zu den Weihnachtsferien an den Rand ihrer Kräfte gebracht.“
Die Frage, ob es in diesem Schuljahr Distanzunterricht geben wird, antwortet Christian Klann: „Das ist Lesen in der Glaskugel, was ich nicht mache. Wir haben leider keine verlässlichen politischen Entscheidungsträger, wie die zeitweise Aufhebung der Maskenpflicht gezeigt hat. Alle laufen der Entwicklung hinterher, man hat das Gefühl, dass die Politik aus welchen Gründen auch immer, nicht lernfähig ist. Aber wir sind für alle Situationen gut vorbereitet und das lässt uns optimistisch nach vorne sehen.“
Pulheim, Marion-Dönhoff-Realschule
Walburga Hövel, Leiterin der Marion-Dönhoff-Realschule in Pulheim, hält die Entscheidung des Schulministeriums für richtig: „Die Schüler brauchen die Struktur, das soziale Miteinander und das von einem Lehrer begleitete Lernen in einer adäquaten Umgebung, was nicht alle Kinder zu Hause haben.“ Unterricht in Präsenz sei auch unter diesen schwierigen Bedingen das Sinnvollste überhaupt. „Wir werden lernen müssen, mit dem Virus zu leben und entsprechende Verhaltensstrategien zu entwickeln. Hier lässt sich in Zukunft sicherlich noch einiges optimieren.“
Bedenken, dass der Wiedereinstieg nicht sicher ist, hat Walburga Hövel aber nicht. Die Schule warte jedoch sehnsüchtig auf die CO2 -Ampeln, die allen zusätzlich Sicherheit geben würden bezüglich der Lüftungsintervalle. Auf den Fall, dass sich Schüler in Quarantäne begeben müssen, ist die Schule vorbereitet. „Die Schüler bekommen über die NRW-Plattform Logineo Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt oder Klassenkameraden informieren sie.“ Das Hochladen des Materials auf die Plattform sei ein zusätzlicher Aufwand, der sich im Detail aber nicht festlegen lasse.
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Das gilt auch für ausgefallenen Unterricht. „Wie viele Stunden in diesem Schuljahr ausgefallen sind, kann ich im Detail nicht sagen. Bis auf wenige Ausnahmen haben wir den Unterricht gemäß Stundenplan durchführen können. Mehrere Klassen waren mal jeweils für einen Tag im Distanzunterricht.“ Die Zahl der ausgefallenen Stunden sei nicht höher als in anderen Winterhalbjahren. „Auch in diesem Halbjahr waren in den meisten Fällen Erkältungskrankheiten die Ursache für ausgefallenen Unterricht.“