Vegan-Serie in Rhein-Erft„Dass schnell ein Mangel entsteht, ist ein Irrglaube“
Wesseling-Berzdorf – Andrea Panz ist 52 Jahre alt und arbeitet als zertifizierte Ernährungsberaterin. Genauer gesagt ist sie „Plant Based Chef & Nutritionist“. Sie wurde am Plant Based Institut in veganem Basis-Kochwissen und Ernährungslehre ausgebildet und lebt und arbeitet als selbstständige Beraterin in Wesseling. Warum sie selbst sich vegan ernährt und worauf man bei dieser Ernährungsweise besonders achten muss, erklärt sie mir für unsere Vegan-Serie in Rhein-Erft in einem Gespräch.
Gleich zur Begrüßung stellt sie einen Teller mit selbstgemachtem veganen Gebäck vor mir auf den Tisch, ein Blaubeertörtchen mit Pecannuss- und Dattel-Basis und eine kleine Zitronentarte. Beides schmeckt herrlich frisch und cremig. „Das ist so ein bisschen meine Taktik, die Leute direkt zum Veganen hinzuführen, denn es ist mir wichtig zu zeigen, dass man sich auch als Veganer sehr genussvoll ernähren kann“, eröffnet Panz das Gespräch und lacht herzlich.
Sie beginnen gerne mit selbstgemachten Küchlein? Wie geht es dann weiter?
Andrea Panz: Ja, das mache ich zum Beispiel in meinen Kochkursen. Ich frage auch immer zuerst: „Warum fangt ihr mit dem Veganen an, warum wollt ihr euch vegan ernähren?“
Ganz wichtig ist auch: Ich darf Menschen zur Ernährung beraten aber natürlich nicht therapieren oder Diagnosen erstellen, das bleibt Medizinern überlassen. Ich gebe Einzelberatungen, bei denen ich Personen helfe, die sich anders ernähren möchten. Oder ihr Arzt hat gesagt, sie sollen sich bunter ernähren. Ich setze mich mit den Leuten zusammen und bespreche, was sie mögen, was sie nicht mögen, wie ihr Tagesablauf ist. Ich biete auch an, mit ihnen einzukaufen und so entwickeln wir dann eine gemeinsame Strategie. Ich gebe außerdem Kochkurse und Vorträge.
Sie sind selbst Veganerin, warum?
Ich lebe jetzt seit acht Jahren vegan. Und ich sage immer, es gibt drei Gründe, die alle auf mich zutreffen. Der eine Grund ist der gesundheitliche Faktor, der ist bei mir sehr hoch angesiedelt. Der zweite ist der Tierwohlgedanke. Und der dritte Grund ist der ökologische Gedanke. Die beiden letzteren gehören ein bisschen zusammen, aber bei den Tieren geht es insbesondere um den Tierschutz und beim anderen geht es zum Beispiel um die Regenwälder, um den eigenen ökologischen Fußabdruck.
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Es heißt oft, Veganer müssen besonders auf ihren Vitaminhaushalt achten. Was sind Ihre Tipps für eine gesunde, ausgeglichene vegane Ernährung?
Wir achten bei der Ernährung vor allem auf Proteine und Vitamine, aber auch Fette und Kohlenhydrate sind wichtig. Es heißt, Fleisch deckt unseren Bedarf an Proteinen am besten. Das stimmt tatsächlich auch. Wir brauchen aus dem Fleisch die Aminosäuren, davon gibt es acht Stück, die essenziell sind und sie sind alle im Fleisch vorhanden. In Pflanzen gibt es auch Aminosäuren, aber die decken den Bedarf oft nicht ausreichend. Sojabohnen sind da noch die beste Möglichkeit, die ebenfalls alle acht essenziellen Aminosäuren beinhalten.
Auf welche Lebensmittel sollte ich also in meiner veganen Fastenzeit besonders zurückgreifen?
Am besten kombinieren Sie verschiedene Lebensmittel die mehrere wichtige Aminosäuren in sich vereinen. Zum Beispiel sind in Getreide und in Hülsenfrüchten wichtige Aminosäuren wie das Lysin vorhanden. Wenn sie diese beiden Sachen kombinieren, ist das schon hervorragend. Das geht auch eigentlich ganz easy, zum Beispiel mit einem Chili mit Reis und Kidneybohnen, aber eben ohne Fleisch. Oder Sie essen ein Brot mit Hummus, das ist auch Getreide mit Kichererbsen kombiniert.
Dann habe ich das wohl intuitiv richtig gemacht, denn ich esse jetzt fast täglich Hummus als Brotaufstrich. Wie sieht es mit Vitaminen und den oft befürchteten Mangelerscheinungen bei Veganismus aus?
Dass einem als Veganer schnell einen Mangel entsteht, ist ein Irrglaube. Wenn man sich ganz normal ernährt, mit Kohlenhydraten, Gemüse und Proteinen, dann hat man in aller Regel überhaupt kein Problem. Das einzige Vitamin, das problematisch ist, ist Vitamin B12. Das gibt es eben hauptsächlich in tierischen Produkten. Deshalb empfehle ich jedem, nicht nur Veganern, einmal im Jahr ein großes Blutbild machen zu lassen, und dabei auch die B12-Werte anzufordern. Das muss extra gemacht werden und wird über den Holo-TC Test gemessen. Tatsächlich haben sogar oft die Veganer die besten B12-Werte, denn sie wissen, dass sie diese im Auge behalten müssen.
Sollte ich mir darüber auch in meinen sechs Wochen ohne tierische Lebensmittel Gedanken machen?
Nein, denn B12 kann der Körper speichern, auch für längere Zeit. In den sechs Wochen sollte da bei Ihnen kein Mangel entstehen und auch keine Veränderung bei Tests sichtbar werden. Menschen, die sich dauerhaft vegan ernähren, müssen B12 allerdings substituieren, also ersetzen, um keinen Mangel zu entwickeln. Man kann solche Präparate zum Beispiel als Spritze bekommen, als Kautabletten, als Tropfen oder sogar über Zahnpasta. Diese Art der Nahrungsergänzungsmittel sollte jeder auch mit seinem Arzt besprechen und dosieren. Ich muss auch deutlich davor warnen, sich einfach im Internet solche Präparate zu bestellen, oder Empfehlungen von Fremden zu folgen. Besser ist es, zu einem Arzt zu gehen.
Wie wirkt sich Ihre vegane Lebensweise auf Ihre Gesundheit aus?
Seit wir uns vegan ernähren, sind mein Mann und ich körperlich fitter und beweglicher. Und wir sind auch viel weniger krank. Ich fühle mich damit einfach gut. Natürlich ist das nicht für jeden etwas, aber wer möchte, kann es auch einfach mal ausprobieren. Es gibt in der veganen Küche so viele Möglichkeiten. Es muss ja nicht von jetzt auf gleich passieren, sondern geht auch stufenweise. Vielleicht kann man erstmal das Fleisch auf einmal pro Woche reduzieren, dann ist das auch wieder etwas Besonderes. Dann wird man vielleicht erst Vegetarier, das war bei mir so. Das hat zwei Jahre gedauert, dann bin ich ganz umgestiegen und seitdem dabei geblieben.