Im Kreuzfeuer der KritikWas BUND-Sprecher Achim Baumgartner antreibt
Rhein-Sieg-Kreis – „Einseitige Verbotspolitik“. „Extrem lächerlich“. „Mit vernünftigem Naturschutz nichts zu tun“. In den vergangenen Wochen gab es wohl nur wenige Menschen im Rhein-Sieg-Kreis, die in den sozialen Medien so viel Kritik einstecken mussten wie Achim Baumgartner, Kreisgruppensprecher Rhein-Sieg des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).Anlass der bisweilen hitzig geführten Debatte ist die einstweilige Absage der Konzerte auf der Rheininsel Grafenwerth. Der BUND hatte erfolgreich geklagt – ins Zentrum der öffentlichen Kritik rückte ihr Frontmann Baumgartner. Wie tickt der Mann, der in diesen Tagen gute Chancen hat, zum „Buhmann der Region“ zu werden? Und was treibt ihn an?
Kampf gegen Papstmesse in Hangelar: Ein „Erweckungsmoment“
Wer sich mit der Geschichte Baumgartners beim BUND Rhein-Sieg beschäftigt, landet zunächst unweigerlich beim Papst. Der sollte zum Ende des Weltjugendtages 2005 nach Sankt Augustin kommen und mit Hunderttausenden auf dem Flugplatz in Hangelar eine Messe feiern.
Doch der BUND wollte unter anderem die bedrohte Kreuzkröte schützen und kämpfte gegen den geplanten Massenauflauf. Mit Erfolg. Der Papst durfte nicht auftreten und musste in den ehemaligen Braunkohletagebau Frechen ausweichen.
Als persönlichen „Erweckungsmoment“ bezeichnet der heutige Frontmann des BUND Rhein-Sieg den größten Coup seiner Kreisgruppe. 17 Jahre nach dem Weltjugendtag ist Achim Baumgartner immer noch da, und nicht minder engagiert bei der Sache. Etwa im Streit mit der Stadt Hennef um den Neubau des Horstmannsteges über die Sieg: Gegen die ersten Pläne klagte der BUND, später einigte man sich – eröffnet wurde die Brücke dann 2020.
Auf die deutliche Kritik, die jetzt zum Aus der Grafenwerth-Konzerte auch von den Grünen im Kreistag geübt wurde, reagiert der 50-Jährige mit Unverständnis. Es sei traurig, dass die Kommunalpolitik offenbar auf öffentlichen Druck statt auf Verordnungen setze. „Die denken, dass sich der BUND schon erschrecken und den Rechtsbruch nicht anzeigen wird, wenn sich nur ausreichend Leute aufregen“, mutmaßt der Naturschützer.
Was die Grünen als „Klageorgie“ bezeichnen, nennt er „persönliche Pflicht“. Wenn sein Verband dauernd verlieren würde, müsse er akzeptieren, dass die Kritik an den Klagen berechtigt sei. „Unsere Erfolge zeigen aber, dass wir es mit einem grundsätzlichen Konflikt zu tun haben.“
Rechtsstaatlichkeit und Ordnung – der 50-Jährige bedient sich dieser Attribute immer wieder, wenn er beschreibt, was ihn antreibt.
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Das Vertrauen in den Rechtsstaat, so der BUND-Sprecher, habe ihm sein Vater mit auf den Weg gegeben. Die Familie stammt aus Süddeutschland, Baumgartners Vater arbeitete als Beamter im Landwirtschaftsministerium. Im Süden der Republik gebe es ein anderes Planungsverständnis, man verständige sich mit allen Parteien auf ein gemeinsames Ziel.
Eine Vorgehensweise, die der 50-Jährige im Rheinland oftmals vermisst: „Hier darf jeder machen, was er will, und das finden die Leute auch positiv“, sagt er und fügt hinzu: „Dabei geht viel Qualität verloren. Das tut mir körperlich weh.“
Baumgartner scheut sich nicht davor, seine Meinung mit teils markigen Worten in der Öffentlichkeit kundzutun. Auch, wenn er regelmäßig aneckt. Viele Vertreter aus Politik und Verwaltung wollen sich nicht mehr mit ihm an einen Tisch setzen. In den Naturschutzbeirat wurde er drei Mal in Folge nicht gewählt – obwohl sein Verband ihn vorgeschlagen hatte.
Warum gerade er so im Zentrum der Kritik stehe? „Nicht alle Vertreter des BUND sind gleichermaßen fit in den verschiedenen Rechtsbereichen und dazu bereit, sich in einer Sitzung auch mal zwei Stunden lang permanent aufzuregen“, begründet Baumgartner. Er verstehe zwar, dass sich die Verwaltung nicht ständig rechtfertigen wolle. Sich die Kritik abzuholen sei aber nun mal Teil der Aufgaben des Beirates. „Ich stehe da ja auch nicht auf und werfe Farbbeutel.“
Rhein-Sieg-Kreis: BUND-Sprecher hofft weiter auf Diskurs mit Politik
Trotz aller Konflikte hofft der BUND-Sprecher weiterhin auf den Diskurs mit den politischen Akteuren. Als „moralische Voraussetzung“ bezeichnet er seine Bereitschaft zu Gesprächen. Sein Verband wolle ohnehin lieber Anträge auf Fördermittel für Naturschutzmittel stellen, den landwirtschaftlichen Betrieb ausbauen und die Artenschutzprogramme vorantreiben. „Wir brauchen das als Gegengewicht. Nur in Konflikten zu stecken wäre unerträglich.“
Sie zu meiden wäre, so Baumgartner, „zwar gesünder für mich – steht aber nicht zur Debatte.“ Ganz im Gegenteil: Sein Verband könne mit den passenden Kapazitäten 20 Klagen pro Jahr im Rhein-Sieg-Kreis anstrengen, schätzt der 50-Jährige. „Meine Energie reicht noch für so einige Schlachten. Und es werden immer mehr.“