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Brölerhof in RuppichterothHeiße Öfen für ganz Deutschland

Lesezeit 3 Minuten

Ein Modell geht jedem großen Ofen voraus.

Ruppichteroth – Früher ist Dieter Baumann oft der Kirche aufs Dach gestiegen, in Kölner Kneipen hat er schon mal den Fußboden näher kennengelernt. Die Einsatzgebiete und vor allem die Arbeitsorte eines echten Gebrauchskeramikers sind eben vielfältig. Und darauf legt der 58 Jahre alte Keramiker vom Brölerhof auch großen Wert: Er töpfert keine Staubfänger oder Schnickschnack für den Kaminsims. „Mich hat immer schon die Keramik am Bau interessiert und fasziniert“, sagt Baumann, aber wenigstens kann er mit Kaminsimsen durchaus etwas anfagen: In den 80er-Jahren nämlich hat er sich auf den Ofenbau spezialisiert.

Und nach einer kurzen Durststrecke zu Beginn seines Gewerbes heizen seine Öfen heute Zimmer, Wohnungen und Häuser in ganz Deutschland. Inzwischen gibt es bei Dieter Baumann und seiner Ehefrau Karin, ebenfalls 58 Jahre alt, auch Töpferkunst für das traute Heim. Zu Baumanns großen Projekten zählen neben dem Dach der Herz-Jesu-Kirche mit etwa 5500 „Biberschwänzen“ (breite, gerundete, flache Dachziegel) am Zülpicher Platz und etlichen Gaststätten in der Domstadt auch die Claudiustherme in Köln-Deutz und das Neptun-Bad in Ehrenfeld. „Da habe ich in der Fitnesshalle gearbeitet und diese auf rund 700 Quadratmetern mit Fliesen ausgestattet“, berichtet der Unternehmer. Die Arbeit sei aufgrund des Denkmalschutzes in jenem Bad eine Herausforderung gewesen. „Deshalb musste ich für die Fliesen auch noch eine spezielle Glasur entwickeln“, sagt Baumann.

Entflammt ist Baumanns Leidenschaft für solche Werkstoffe schon in jugendlichen Jahren – im Pfahlbauten-Museum von Unteruhldingen am Bodensee. „Dort habe ich mit 14, 15 Jahren Urlaubergruppen geführt“, blickt der gebürtige Freiburger zurück. Und noch immer sei er dort wohl der jüngste Fremdenführer aller Zeiten. „In einem Freifeuer-Ofen habe ich damals in den Schulferien unter anderem Schalen für die Schaulustigen geformt.“ Die Ausbildung zum Bildhauer bei Klaus Balke führt ihn dann nach Köln. „Dort gab es von Anfang an Arbeit für mich.“ Ab 1978 bewohnt Baumann mit Frau Karin und später auch Kindern den Brölerhof. Der Nachwuchs ist übrigens der Branche des Vaters nicht fern: Der Sohn, eigentlich Ofensetzermeister von Beruf (heute: Ofen- und Luftheizungsbauer), arbeitet inzwischen als Architekt in Berlin, die Tochter ist Produktdesignerin.

Quadratisch-klassisch

Im eigenen Heim wärmt der erste Baumann-Ofen die gute Stube, quadratisch-klassisch ist seine Form. Oft haben die Kunden des Ruppichterothers eigene Skizzen in der Hand, wenn sie die Werkstatt im Fachwerkensemble besuchen. „Und im Idealfall haben sie auch den Grundriss in der Tasche“, verrät Baumann, der danach stets ein Tonmodell anfertigt. „Denn eine Zeichnung bietet Missverständnissen viel Platz“, erklärt der Fachmann. Und am Ende muss auch die Technik Platz finden im Bauch des Unikats, die stets ein Ofenbauer einrichtet: So führt ein keramischer Heizgaszug die Rauchgase durch den Ofen und sorgt im Raum für eine lang anhaltende, wohltuende Strahlungswärme.

„Dieser Zug kann durchaus acht Meter lang sein“, schildert der Keramiker, der dem Ofentechniker oft genug über die Schulter geschaut hat, um auch über das Innenleben Bescheid zu wissen. „Ereignisse wie der Sturm »Kyrill« sind es, die den Wunsch nach einer unabhängigen Wärmequelle wecken“, sagt Dieter Baumann, der zurzeit ebenso viele Altbauten mit seinen Öfen ausstattet als auch höchstmoderne Niedrigenergiehäuser. „Heute ist die Gestaltung eines Ofens eine höchst individuelle Sache“, weiß der Fachmann und nennt buntes Dibbern-Geschirr als Gegenbeispiel: „Das hatte früher jeder, also konnte man es auch jedem schenken.“ Mit einer Bogenkachel dürfe man dagegen heute nur noch zu einem Polterabend erscheinen.