Neunkirchen-SeelscheidBeim achten Jazz-Workshop unterrichten Profis 40 Teilnehmer
Neunkirchen-Seelscheid – In die achte Runde in Folge ging der jährliche Bergische Jazz-Workshop am letzten Ferienwochenende. Drei Tage lang erhielten 40 Jazzer und Jazzerinnen, vom ambitionierten Hobbymusiker bis zum Profi, in den Räumen des Antoniuskollegs musikalischen und technischen Feinschliff.
Ausnahmslos Könner ihres Metiers standen dem Neunkirchen-Seelscheider Pianisten und musikalischen Leiter Thomas Rückert mit Frank Haunschild (Gitarre) und Hugo Read (Saxofon), den Kölnern Jens Düppe (Schlagzeug), Reza Askari (Bass) und Ryan Carniaux (Trompete) sowie der Hürtherin Anne Hartkamp (Gesang) als Dozenten zur Verfügung.
„Der Tag ist Musik“
Ryan Carniaux (40) ist in New York City geboren, fing mit zwölf an Trompete zu spielen, ist mittlerweile am Flügelhorn einer der Großen seiner Zunft. Im Jahr 2003 zog der Musiker nach Europa, heute lebt er in Köln und ist als Professor für Jazz-Trompete an der Essener Folkwang-Hochschule tätig. Peter Lorber sprach mit ihm über die Bedeutung von Musik und die Rolle des Workshops.
Wie hoch ist der Anteil der Musik in Ihrem Leben?
Ryan Carniaux: Der ganze Tag ist Musik. Ich übe so oft es geht. Wenn nicht mit dem Flügelhorn, dann sitze ich am Klavier oder an den Trommeln. Ich komponiere auch oft und viel.
Sind Sie auf ein bestimmtes Genre innerhalb des Jazz fixiert?
Nein, ich bin für alles offen. Ich liebe den Free Jazz, freie Musik genauso wie Bebop, Swing oder Zwölftonmusik. Außerdem übe ich sehr viel Klassik.
Sie waren schon einige Male hier beim Workshop in Neunkirchen-Seelscheid als Dozent dabei. Wie schätzen Sie das Niveau ein?
Es ist fantastisch organisiert von Thomas Rückert und Silvia Merk. Die Dozenten sind alle Weltklasse, da gibt es keinen Zweifel. Auch die Teilnehmer haben zum Teil sehr hohes Niveau. Die Atmosphäre ist super. Es ist eine gute Mischung aus Spaß und Disziplin. Jeder geht mit Inspiration nach Hause.
Diese gaben nicht nur Individualunterricht, sondern leiteten zudem je eine Combo, in denen die Besonderheiten der Bandmusik herausgearbeitet und von den Teilnehmern sogleich ins eigene Spiel eingebracht wurden. An den Abenden frönten diese ausgiebig ihren musikalischen Neigungen in den Jam-Sessions, bei denen die Lehrkräfte ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite standen.
Was hat Ihnen am Workshop gefallen?
„Die Combos werden vor allem unter dem Aspekt gebildet, Teilnehmer mit Vorlieben für bestimmte Jazz-Genres zusammenzubringen“, erläuterte Silvia Merk, die die dreitägige Veranstaltung organisiert hatte. Rückerts Band hatte sich in der Aula niedergelassen und beschäftigte sich unter anderem mit „Allem Anschein nach bist du’s“, Stefan Gwildis’ deutscher Version des Bill-Withers-Hits „Ain’t No Sunshine“.
Der erste leise und getragene Versuch war ein erstes vorsichtiges Abtasten, der im Verlauf sicherer wurde. Rückerts Empfehlung „Du bist vom Puls entbunden, du kannst Farben machen“, folgte Schlagzeuger Werner Klütsch und fand ebenso zu luftigem Spiel und filigranen Verzierungen wie Gitarrist Manuel Kargl und der vorzügliche Pianist Hans Jürgen Freichels.
Rückerts Korrektur: „Seid mit den Ohren mehr bei der Band als bei euch“ trug bei der nächsten Wiederholung Früchte. Es wurde zum satten Stück, für das der Dozent viel Lob fand, auch für das messerscharfe Flügelhorn Volker Jungs und Sänger Klaus Grätzer, dessen eindringliche Stimme wie gemacht ist für den Jazz. Die Vorgehensweise war in allen Combos ähnlich, wie Jens Düppe in einem Zwischenresümee feststellte.
„Bis hierher passt alles: Melodie, Akkorde. Jetzt machen wir Soli.“ Wie man dem Leistungsdruck vor Auftritten begegnen kann, stand im Mittelpunkt eines Vortrags von Thomas Rückert. „Der kann oft derart massiv werden, dass er zum Versagen führt“, schilderte der renommierte Jazzpianist. Schulung der Rhythmusgruppen, Melodieführung und Gehörbildung waren weitere Inhalte.
Nicht fehlen durfte das Dozentenkonzert, das wegen Corona zugunsten der Besucher an zwei Abenden gespielt wurde. Feine Jazz-Standards und Eigenkompositionen unterstrichen die internationale Klasse des Septetts.
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Silvia Merk freute sich über die „trotz der Pandemie vielen Teilnehmer und hoffentlich eine Zukunft ohne Corona“. Wobei die Durchführung des Workshops an der Verfügbarkeit der Räume im Antoniuskolleg und der Unterstützung durch Sponsoren wie den Energieunternehmen Rhenag und Innogy hänge.