In Bonn vor GerichtGhostwriterin aus dem Siebengebirge hielt Vertrag nicht ein
Bonn – Mit dem „Märchen“ über den Stress wollte eine Arbeitsmedizinerin aus dem Süddeutschen gründlich aufräumen: Denn alle klugen Achtsamkeitsübungen oder „Entschleunigungs“-Vorschläge mögen Einzelnen subjektiv helfen, seien aber kaum auf die betriebliche Arbeitswelt übertragbar, so die Wissenschaftlerin, die ihre Erkenntnisse in einem Buch über effektives Stressmanagement für Führungskräfte und Mitarbeiter veröffentlichen wollte.
Da die Stress-Spezialistin jedoch das Oeuvre nicht selber schreiben wollte, hatte sie nach einer guten Ghostwriterin gesucht und war im Siebengebirge fündig geworden. Die Unternehmenspublizistin, die bereits über 22 Bücher erfolgreich herausgebracht hat, schien ihr die perfekte Adresse. Ein Vertrag wurde aufgesetzt, mit dem die freie Autorin sowohl sprachlich wie auch gestalterisch freie Hand hatte.
Auftraggeberin zahlte Ghostwriterin 22.000 Euro als Vorschuss
27.500 Euro wurden als Honorar vereinbart; 22.000 Euro bekam sie als Vorschuss.
Aber das Manuskript, das spätesten Ende Mai 2020 vorliegen sollte, kam über zwei Wochen zu spät – und brachte die Ärztin in arge Bedrängnis mit ihrem Verlag. Auch war die Auftraggeberin mit der Vorlage denkbar unzufrieden. Viele ihrer Vorgaben seien nicht umgesetzt, ihre zentralen Anliegen nicht auf den Punkt gebracht worden.
Schließlich hatte das Produkt der Autorin über 145 Seiten mehr als die beauftragten 200 Seiten. Der Ghostwriterin wurde noch eine Mängelliste geschickt, die sie noch umzusetzen versuchte. Schließlich jedoch suchte sich die Medizinerin eine neue Autorin, die den Stress-Ratgeber in sechs Wochen verlagsbereit gemacht hat.
Bonner Landgericht: Ghostwriterin auf Rückzahlung des Honorars verklagt
Vor dem Bonner Landgericht hat die Medizinerin die Ghostwriterin jetzt auf Rückzahlung des bereits gezahlten Honorars verklagt.
Aber auch die Publizistin glaubte sich im Recht: In einer Widerklage forderte sie über 20.000 Euro für Resthonorar und Mehrarbeit. Der angebliche Zeitdruck mit dem Verlag („Ich musste beim Verlag zu Kreuze kriechen“) sei nur ein Vorwand, um einen Rücktritt aus dem Vertrag zu ermöglichen und sich an eine andere Autorin zu wenden.
Da ein solches Buch „ein geistiges Produkt“ sei, sei es in diesem Fall sehr schwierig, erbrachte und nicht erbrachte Leistungen aufzuteilen, so der Kammervorsitzende Stefan Bellin jetzt im Gütetermin, und sei ein Sonderfall des Werksvertrags.
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Keine Frage, die Beklagte habe die zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben des Vertrags in Teilen nicht eingehalten, deswegen sei ein „Null-Vergleich“ – keiner zahlt der anderen etwas – nicht angemessen.
Der Vorschlag der Richters, der von den Parteien schließlich auch akzeptiert wurde: Die Ghostwriterin zahlt an ihre ehemalige Auftraggeberin 10.000 Euro zurück. Mit dieser Lösung ist der Stress-Streit endgültig beigelegt. (AZ: Landgericht Bonn 1 O 81/21)