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Kritik an StadtverwaltungSanierung der Bonner Beethovenhalle verzögert sich weiter

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Die Sanierung der Beethovenhalle soll erst 2024 abgeschlossen werden, erklärte Stadtdirektor Wolfgang Fuchs.

  1. In einer Sondersitzung hat Stadtdirektor und Projektleiter Wolfgang Fuchs bekannt gegeben, dass die Beethovenhalle erst 2024 fertig saniert sein soll. Das sind sechs Jahre später als der ursprüngliche Termin.
  2. Eigentlich sollte die Halle pünktlich für das Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 „eingespielt” werden. Daraus wird aber nun nichts.
  3. Für die Bonner SPD ist das Projekt ein klarer Beweis für einen „Kontrollverlust der Verwaltungsspitze”. Sie fordert Konsequenzen.

Bonn – Ein Bonner Witzbold unkte gestern, die Stadt beteilige sich an einem innerdeutschen Wettbewerb, welcher öffentlicher Bau später fertig werde: der Berliner Flughafen, die Kölner Oper oder die Beethovenhalle. Die Bonner Halle hat gute Chancen, den Contest zu gewinnen. Denn am Mittwochabend hat Stadtdirektor Wolfgang Fuchs den Projektbeirat Beethovenhalle in einer Sondersitzung darüber informiert, dass sie wohl erst 2024 saniert sein werde – sechs Jahre nach dem ursprünglich anvisierten Termin.

2018 sollte das unter Denkmalschutz stehende Gebäude wiederhergestellt sein, um dann für das Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 „eingespielt“ zu werden. Statt eines Dirigenten, der sein Orchester leitet, haben in dem Haus an der Wachsbleiche aber Bauarbeiter das Sagen – wenn sie da sind. Denn der Terminplan ist mächtig durcheinander geraten seit dem Sanierungsbeginn Mitte November 2016. Vier Unternehmen, die für technische Gewerke zuständig waren, kündigten wegen der Zeitverzögerungen. Eine Firma konnte zurückgeholt werden, die aber einen Aufschlag von fünf Millionen Euro auf ihr bisheriges Honorar verlangte – und bekam.

Europaweite neue Ausschreibungen

Die übrigen Gewerke mussten europaweit neu ausgeschrieben werden. Ein Planungsbüro, das nur für die technischen Arbeiten angeheuert wurde, werde „die Kapazitäten auf das erforderliche Maß erhöhen und in ausreichendem Maße in das Projekt zurückkehren“, teilte das Presseamt nach der Sitzung mit. Das Büro arbeite zusammen mit der Bauleitung an einem neuen Gesamtterminplan.

Dafür ist eigentlich der Architekt zuständig, dessen Arbeit der Bauherr, das Städtische Gebäudemanagement (SGB), aber misstraut und deswegen sämtliche Vorgänge juristisch abklären lässt, um gegebenenfalls Schadensersatz einklagen zu können. Auf Druck der Stadt hat das Architektenbüro einen Subunternehmer verpflichtet, der das Objekt seit Juli überwacht und auch den Terminplan federführend aufstellt. Der soll nun im März vorliegen, sagte Wolfgang Fuchs, der Projektleiter. Er betonte in der Sitzung aber auch, er könne „für nichts“ mehr garantieren.

„Kontrollverlust der Verwaltungsspitze”

Diese Aussage ärgerte am Donnerstag die Bonner SPD: „Wenn ein Stadtdirektor nur noch mit Hoffnung argumentieren und für nichts mehr garantieren kann, dann manifestiert sich ein Kontrollverlust der Verwaltungsspitze in nicht hinnehmbarem Ausmaß“, meinte SPD-Vorsitzender Gabriel Kunze. Er glaubt, dass sich Oberbürgermeister Ashok Sridharan (CDU) hinter seinem Stadtdirektor verstecke, „anstatt endlich die Verantwortung zu tragen“. Der Parteichef weiter: „Wir erwarten, dass vor der Kommunalwahl alle Fakten auf dem Tisch liegen und die Bonnerinnen und Bonner auch hinsichtlich der Beethovenhalle die politische Bilanz von Ashok Sridharan bewerten können“.

Auch die SPD-Ratsfraktion sieht den OB in der Verantwortung für das Desaster. „Was wir im Projektbeirat erleben mussten, war nichts anderes als ein Offenbarungseid“, ärgert sich die Fraktionsvorsitzende Angelika Esch. Ihr Kollege von der FDP, Werner Hümmrich, zeigte sich „weniger überrascht über die steigenden Kosten, sondern vielmehr in höchstem Maße irritiert über die nun vorgelegte Zeitachse. Für die Zukunft erwarten wir eine weniger zurückhaltende Informationspolitik durch die Stadt.“

Von 60 Millionen auf 166 Millionen

Im schlechtesten Fall erhöhen sich die Kosten nach einer Prognose des SGB von rund 60 Millionen Euro auf 166 Millionen Euro, im günstigsten Fall auf 137 Millionen Euro. Der Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Tom Schmidt, Mitglied im Projektbeirat, hat aufgrund der Kündigungen verschiedener Firmen sowie der damit verbundenen Neuverhandlungen und -ausschreibungen erwartet, dass der Terminplan verschoben werden musste.

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Aber nicht, so erklärte er, „dass der zeitliche ,Nachschlag’ so heftig ausfallen würde“. Bis zum Ende des ersten Quartals 2020 wünschen sich die Grünen einen Vorschlag für eine optimierte Projektstruktur, eine definierte Obergrenze für das Gesamtbudget und einen stringenten Zeitplan bis zur Eröffnung der Beethovenhalle, der nicht mehr revidiert werden müsse.

Auf der Baustelle sind Abbrucharbeiten in allen Geschossen des Haupttrakts, des Eingangsbereichs und des Anbaus laut Stadt erledigt. Die Betonarbeiten im Studio seien weitgehend abgeschlossen. Wie berichtet, wurden bei der Überprüfung der Wärmedämmungen, die im Winter 2017/18 auf der Kuppelschale eingebaut worden waren, Mängel entdeckt; die Verklebung der Dämmung mit dem Untergrund war unzureichend. Das Kupferdach kann deshalb voraussichtlich erst im Frühjahr angebracht werden. Ins Dachtragewerk des großen Saals sind Stützen eingesetzt worden, da es eine durch Brandschutzauflagen erhöhte Last aushalten muss.