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Schüsse auf Königswinterer JungenÜberraschender Schritt in Prozess gegen Stiefvater

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Der Eingang zum Bonner Landgericht

Bonn/Königswinter – Im Prozess um die mysteriösen Schüsse auf einen elfjährigen Jungen in Bockeroth vom 8. April 2021 sollten am Mittwoch die Plädoyers gehalten werden. Doch dazu kam es nicht, die 8. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts wird möglicherweise noch einmal in die Beweisaufnahme einsteigen.

Pflichtverteidiger Uwe Krechel hat nämlich beantragt, den wegen schwerer Misshandlung eines Schutzbefohlenen, gefährlicher Körperverletzung und versuchten Mordes durch Unterlassung angeklagten Stiefvater des Kindes psychiatrisch untersuchen zu lassen. Das Gericht wird in der nächsten Woche über den Antrag entscheiden.

Schüsse stammen aus Waffe des Stiefvaters

Krechels Volte ist vielleicht der letzte Versuch, das Blatt zugunsten des Angeklagten zu wenden. Denn für die Kammer steht fest: Aus der Waffe des 33-Jährigen sind die drei Schüsse auf das Kind abgegeben worden. Die Richter stützen sich dabei auf das Gutachten eines Sachverständigen des Landeskriminalamtes (LKA). Er hat, wie berichtet, nachgewiesen, dass die im Körper des Jungen gefundenen zwei Projektile aus dem Luftdruckgewehr des Stiefvaters stammen.

Es wurde in einem Schrank im Keller des Wohnhauses aufbewahrt, dort machte der Angeklagte nach seiner Aussage auch Schießübungen auf Kerzen. Die Kammer schließt nicht aus, dass er am Tattag draußen geschossen hat, als der Junge auf einem Spielplatz in Bockeroth mit zwei Geschwistern und Freunden spielte. Die Frage, ob der Mann vielleicht auf ein anderes Ziel gefeuert hat, verneinte das Gericht und lehnte einen entsprechenden Beweisantrag der Verteidigung ab.

Gericht schmetterte Vorstoß des Wahlverteidigers ab

Jetzt schaltete sich der über Nacht vom Angeklagten - zu Krechels Überraschung - bestellte Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Bauer, mit der Erklärung ein, sein Mandant habe nicht geschossen, den Beweis könne ein neuer Sachverständiger erbringen; das LKA-Gutachten sei fehlerhaft. Bauers Vorstoß wurde abgeschmettert.

All diese Antragsablehnungen bedenkend, erklärte Pflichtverteidiger Krechel, er sehe bei dem Angeklagten, der seinen Stiefsohn wie sein eigenes Kind liebe, keine Motivation, dem Jungen etwas anzutun. Es sei denn, er habe „aus einem außergewöhnlichen Affekt, aus einer tiefen Bewusstseinsstörung gehandelt“ und dabei das Unrecht seiner Tat nicht erkennen und steuern können. Sollte ein Gutachter Krechels These bejahen, käme eventuell verminderte Schuldfähigkeit infrage.

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Die Tat am 8. April vergangenen Jahres hatte nicht nur in dem Dorf Bockeroth für Aufsehen gesorgt. Der Elfjährige – ein Autist, der nicht sprechen kann, - war am Mittag vom Stiefvater zum Spielen geschickt worden und Stunden später verletzt heimgekehrt, ohne dass die Wunden zunächst bemerkt wurden.

Erst als das Kind beim Abendessen zusammensackte, fuhr seine Mutter mit ihm zum Krankenhaus. Dort wurden drei Schussverletzungen entdeckt, eine davon von einem Streifschuss, Ärzte holten zwei Projektile aus dem Körper des Jungen. Lunge, Zwerchfell und Darm waren perforiert worden. Der Stiefvater geriet wenige Tage später in Verdacht, der Täter zu sein. Das bestreitet er.