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„Decke Pitter“ von EitorfPatriciusglocke ist die größte in der gleichnamigen Kirche

Lesezeit 3 Minuten

Auch wenn er sich redlich bemüht: Mit der Hand kann Küster Bernd Franke den schweren Klöppel nicht genug bewegen, dass er auf die Wand der riesigen Patricius-Glocke schlägt.

Eitorf – Dongggg. Tief und mächtig schallt es aus dem mehr als 60 Meter hohen Turm der Kirche St. Patricius, wenn Küster Bernd Franke die Taste 5 drückt. Ein Knopfdruck nur, und 1200 Kilogramm Bronze fangen an zu schwingen. Eine ganze Minute dauert es, bis die größte der fünf Glocken der neogotischen Kirche sich in die richtige Position vor- und zurückbewegt und der armlange Klöppel auf die Glockenwand trifft.

Höhenangst darf man auf dem Weg zur Turmspitze nicht haben.

Eine große, hölzerne Falltür unterhalb des Glockenstuhls im Kirchturm und eine Leiter an der Wand erinnern an die Zeit vor der Taste 5: An ein dickes Seil, das aus der Falltür herunterhing, musste man sich hängen und damit von der Leiter springen, um den Koloss zu bewegen. Heute macht das ein Motor. Ehrfurcht verlangt der Klang der Patricius-Glocke einem immer noch ab.

100 Stufen hat die schmale Wendeltreppe zum Turm.

Zum Hochamt und an Festtagen ist sie im Zusammenspiel mit dem Geläut ihren kleineren und deutlich jüngeren Schwestern zu hören. Bei Beerdigungen ertönt die mächtige Glocke, die dem gleichnamigen Pfarrpatron geweiht ist, allein. „Eine Glocke ist schon fast wie eine ehrwürdige Persönlichkeit“, findet Franke, der seit sieben Jahren hauptamtlicher Küster in St. Patricius und St. Petrus Canisius in Alzenbach ist.

Rund 60 Meter hoch ist der Turm der Kirche St. Patricius.

Die Patricius-Glocke, mit ihrem Durchmesser von 1,26 Meter und ihrem Gewicht von 1,2 Tonnen der „decke Pitter“ von Eitorf, ist eine besondere Persönlichkeit. 1631 wurde sie in Lothringen in der Werkstatt von Claudius Michelin und Johannes Vaillant gegossen, sie überlebte Kriege, wurde aus dem alten Kirchturm auf dem Markt in den 1902 errichteten Turm der dreischiffigen Bruchsteinbasilika von St. Patricius geschafft.

Immer wieder beeindruckt ist Küster Franke, wenn er die 100 ausgetretenen Steinstufen der engen Wendeltreppe im Turm emporsteigt, hoch über dem Kirchenschiff steile Holzleitern erklimmt, durch den schmalen Spalt zwischen Turmwand und Glockenstuhl schlüpft, auf Eichenbalken klettert und dann direkt neben der dicken, alten Dame sitzt.

Kettenantrieb der Glocken, die man früher mit dem Seil läutete.

„Es ist ein besonderes Gefühl, wenn man bedenkt, dass sie von fast 400 Jahren Ortsgeschichte erzählen kann“, sagt der ehemalige, selbstständige Mediengestalter, der nach 20 Jahren den Job wechselte und in den Dienst der Kirche trat.

Inschriften haben die drei Glocken, die 1956 gegossen wurden.

Die fünf Glocken mit dem Geläutemotiv „Salve Regina“, die im frei stehenden Glockenstuhl aus mächtigen Eichenbalken und Stahl hängen, erfüllen eine wichtige Aufgabe im Ort: Die kleinsten verkünden die Uhrzeit, indem ein Hammer an ihre Außenwand schlägt. Sie alle rufen nach einer Läuteordnung zur Andacht oder zum Gottesdienst. „Die Glocken wollen mit den Menschen kommunizieren“, ist sich Franke sicher.

Ein schmaler Holzsteg führt über das Dach des Kirchenschiffs.

Viel ursprünglicher und direkter als Brief, Telefonanruf oder Chat-Nachricht seien die Kirchenglocken. Das sogenannte Angelus-Geläut dreimal am Tag erinnere an die Botschaft des Engels Gabriel an Maria, erläutert der Eitorfer, der mit acht Jahren Messdiener in Alzenbach wurde. „Es ist eine Einladung an jeden, Ja zu sagen zu dem, was Gott mit einem vorhat. Das ist eine schöne Sache, das Leben anzunehmen wie es ist mit all den alltäglichen Sorgen und Nöten. “

Nur einmal im Jahr, in der Karwoche, schweigen die Glocken. Wenn nach dem Festgottesdienst an Gründonnerstag der letzte Ton verklungen ist, bleiben sie still bis nach Sonnenuntergang an Karsamstag. „Die Glocken gehen nach Rom“, heißt es im Volksmund.

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Auch die Orgel wird nicht gespielt, und Klappern ersetzen die Schellen im Gottesdienst. Eine stille Zeit sei das, die an das Leiden Christi erinnert, erklärt Franke. Wenn etwas so Alltägliches wie der Klang der Kirchenglocken auf einmal fehle, werde es den Menschen wieder bewusst, glaubt der 51-Jährige. Umso schöner und besonderer sei es, wenn sie wieder läuteten. Nach dem „Gloria“ im 21-Uhr-Gottesdienst an Karsamstag kann er es dann endlich wieder tun: die Tasten 1 bis 5 drücken.