WaldsterbenWanderer informiert über den Klimawandel
Eitorf/Windeck – Er hat seinen Job als Forstbeamter nach 30 Jahren gekündigt, seine Wohnung aufgegeben und sein Auto verkauft. Jetzt übernachtet er trotz der winterlichen Temperaturen auf einer Isomatte im Wald und trinkt nur Wasser aus den Bächen. Gerald Klamer (54) ist allerdings kein Obdachloser, sondern „der Waldbegeisterer“ und wandert für sein Projekt täglich rund 30 Kilometer durch den Wald – an manchen Strecken auch durch das, was noch davon übrig geblieben ist.6000 Kilometer will Klamer bis Mitte November durch ganz Deutschland tippeln, um auf den schlechten Zustand der Wälder aufmerksam zu machen. Er wird aber nicht nur dokumentieren, wie es um den Wald steht, sondern auch aufzeigen, welche Ansätze es zur Überwindung der Klimakrise gibt.
Zu seinem Wandergepäck gehören nur die notwendigste Ausrüstung wie ein guter Schlafsack und eine Plane, etwas Kleidung zum Wechseln und ein wenig Technik. „Das muss ja auch alles geschleppt werden“, sagt Klamer.
Extra-Stopp eingelegt
Auf dem langen Marsch trägt er spezielle Laufschuhe. „Mit diesen Trail-Running-Schuhen komme ich bestens zurecht“, erläutert Klamer, der schon durch alle Kontinente gewandert ist.
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Er übernachtet regelmäßig im Wald, bis auf die wenigen Tage, an denen er eingeladen wird oder ein Hotel aufsucht. Bei seiner anspruchsvollen Tippeltour ernährt sich Klamer mit besonders energiereichem Essen: morgens Müsli, mittags Schokolade und abends Haferflocken mit Creme. Wenn er in Dörfern an Lebensmittelgeschäften vorbeikommt, kauft er sich dort Obst und Gemüse.
Gestartet war er in Marburg. Am zehnten Tag seiner Wanderung folgte er jetzt dem Nutscheid-Höhenrücken durch Windeck und Eitorf. Dort traf er sich mit der Gruppe „Wald mit Zukunft“ vom Eitorfer Klimatreff, die von seinem Projekt erfahren hatte. Auf Wunsch von Carmen Ulmen und ihren Kollegen hatte er Eitorf zusätzlich in seine Wanderroute eingeplant.
Über Erlebnisse informiert
An der Storker Hütte informierte er über seine bisherigen Erlebnisse und seine Lösungsansätze. Der Arbeitskreis des Klimatreffs führt derzeit intensive Gespräche über die Zukunft des Waldes mit Waldbesitzern, Vertretern des Forstamtes und Naturschützern. Für den Sommer sei eine Veranstaltung in der Biostation geplant, bei der informiert werden solle, wie man Klimaschutz und Naturschutz zusammenbringen könne, berichtet Carmen Ulmen.
„Die Nutscheid ist besonders stark getroffen von den jetzt drei Dürrejahren und den Borkenkäfern“, betonte Klamer bei seinem Stopp in Eitorf. Anstelle der reinen Fichtenbestände müsse der Wald künftig in einen gesunden Mischwald umgewandelt werden mit Eichen, Kirschen und Buchen. Die neuartige Trupp-Pflanzung auf den Kahlschlag-Flächen hält der Fachmann für einen Schritt in die richtige Richtung.
Allerdings äußert er sich skeptisch zu den Kunststoffröhren, mit denen die neuen Pflänzchen vor dem Wild geschützt werden sollen. Deren Einsatz koste nicht nur um die drei Euro pro Stück, sie müssten schließlich auch noch entsorgt werden. Klamer: „Das wichtigste ist die Regulierung des Wildbestandes, es gibt viel zu viele Rehe bei uns.“
Bei seiner Tour will der Waldbegeisterer sich mit Forstbetrieben, Wissenschaftlern und Bürgerinitiativen treffen und dafür insgesamt 60-mal Station machen. Dabei wird er Vorträge halten und Waldspaziergänge mit Publikum durchführen, soweit Corona das zulässt. Auch die Nationalparks mit ihrem hohen Waldanteil wird er dabei durchwandern.
Eine einzige kleine Pause hat Klamer bei seiner Tour für den Sommer eingeplant, da will er zur Hochzeit seiner Nichte. Nach seiner Wanderung möchte er ein Buch schreiben über sein Projekt, um ähnlich wie sein inzwischen berühmter Försterkollege Peter Wohlleben auf die Bedeutung des Waldes hinzuweisen. Zeitweise wird er schon jetzt von einem Team begleitet, das einen Film über sein Projekt dreht.
Über den Stand des Wanderprojektes kann man sich im Internet informieren.