Windeck – Zu einem Treffen besonderer Art kam es in Dattenfeld. Axel Schönfelder, der neue Eigentümer der Burg Dattenfeld, kam mit der 1923 in der Burg geborenen Vera Lwowski-Caminneci zu einem Plausch über alte Zeiten zusammen. Die Burgleute waren sozusagen unter sich. Vera Lwowski hatte Schönfelder eingeladen, weil sie von dem besonderen Engagement des neuen Burgbesitzers für ihr Elternhaus gehört hatte.
In dem rund zweistündigen Treffen bei Kaffee und Kuchen im heutigen Wohnhaus von Vera Lwowski-Caminneci in Dattenfeld, dem Direktionsgebäude der ehemaligen Pulvermühle Elisenthal, berichtete Schönfelder über seine Motivation zum Kauf des alten Gebäudes und seine Pläne zur Restaurierung, zum Erhalt und zur künftigen Nutzung.
Wichtig sei ihm, so Schönfelder, der die Burg selbst nicht bewohnen will, dass er seine Freude an dem historischen Gebäude und seine Nutzung künftig mit vielen Menschen teilen könne. So plant er, die Burg für Veranstaltungen und Feiern wie Hochzeiten zur Verfügung zu stellen. Vera Lwowski-Caminnecis Familie hatte sie mitsamt ausgedehnten Ländereien im Jahr 1921 von der Witwe des Barons Hugo von Leonhart gekauft.
In der Burg hinter der Kastanienallee an der Dattenfelder Hauptstraße und dem weitläufigen Park mit Fischteich, dem jetzigen Dattenfelder Freizeitpark, wuchs die heute 94-jährige zusammen mit ihrem Bruder Manfred auf. Von hier aus verwaltete ihr Vater Waldemar Caminneci den land- und forstwirtschaftlichen Besitz seiner aus Palermo/Sizilien stammenden Familie. Dazu gehörten neben dem Ostersonntag 1945 in Brand gesetzten ehemaligen Schloss Windeck auch fünf Bauernhöfe und das Gelände der Pulvermühle im Elisenthal. Lwowski schilderte, wie ihr handwerklich sehr geschickter Vater sich intensiv um eine funktionierende Wasser- und Stromversorgung im Ort Dattenfeld kümmerte.
Er baute auch mit Unterstützung eines Installateurs die erste Koks-Zentralheizung in der Burg ein und nutzte die Wasserkraft des angestauten benachbarten „Köttelbachs“ für das erste elektrische Licht in der Burg. Ihr Vater besaß in den 20er und 30er Jahren einen Röntgen-Apparat, den der Leiter des Dattenfelder Krankenhauses, Dr. Molly, nutzte, weil das Krankenhaus ein solches Gerät nicht besaß. Nach dem Tod ihres Vaters 1946 sei der Apparat als Geschenk dem Krankenhaus übereignet worden, erinnert sich die Seniorin.
Im Burgpark hatte ihre Mutter Julie Caminneci damals große Spargelbeete anlegen lassen, die sie aus ihrer Heimat im Großraum Köln kannte. Im Park hielt Vera Lwowski-Caminneci viele Tiere in Volieren und auch ein Reitpferd, ein ehemaliges Polopferd. In der Burg wurde ihr erstes Künstleratelier eingerichtet, und dort begann ihre Karriere als Tierbildhauerin.
Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg
Lwowski berichtete Schönfelder auch über die Zeiten der Burg im Dritten Reich und die Einquartierung deutscher Soldaten 1939. „Mein Vater hat mit seinem Auto die Feuerwehrspritze der Freiwilligen Dattenfelder Feuerwehr zu den Brandorten gefahren, weil es noch kein Feuerwehrauto gab,“ weiß sie. Von der Druckwelle, die beim Sprengen der Übersetziger Brücke durch deutsche Soldaten 1945 entstand, wurde ein Großteil der Buntglasfenster in der Burg eingedrückt. „Dadurch wurde es endlich hell in den Zimmern“, schmunzelte die alte Dame.
Vera Lwowski berichtete, wie zunächst belgische, dann amerikanische Besatzung 1945 in Dattenfeld und auch in der Burg Quartier nahmen und ihre Familie aus der Burg wiesen. Dabei hätten sich „die Besatzungssoldaten ziemlich rüde verhalten“, sagt Lwowski. Sie erinnert sich auch noch genau an den Verkauf des Gebäudes durch sie und ihren Mann Wolfgang Lwowski Anfang der 60er Jahre: „Da haben wir sehr viel Zeit für das Nachzählen des Kaufgeldes benötigt, weil der Mann mit einem Koffer voller 50-DM-Scheine kam."
Vera Lwowski will jetzt dem neuen Burgbesitzer Schönfelder eine Buntkopie der noch in ihrem Besitz befindlichen historischen Bauzeichnung aus dem 19. Jahrhundert schenken. Zudem werde sie Fotos rund um die Burg aus der Zeit zwischen 1921 und den 60er Jahren zusammenstellen.