Zukunft EitorfsRatspolitiker fühlen sich von Bürgermeister Viehof erpresst
Eitorf – „Man hat uns die Pistole auf die Brust gesetzt“: Timo Utsch, Fraktionsvorsitzender der FDP, war sichtlich entsetzt über das Vorgehen von Bürgermeister und Verwaltung in der Ratssitzung am Montag. „Ich fühle mich unter Druck gesetzt.“ So wie ihm ging es der Mehrheit der anwesenden Politiker, die sich nach eigenen Aussagen geradezu „erpresst“ fühlten.
Statt über die drei auf der Tagesordnung stehenden Unterpunkte zum weiteren Vorgehen im Integrierten Handlungskonzept entscheiden zu können, hatten die Ratsmitglieder im Prinzip nur die Wahl, alles im Paket zu beschließen. Denn die Verwaltungsspitze auf der Bühne im Leonardo hatte klargemacht: Werden Einzelmaßnahmen abgelehnt, bedeutet dies das Aus auch für die anderen Projekte. Wer also die Sanierung und den Umbau des Theaters am Park mit bewilligten Fördergeldern wolle, müsse auch Marktplatz und Eipstraßen-Karree mit angehen.
Der Name sage es doch schon, war die Antwort des Ersten Beigeordneten Karl Heinz Sterzenbach: „Es handelt sich um ein Integriertes Handlungskonzept. Die drei Bausteine sind Teil eines Ganzen.“
Viehof betont die Chance im Neustart
Die Herabstufung der Förderdringlichkeit auf den niedrigen C-Status und die damit einhergehende Notwendigkeit, das weitere Vorgehen beim Integrierten Handlungskonzept (InHK) neu zu planen und zu beschließen, böten auch eine Chance, hatte Bürgermeister Rainer Viehof (parteilos) schon im Vorfeld immer wieder betont.
„Beim Theater am Park könnten wir einen geordneten Re-Start hinlegen“, erklärte auch Sterzenbach und wies darauf hin, dass selbst eine reine Instandsetzung des Theaters für die Gemeinde allein kaum zu stemmen sei: „Das Gebäude ist in einem Un-Zustand. Das Dach macht uns Sorge, es gibt energetische Sachen – wenn wir es in einen ordentlichen Zustand versetzen wollen, kostet uns das auch sieben bis zehn Millionen Euro. Es soll aber ja integrativ sein, und das ist an dieser Stelle auch dringend nötig!“
Um die Chance auf 70 Prozent Förderung zu erhalten, müssten Maßnahmen für Theater, Eipstraßen-Karree und Marktplatz als Paket bis Ende September bei der Bezirksregierung eingereicht werden, sagte Bürgermeister Viehof. „Das ist nicht verhandelbar!“
Auch die SPD lehnt das Vorgehen ab
Von der Ganz-oder-gar-nicht-Devise zeigte sich nicht nur Timo Utsch überrascht. „Wir sehen das als konstruiert“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Sara Zorlu. Ihre Fraktion glaube nicht an die vom Bürgermeister beworbenen „guten Chancen“ auf Fördergeld für das Gesamtpaket. „Wir müssen mit einer Ablehnung rechnen. Den Weg, den Marktplatz selber zu sanieren, den können wir gehen. Wir sollten jetzt mal kleine Brötchen backen.“
Nach einer Sitzungsunterbrechung, in der die Fraktionen hitzig diskutierten, stellte Nina Droppelmann von den Grünen klar: Eine solche Entscheidung könne jetzt nicht gefällt werden. „Wir müssten einem Projekt zustimmen, von dem wir weder Kosten noch Pläne kennen!“ Sie forderte eine Verschiebung. Auch Bernd Thienel von der SPD sah das so. Zum Marktplatz gebe es „ja nicht einmal den Ansatz einer Idee“.
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Den Schuh wollte sich Sterzenbach nicht anziehen: „Richtig, wir haben keinen Tiefbauplan, eine strategische Wegweisung haben wir aber schon: Es gibt einen Ratsbeschluss vom 9. Dezember 2019 dazu.“ Nach dem soll der 2016 beschlossene Entwurf der Architekten wieder aufgegriffen und „Details aus der Anregung der Bürgerinitiave“ einbezogen werden.
Es stehe doch nur eine konkrete Verfahrensweise zur Abstimmung, warb Viehof für eine schnelle Entscheidung, die Zeit für die Beantragung von Fördermitteln sei knapp. Unter Druck setzen lassen wollte sich die Mehrheit der Ratspolitiker nicht.
„Die Kosten sind trotz Fördermitteln gewaltig“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Jochen Scholz. Er wolle nicht „heute etwas beschließen, wenn ich nicht weiß, was morgen kommt“.Und so wurde mehrheitlich (8 SPD, 4 FDP, 4 Grün, 2 UWG, 2 BfE und 1 Linke) für eine Vertagung der Entscheidung auf die nächste Ratssitzung am 28. Juni gestimmt. Bürgermeister Rainer Viehof enthielt sich.
Weichenstellung steht bevor
Am Dienstag standen die Änderung des Bebauungsplans und der Beschluss einer weiteren Veränderungssperre für den ehemaligen Extra-Baumarkt auf der Tagesordnung des Stadtplanungsausschusses. Auf Antrag von Anna Haas (Grüne) wurde dieser Tagesordnungspunkt einstimmig (mit einer Enthaltung der CDU) allerdings auf die nächste Sitzung des Ausschusses verschoben. Auch die Vorstellung der Planungen für den Gebäudekomplex durch Maike Sanktjohanser von Petz Rewe war kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden.
Die nun verschobenen Punkte werden eine Weichenstellung auch für das InHK sein, wie Staatssekretär Jan Heinisch in einem Schreiben an den Bürgermeister deutlich machte. Bei so vielen Bewerbern um Städtebau-Fördermittel würden „diejenigen Kommunen, die zentrenschädigende Einzelhandelsansiedlungen nicht unterlassen, nachrangig priorisiert“.
Der Gemeinde wurde vom Ministerium empfohlen, „sich mit der örtlichen Politik neu aufzustellen und einen Riegel vor weitere Ansiedlungen in Gewerbegebieten zu schieben, die sich negativ“ auf das Zentrum auswirken könnten. Eine Veränderungssperre und eine Deckelung der Quadratmeter für die von der Ratsmehrheit bewilligte Ansiedlung von Einzelhandel sei notwendig.
Außerdem erinnerte der Staatssekretär daran, dass Eitorf bei den Arbeiten hinterher hinkt. Eine zügige Umsetzung der geförderten Baumaßnahmen im Theater am Park waren aber Voraussetzung für die Finanzspritze. Nun muss die Verwaltung mit der Bezirksregierung „eine gangbare Lösung“ erarbeiten, so Heinisch, wie „angesichts der Zeitschiene mit den bereits bewilligten Mitteln und den Mehrkosten umzugehen ist“. Eine Rückzahlung samt Zinsen könnte drohen.