Eitorf – Eine bittere Pille hat der Regionalrat NRW der Gemeinde kurz vor Jahresende serviert: Das Integrierte Handlungskonzept (IHK), mit dem der Innenort umgestaltet werde sollte, ist in der Förderdringlichkeit von der höchsten Stufe A auf C heruntergesetzt worden.
Damit geht eine Finanzspritze in Millionenhöhe verloren. Die ambitionierten Projekte Marktplatz, Eipstraßenquartier und Theater am Park könnten schlimmstenfalls vor dem Aus stehen. „Das ist nichts anderes als eine Strafmaßnahme“, urteilt Bürgermeister Rainer Viehof (parteilos), „dafür, dass wir ein leerstehendes Gebäude zwischen anderen Discountern mit der Ansiedlung eines Aldi-Markts zu einem attraktiven Discounter-Zentrum machen.“
Auch der Erste Beigeordnete Karl Heinz Sterzenbach vermutet, dass der mehrheitliche Ratsbeschluss aus dem Dezember 2019, die Fläche des ehemaligen Extra-Baumarkts als Sondergebiet für Einzelhandel im Bebauungsplan auszuweisen, die Herunterstufung verursacht hat. Gutachter hatten zuvor gewarnt, dass die Ansiedlung von Aldi, einem dm-Drogeriemarkt und einem Blumenladen im Gewerbegebiet Im Auel den Einzelhandel im Innenort schädige und die Aussicht auf eine finanzielle Förderung durch das Land schmälere.
Theater am Park wurde nicht heruntergestuft
Ob der Geldhahn für alle Projekte im IHK zugedreht wird, weiß man in der Gemeindeverwaltung noch nicht. Für den Umbau des Theaters im Park in ein Kultur- und Weiterbildungszentrum lägen Mittel zum Abruf bereit, erläutert Sterzenbach. Für die Neugestaltung von Eipstraßenquartier und Marktplatz seien Fördermittel für vorbereitende Maßnahmen bereits geflossen. Ob dieses Geld nun eventuell sogar zurückgezahlt werden müsse, wisse er noch nicht. Darüber habe das Ministerium noch nicht informiert.
Das Theater am Park sei nicht heruntergestuft worden, teilte Denis Heidel, Sprecher der Bezirksregierung, auf Anfrage mit. Große Chancen hat das Projekt vermutlich dennoch nicht: „Angesichts der mehrfachen Überzeichnung des Förderprogramms hat ein solcher Antrag keine Priorität gegenüber der Vielzahl von Anträgen aus anderen Kommunen“, so Heidel. Im Jahr 2018 sei ein Erstantrag bewilligt worden, doch bis heute sei nicht mit dem Bau begonnen worden. Für Anfang des Jahres 2021 seien aber Gespräche mit dem Ministerium, der Gemeinde und der Bezirksregierung angesetzt.
Viehof kontaktierte Ministerium
Viehof will diese Pille nicht so einfach schlucken. Er habe das Ministerium bereits angeschrieben und seine Vorstellungen für die Entwicklung des Innenorts dargelegt. „Wie kann man uns so einfach runterstufen, bloß weil man meint, fehlerhafte Impulse zu erkennen?“
Mit der richtigen Vision sei die Ansiedlung der drei Märkte sehr wohl verträglich mit dem Einzelhandel im Innenort, erläutert der Bürgermeister. Er hatte als Galionsfigur der Bürgerbewegung für den Erhalt der Parkplätze auf dem Marktplatz maßgeblich zum Bürgerentscheid beigetragen, der einen Stopp der bisherigen Verwaltungspläne zur Folge hatte.
Die Pläne aus der Kampagne bringt er jetzt noch einmal ins Spiel: Die Tieferlegung der Bahntrasse in der Brückenstraße zum Beispiel bringe den Vollsortimenter Rewe näher an den Innenort. Für so große Geschäfte habe man im Ortskern doch gar keine Flächen, er sieht hier Fachgeschäfte, die zum Flanieren einladen: „Kleidung, Schuhe, Accessoires.“
Dringend umgebaut und saniert werden müsse der Marktplatz, auf dessen holprigem und losem Pflaster die Menschen leicht stürzten. Damit solle auch gleich die Verkehrsberuhigung einhergehen: weniger Parkplätze auf dem Marktplatz als jetzt, dazu ein Schrankensystem und Kurzzeitparken. Parkplätze will er auf dem weitläufigen Rathaus-Areal anlegen, dazu neue Gebäude, in denen Geschäfte, ein Fitness-Center und ein Restaurant vorstellbar seien. Das Rathaus selbst soll abgerissen und auf dem Schulgassenareal neu gebaut werden, wo noch Feuerwehr und Bauhof sitzen. Deren Umzug ist für März 2021 anvisiert.
SPD-Chefin zeigt sich pessimistisch
Eine Sanierung des maroden 50er-Jahre-Rathauses sei keine Option: „Da öffnen wir die Büchse der Pandora.“ Auch im Rathaus-Neubau kann er sich die Ansiedlung von Ladenlokalen und Büros vorstellen, da man in Zukunft vermehrt auf E-Government setzen werde.
Auch die Eitorfer Einzelhändlern wolle die Verwaltung dabei unterstützen, fit zu werden für den Online-Handel als Ergänzung zu ihren Ladenlokalen. Das alles seien gute Gründe, im Förderprogramm wieder auf die Dringlichkeitsstufe A hochgestuft zu werden. „Obwohl das Brett sehr dick ist, das wir bohren müssen.“
SPD-Chefin Sara Zorlu ist da wenig optimistisch. Ihre Fraktion hatte gegen die Änderung des Bebauungsplans für den Extra-Baumarkt und damit die Ansiedlung eines weiteren Discounters im Auel gestimmt. „Die anderen Fraktionen sind im Wahlkampf umgekippt.“ Dadurch sei der Außenort in Konkurrenz zum Innenort gestärkt worden, was in Düsseldorf zur „denkbar schlechtesten Entscheidung“ in Bezug auf Fördermittel geführt habe. Für die Umgestaltung des Ortskerns sieht sie nun schwarz: „Eine vertane Chance.“