Tunnel statt ÜberführungDie Vision des Eitorfer Bürgermeisters erhält klare Absage
Eitorf – Das hat es wohl noch nie gegeben: Öffentlich distanziert sich der Erste Beigeordnete von seinem Bürgermeister. Im Ausschuss für Stadtentwicklung sollte die Vision von Bürgermeister Rainer Viehof zur Bahntieferlegung diskutiert werden. Und direkt stellte der Erste Beigeordnete Karl Heinz Sterzenbach klar: „Ich habe eine abweichende Meinung.“
Es sei „sehr unwahrscheinlich“, dass ein 1,5 Kilometer langer Tunnel für die Bahngleise durch den Eitorfer Ortskern gebaut werden könne. Und wenn doch, spreche man hier von einer Zeitschiene von 30 Jahren. „Ich kann diesen Punkt weder unterstützen noch verantworten.“
Vehement sprach er sich gegen den Antrag Viehofs aus, die seit 25 Jahren laufenden Planungen für eine Bahnüberführung an der Brückenstraße ruhend zu stellen.
Nicht nur, dass damit eine mühsam erarbeitete Lösung für die stark befahrene Brückenstraße verzögert oder gar verhindert würde, die Gemeinde sei nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz sogar verpflichtet, dort schnell zu handeln. Der Bahnübergang Brückenstraße in der Nähe einer Grundschule sei eine potenzielle Gefahrenlage. „Ich mache mir da schon seit Längerem Sorgen, dass etwas passiert.“
Eitorfer Bürgermeister Viehof glaubt weiter an die Tunnellösung
Er hätte es gut gefunden, wenn der Beigeordnete seine Bedenken zuvor ihm gegenüber formuliert und nicht gleich öffentlich gemacht hätte, konterte Viehof. „Aber okay.“ Das habe er sehr wohl gemacht, „lieber Rainer“, so Sterzenbach, der unter Beifall aus dem Plenum betonte, es sei wichtig, „den Bahnübergang nach Kräften und zügig mit der DB weiter zu verfolgen“.
Ein solches Gespräch habe es nicht gegeben, insistierte der Bürgermeister („aber okay“), der wissen wollte, wie sein Beigeordneter auf geschätzte 200 Millionen Euro für die Tunnellösung gekommen sei, die dieser überraschend in der Ausschusssitzung aufs Tapet gebracht habe. „Ganz einfach“, so Sterzenbach, der bereits 2011 mit der DB Netz und der Bezirksregierung eine solche Variante durchgespielt hatte. „Beide waren damals unisono der Meinung, unter 150 Millionen Euro geht es nicht. Ich habe noch die Baukostenerhöhung drauf gerechnet und bin auf 200 Millionen gekommen – und das ist vorsichtig geschätzt.“
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Er glaube dennoch an die wegen der hohen Kosten und der langen Baudauer damals verworfene und von ihm nun modifizierte Variante, unterstrich Viehof: „Ich bin nicht davon überzeugt, dass das nicht zu realisieren ist.“
Er gab zu bedenken, dass örtliche Unternehmen Probleme bekämen, werde der Bahnübergang Siegstraße geschlossen, so wie von der DB angekündigt. Dann käme zum Beispiel kein Autotransporter mehr zum ansässigen Händler. Und: „Wenn wir das jetzt nicht machen, wird es weg sein.“
Für seine hoch gegriffene Vision von unterirdischen Bahngleisen, einem Tunnelbahnhof und gar dem Abriss der Hochstraße bekam er auch aus dem Plenum ordentlich auf die Kappe: „Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen“, zitierte Dietmar Tendler (SPD) Alt-Kanzler Helmut Schmidt.
Meinungen aus dem Rat
Der Rat machte sich einheitlich dafür stark, die Planungen für die Überführung Brückenstraße nicht ruhend zu stellen, sondern weiter zu verfolgen. Bürgermeister Rainer Viehof zog daher seinen Antrag darauf zurück. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, Gespräche mit der DB zur Tieferlegung der Bahntrasse zu führen, um belastbare Fakten liefern zu können.
Anders als sein Parteifreund Dietmar Tendler kritisierte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Bernd Thienel die Vision Viehofs nicht: „Es ist unbenommen, dass diese Idee etwas hat“, sagte er. „Sie ist aber unrealistisch. Wenn wir uns diese schöne Vision leisten könnten, würden wir sie machen.“ Der Bürgermeister habe vom Ersten Beigeordneten Belege verlangt – das wolle die SPD-Fraktion aber auch vom Bürgermeister.
Mit dem Blick einer Zugezogenen, wie sie sagte, lobte Anna Haas von den Grünen die Vision einer Untertunnelung: „Es gibt keine bessere Lösung für Eitorf. Ich kann der Idee ganz viel abgewinnen.“ Allerdings betonte auch sie, dass belastbare Informationen und Fakten fehlten. Sie warnte davor, aufgrund reiner Annahmen des Bürgermeisters die seit Jahren intensiv geplante Überführung ruhend zu stellen und regte an, für die Trassen-Idee alle Akteure an einen Tisch zu bringen, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen sei.
Beide Planungen könne man doch parallel laufen lassen, schlug Dieter Meeser (BfE) vor, und zunächst die noch vage Idee einer unterirdischen Trasse auf Machbarkeit prüfen. „Wenn wir wissen, ob sie umsetzbar ist, kann man erst über Kosten reden. Vielleicht sollten wir mal langfristig planen. Wir alle wissen, die Maßnahme von Viehof ist die beste.“ (seb)