EitorfVier Bewohnerinnen im „Haus am Eipbach“ feiern dreistelligen Geburtstag
Eitorf – Sie gibt es fast ausschließlich im Doppelpack: Lotte Offermann und Agnes Diegel sind seit mehr als 80 Jahren befreundet. Im Seniorenheim „Haus am Eipbach“, in dem beide leben, hat man sich darauf eingerichtet: Weihnachtsfeier, Mittagstisch, Unterhaltungsangebot – „beide werden immer zusammen eingeplant, beide sitzen immer zusammen“, berichtet Einrichtungsleiterin Julia Naumann.
Beide hatten sich in Köln bei ihrer Ausbildung zur Stickerin kennengelernt. Als Köln bombardiert wurde, floh Lotte Offermann mit ihren Eltern und zwei Geschwistern nach Porz-Urbach zur Familie von Agnes Diegel. Auch nach Kriegsende blieben die jungen Frauen in Urbach, lernten dort ihre Männer kennen und zogen ihre Kinder groß. Sie gingen zusammen tanzen und fuhren gemeinsam in den Urlaub nach Oberstdorf.
Lotte Offermann und Agnes Diegel planen gemeinsame Geburtstagsfeier
Und als die heute 101-jährige Agnes Diegel im Dezember 2018 nicht mehr allein leben konnte, stand für sie fest: Sie wollte nach Eitorf zu ihrer zwei Jahre jüngeren Freundin Lotte ziehen, die bereits seit Anfang 2018 im „Haus am Eipbach“ lebte.
Die beiden wohnen im selben Wohnhaus und planen bereits ihre gemeinsame Geburtstagsfeier in diesem Jahr. Am 3. März 2022 wird Lotte Offermann 100 Jahre alt, 15 Tage später feiert Agnes Diegel ihren 102. Geburtstag.
Anna Balke ist seit Juli 100 Jahre alte
Die beiden rheinischen Frohnaturen sind nicht die einzigen 100-Jährigen, die im „Haus am Eipbach“ leben. Es gibt dort das Kleeblatt der 100-Jährigen. Eine der ersten Bewohnerinnen, die 2016 in die damals neu eröffnete Seniorenresidenz in der Leienbergstraße einzog, war Anna Balke.
„Das war nicht leicht für mich“, erinnert sie sich. Sie hatte ihr ganzes Leben in Gladbeck gelebt. Auch nach dem Tod ihres Mannes, mit dem sie 54 Jahre verheiratet war, blieb sie allein in ihrer Wohnung. Nach einem Sturz jedoch zog sie in die Einrichtung nach Eitorf, um in der Nähe ihres Sohnes zu sein.
„Wir machen dann Biografiearbeit, damit wir die Bewohner kennenlernen“, berichtet Naumann über die erste Zeit der Neuankömmlinge. Dazu gehöre Gedächtnistraining, das Erinnerungen an die vergangenen Zeiten aufleben lasse, und das Betrachten von alten Fotos.
Anna Balke hatte viel zu erzählen: Als junges Mädchen arbeitete sie bei Edeka im Großhandel und lernte mit 27 ihren Mann kennen. Sie heirateten, zur Hochzeit gab es eine Waschmaschine. „Das war zu dieser Zeit etwas Besonderes, und viele haben mich darum beneidet.“
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So wie sicher auch um die Nähe zu einem politischen Schwergewicht: Der Cousin ihres Mannes war Siegfried Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen und später Bundesminister für Atomfragen. Bei Familienfeiern berichtete er schon mal vom Besuch des Schahs von Persien und seiner Frau Soraya.
Im Juli wurde sie 100 Jahre alt, liest immer noch viel und sieht gern fern. „»Sturm der Liebe« darf ich nicht verpassen“, sagt sie lächelnd. Einmal im Monat telefoniert sie mit ihrer Freundin in Australien. „Solange, bis die Telefonkarte, die sich meine Freundin extra für ihre Auslandsgespräche zugelegt hat, leer ist.“
Käthe Gnacke ist bereits 102 Jahre alt
Eine echte Eitorferin ist die vierte im Club der 100-Jährigen: Käthe Gnacke zog 2017 ins „Haus am Eipbach“. In Müllenacker war sie aufgewachsen, verlor ihren ersten Mann im Zweiten Weltkrieg in Russland. In den 70er Jahren zog sie nach Windeck-Herchen und lernte dort ihren zweiten Mann kennen. „Wir sind uns des Öfteren auf der Straße begegnet. Irgendwann fragte er mich, ob ich auch so einsam sei und ob wir nicht gemeinsam einsam sein wollten. Da hab’ ich Ja gesagt“, erzählt die 102-jährige Käthe Gnacke lachend über den ungewöhnlichen Heiratsantrag.
Ihr Herz schlug für den Karneval, egal ob Auftritte als Funkenmariechen oder Büttenreden – die Eitorferin war immer mittendrin. Auch in der Seniorenresidenz ist das nicht anders: Sie spielt immer noch Gesellschaftsspiele und nutzt jede Veranstaltung des Hauses zum Tanzen.
„Es geht ihnen nicht jeden Tag gleich gut, es gibt Tage, da kann man mit ihnen durch die Einrichtung laufen, und es gibt Tage, da muss man ihnen Ruhe geben“, erzählt Naumann über das Leben mit den 100-Jährigen. Eins lassen sich die vier aber selten entgehen: „Die Damen kommen zur Zeitungsrunde, wo man gemütlich sitzen und gemeinsam die Tageszeitung lesen kann.“