Europas drittgrößter Reiseanbieter FTI hat Insolvenz angemeldet. Die Nachricht sorgt für viel Trubel in den Reisebüros.
InsolvenzTelefone in den Reisebüros in Rhein-Sieg stehen nach der FTI-Pleite nicht mehr still
Der Sommerurlaub war schon in Sichtweite – doch jetzt werden viele umplanen müssen. Dem Reiseveranstalter FTI ist das Geld ausgegangen, die Insolvenz hat unmittelbare Folgen für alle, die gerade mit dem Unternehmen auf Reisen sind oder dies für die nächste Zeit geplant hatten. Das spürten nach der Nachricht über die Pleite auch die Reisebüros in der Region.
„In erster Linie Arbeit“ bedeute die FTI-Pleite für die Branche, sagte Petra Sültenfuß, Inhaberin von „Reisen + mehr“ in Niederkassel. Konkret sei das aber abhängig davon, was in den vergangenen Wochen und Monaten gebucht wurde: Ganz unerwartet kam die Insolvenz für Petra Sültenfuß nicht, auch wenn es Aussichten auf einen Investor für das Unternehmen gegeben habe. Entsprechend haben Sültenuß und ihre beiden Kolleginnen „das ohnehin schon vorsichtiger verkauft.“
Kunden müssen sich gut überlegen, ob sie das Risiko eingehen wollen
Ein paar Kunden seien dennoch derzeit unterwegs, die seien aber gut versorgt. „Es klappt gut mit dem Sicherungsschein“. Für alle anderen Kunden gelte „wie immer in der Touristik", dass alle zusammenarbeiteten. Zum Beispiel beim sogenannten Preis-Matching: Sie versuchten die Preise zu übernehmen, die vor Monaten für eine Reise bezahlt wurden, die aber kurzfristig viel teurer wäre.
Wer als FTI-Kunde kurzfristig verreisen wolle, müsse sich überlegen, ob er das Risiko eingehen wolle, gab Petra Sültenfuß zu bedenken: Denn noch gebe es einen Vertrag über die gebuchte Reise. Sollte die dann doch noch zustande kommen, muss sie auch bezahlt werden. Die Situation zeige einmal mehr den Vorteil der Pauschalreise, sagte Sültenfuß: Wer Einzelleistungen gebucht hat, geht leer aus.
„Wir haben den Agenturvertrag mit FTI schon vor Jahren gekündigt“, sagte der Reiseexperte. Gleichwohl rechne er damit, „dass Leute zu uns finden, wenn sie im Internet gebucht haben.“ Die hofften dann unter Umständen auf Hilfe im Umgang mit der Situation.
Bei Thomas-Cook-Pleite wurden nur wenige Kunden entschädigt
„Wir sind seit 50 Jahren am Markt“, sagt Manfred Radigewski, sein Büro habe große Erfahrung mit allerlei Widrigkeiten gemacht – auch ein Sandsturm war darunter. Aber: „Wir verkaufen nur die Sachen, von denen wir überzeugt sind“ – Billigreisen gehörten nicht dazu. Leider wüssten aber viele Reisekunden nicht, dass die Internetanbieter „auch keine günstigeren Preise“ hätten.
Welche Folgen die überraschend bekannt gewordene Insolvenz habe, sei nun erst einmal abzuwarten. „Ich glaube, dass es nicht so schlimm wird wie bei Thomas Cook“, vermutet Radigewski. Im Jahr 2019 war der Reisekonzern Thomas Cook pleite gegangen, während rund 600.000 Kunden verreist waren. Allein die britische Regierung ließ damals 150.000 Reisende zurückholen.
Laut Medienberichten hatten ein Jahr nach der Pleite nur 5000 von 220.000 geschädigten Kunden in Deutschland eine Entschädigung erhalten. Als Reaktion darauf wurde das System dder Entschädigungen mit dem Reisesicherungsfonds neu geregelt und die Haftungsgrenze abgeschafft.
Reisebüro Papendick hat alle Kunden erreichen können
Kunden, die schon im „Zielgebiet“ sind und solche, die in diesen Tagen abreisen wollten, betreuen die Beschäftigten in den sechs Niederlassungen des Reisebüros Papendick. Es hätten aber auch schon Kunden angefragt, die erst im Herbst eine FIT-Reise antreten wollten, sagte Tatjana Stieldorf, Bereichsleiterin Touristik bei Papendick.
„Reihenweise“ meldeten sich aber auch Menschen, die nicht bei Papendick gebucht haben: „Weil die Notfallnummern überlastet waren.“ Da könnten die Kolleginnen und Kollegen allerdings nur sehr begrenzt helfen und nur die allgemeinen Informationen weitergeben. Ohne Einblick in die eigentliche Buchungen könne auch zu Flügen keine Auskunft gegeben werden.
Inzwischen sei es gelungen, die etwa 30 eigenen Kunden zu erreichen, die aktuell an Zielen in aller Welt Urlaub machten, berichtete Stieldorf. „Wir wollten signalisieren, das Reisebüro ist für Sie da“. Tatsächlich habe auch FTI selbst diese Kunden angeschrieben und Bestätigungen des Reisesicherungsfonds zugestellt: Der Aufenthalt vor Ort werde damit garantiert, sagte Stieldorf.
Reiseveranstalter verzichten bei Buchungen auf Anzahlungen
„Wir gehen davon aus, dass die Reisen nicht durchgeführt werden“, sagte Tatjana Stieldorf mit Blick auf die nächsten Tage. Betroffene Reisende müssten sich wegen der Erstattung des Reisepreises selbst an den Deutschen Reisesicherungsfonds wenden. Die Reisebüros dürften das nicht für ihre Kunden übernehmen.
Wie lange es dauert, bis Erstattungen geleistet werden, kann Tatjana Stieldorf nicht beantworten. „Zeitnah“ solle das geschehen, doch fehlten Erfahrungswerte: Es ist die erste große Insolvenz seit der Gründung des Reisesicherungsfonds. Immerhin sei der nicht gedeckelt, früher oder später werde das Geld erstattet.
Wer dennoch in Urlaub fahren möchte, kann derzeit – zumindest bei einigen der größeren Reiseanbietern auf Entgegenkommen zählen: Für Buchungen bis zum 30. Juni und Reisen bis zum 31. Oktober verzichteten einige Veranstalter auf Anzahlungen, sagte Tatjana Stieldorf.
Hennefer Touristiker sieht Verunsicherung vor Reisen
Peter Martius hat in seinem Reisebüro in Hennef nur wenige FTI-Buchungen. „Es war ja abzusehen“, meinte er mit Blick auf die Insolvenz. Entsprechend vorsichtig haben er und seine Mitarbeiterinnen Reisen über diesen Veranstalter angeboten, immer mit dem Hinweis auf die anstehenden Schwierigkeiten. Sein Signal ist aber deutlich: „Wir haben unsere Kunden kontaktiert und signalisiert, wir sind für euch da.“
Viele seien aber schon gut informiert. Er sieht noch einen gewissen Grad an Verunsicherung bei den anstehenden Reisen.„ Wir können im Buchungssystem nicht erkennen, ob das Angebot storniert ist oder doch durchgeführt wird. So können wir nicht sagen, ob Kunden dann vor Ort nicht doch noch ein zweites Mal bezahlen müssen.“ Da wünscht er sich von FTI „klare Kante“.