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Branche in AufruhrDas sind die Hintergründe der FTI-Insolvenz

Lesezeit 3 Minuten
Das Logo des Reiseveranstalter FTI (FTI Group) steht an der Firmenzentrale vor einem Reisebüro.

In den vergangenen Wochen hatte sich die Schieflage beim Reisekonzern FTI bereits angedeutet. Dass es nun so schnell ging, überrascht die Branche. (Symbolbild)

Die Pleite des Reiseveranstalters FTI wird die erste Bewährungsprobe für den Deutschen Reisesicherungsfonds. Konkurrent Alltours bereit sich indes auf steigende Nachfrage vor.

Europas drittgrößter Reiseveranstalter FTI hat am Montag einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht München gestellt. Betroffen ist den Angaben zufolge zunächst nur die Veranstaltermarke FTI Touristik mit ihren Marken FTI in Deutschland, Österreich und den Niederlanden, 5vorFlug in Deutschland, BigXtra Touristik GmbH, sowie die Mietfahrzeugsmarken DriveFTI und Cars and Camper. Weitere Konzerngesellschaften dürften ebenfalls in den kommenden Tagen Insolvenz anmelden.

600 Millionen Euro Staatshilfe

Die Münchner FTI ist aus der früheren Frosch Touristik hervorgegangenen und mit 11.000 Beschäftigten die Nummer Drei der Branche in Europa nach Tui und DER. Mit weiteren Zahlen geht das Unternehmen sparsam um, vor der Pandemie wurden acht Millionen Kunden jährlich gezählt, der Umsatz lag bei gut vier Milliarden Euro. In der Pandemie half der Bund dem lahmgelegten Reisekonzern mit knapp 600 Millionen Euro, von denen bisher nur ein kleiner Teil zurückgezahlt ist. Wegen der Insolvenz sei jetzt nur noch mit geringen Rückflüssen zu rechnen, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums.

Verschärft wurde die Lage durch einen langwierigen Verkaufspoker. Die ägyptische Milliardärsfamilie Sawiris besaß seit 2020 die Mehrheit. Im vergangenen April wurde der Verkauf an den in der Reisebranche aktiven Finanzinvestor Certares verkündet. Doch für diesen Vertrag liegen noch nicht alle Genehmigungen vor, der Verkauf ist vermutlich noch nicht wirksam. Als sich zuletzt Finanzlücken auftaten, sollen sowohl die bisherigen als auch die künftigen Eigentümer abgewunken haben.

Buchungen blieben unter den Erwartungen

Nach Angaben des Unternehmens sind die Buchungen zuletzt unter den Erwartungen geblieben. Außerdem hätten Lieferanten - in dieser Branche sind das vor allem Hoteliers und Fluggesellschaften - auf Vorauszahlung bestanden. „Im Ergebnis gab es einen erhöhten Liquiditätsbedarf, der nicht mehr bis zur Beendigung des Investorenprozesses überbrückt werden konnte“, heißt es in der FTI-Mitteilung.

In den vergangenen Tagen wurde auch versucht, das Loch mit Staatshilfe zu stopfen, doch dieses Mal lehnte die Bundesregierung ab. Es gebe haushalterische, rechtliche und wirtschaftliche Gründe, weswegen keine weiteren Hilfen über die „sehr vielen großen Hilfen“ hinaus erfolgt seien, sagte am Montag ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Im Finanzministerium hieß es, man habe die vorangegangene Investorensuche „offen und konstruktiv“ begleitet und bedaure die Entwicklung. Wichtigster Streitpunkt soll die Rückzahlung der Pandemiehilfen gewesen sein.

Alltours rechnet mit mehr Buchungen

Der Düsseldorfer Reiseveranstalter Alltours erwartet aufgrund der FTI-Insolvenz in den kommenden Tagen und Wochen ein erhöhtes Buchungsaufkommen, da vormals bei FTI gebuchte Pauschalreisen storniert werden und für künftige Buchungen ein großer Anbieter wegfällt, heißt es auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wir erhöhen derzeit kurzfristig unsere Hotel- und Flugkapazitäten, um FTI-Kundinnen und -Kunden, deren Urlaubsreise storniert wird, ausreichende Alternativen anbieten zu können“, sagt ein Sprecher.

Grundsätzlich sei die Pauschalreise der sicherste Weg, eine Urlaubsreise zu buchen: „Der Gesetzgeber hat alle Pauschalreiseveranstalter verpflichtet, seine Kundinnen und Kunden gegen eine Insolvenz abzusichern“, heißt es von Alltours. Alle Reiseveranstalter innerhalb der EU müssen sich nämlich gegen Insolvenz absichern und so sicherstellen, dass Urlauber ihr Geld zurückbekommen und nach Hause zurückgeholt werden, sofern sie schon am Urlaubsort angekommen sind. Die großen Reiseanbieter mit einem Jahresumsatz ab zehn Millionen Euro sind gesetzlich verpflichtet, sich beim Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) für den Insolvenzfall abzusichern, also auch FTI.

Die FTI-Insolvenz ist die erste Bewährungsprobe für den 2021 nach der Thomas-Cook-Pleite gegründeten DRSF. Ihn speisen die großen Veranstalter, um im Notfall einzuspringen. Jetzt werden mit dem Geld FTI-Reisende aus dem Ausland zurückgeholt und Anzahlungen für ausfallende Reisen erstattet.

Beim Flughafen Köln/Bonn geht man gelassen mit den Folgen der Insolvenz des Reiseveranstalters FTI um. Ab Dienstag sollen bei FTI gebuchte Reisen storniert werden. Der Flughafen Köln/Bonn rechnet nicht damit, das viele Passagiere dort stranden werden, deren Reisen grade abgesagt wurden. „Wir gehen davon aus, dass die betroffenen Passagiere erst gar nicht zum Airport Köln/Bonn anreisen“, sagte ein Sprecher des Flughafens dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.