Die katholische Kirche hat einen Königswinterer Priester aus dem Märtyrerverzeichnis entfernen lassen. Er hatte in den 1930er Jahren Minderjährige missbraucht.
Straße wird umbenanntAls Märtyrer verehrter Priester aus Königswinter war verurteilter Sexualstraftäter
Ein als Märtyrer verehrter Geistlicher aus Heisterbacherrott war Sexualstraftäter. Das hat das Erzbistum Köln vor wenigen Tagen in einem Aufruf bekannt gegeben, der kürzlich in allen Gottesdiensten der „Pfarreiengemeinschaft Königswinter Am Ölberg“ verlesen worden ist. „Wir müssen Ihnen heute mitteilen, dass Recherchen ergeben haben, dass der verstorbene Priester Theodor Helten im Jahr 1939 wegen sexuellem Missbrauch an Minderjährigen verurteilt wurde“, heißt es darin.
Die Verurteilung des Priesters in der NS-Zeit durch das Landgericht Bonn sei Anfang der 1960er Jahre „in einer demokratischen Zeit unter anderen Umständen“ noch einmal eingehend vor Gericht untersucht und das Urteil durch einen Staatsanwalt als „aktuell nachvollziehbar“ bestätigt worden.
Königswinterer Pfarrer wurde im KZ Sachsenhausen ermordet
Theodor Helten hatte von 1931 bis 1937 als Rektoratspfarrer in Heisterbacherrott gewirkt und der dortigen Pfarrgemeinde wesentliche Impulse gab. So förderte er unter anderem die Wallfahrt zur Reliquie des heiligen Judas Thaddäus, die einen regen Zulauf bekam. Auch ließ er die Nikolauskapelle im Ort wiederherstellen.
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Nach anonymer Denunziation wegen angeblicher Unterschlagung von Wallfahrtsgeldern und Steuerhinterziehung wurde Helten im April 1937 festgenommen und kam für 18 Monate in sogenannte Schutzhaft. Später wurde Helten in der Wandernden Kirche eingesetzt, bis ihn die Gestapo erneut festnahm und ins Konzentrationslager Sachsenhausen brachte.
Dort wurde Helten von einem kommunistischen Kapo zu Tode gequält. Die katholische Kirche nahm Theodor Helten in ihr Märtyrerverzeichnis auf, in Königswinter ist eine Straße nach ihm benannt und im virtuellen Heimatmuseum Königswinter-Berggemeinden wurde seine Biografie ausgiebig gewürdigt.
„Die neue Informationslage ließ eine Neubewertung des Märtyrer-Status von Theodor Helten erforderlich werden“ teilte das Erzbistum nun den Mitgliedern der Pfarrgemeinden mit. „Infolge dessen wurde entschieden, Theodor Helten nicht mehr in die achte Auflage des deutschen Martyrologiums des 20. Jahrhunderts aufzunehmen.“
Stabsstelle Intervention will den Missbrauchsfall aufklären
Man sei sich bewusst, dass die Mittelung Unsicherheit, Wut und Trauer auslösen könne. „Dennoch sind wir es den Betroffenen von sexualisierter Gewalt schuldig, den jeweiligen Sachverhalt möglichst umfänglich zu klären“, heißt es in der Mitteilung weiter. „Allen Hinweisen und Verdachtsfällen gehen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten nach, selbst dann, wenn die Beschuldigten beziehungsweise Verdächtigten bereits verstorben sind und die Geschehnisse lange zurückliegen.“
Die Stabsstelle Intervention, die im Erzbistum Köln für die Bearbeitung und Aufklärung von Missbrauchsfällen zuständig ist, bittet jetzt Betroffene und Zeugen, die im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch durch den verstorbenen Priester Theodor Helten stehen, ausdrücklich, sich mit ihrem Wissen an die für das Erzbistum zuständigen externen Ansprechpersonen zu wenden.
Auch die Stadtverwaltung ist über die neuen Erkenntnisse informiert worden. „Der Bürgermeister steht in dieser Angelegenheit im Kontakt mit dem Erzbistum“, sagt Pressesprecher Florian Striewe. Der Technische Beigeordnete der Stadt habe inzwischen erste Vorbereitungen für ein Verfahren zur Umbenennung des Rektor-Helten-Weges in die Wege geleitet. Diese Umbenennung müsse über die zuständigen Ausschüsse erfolgen. Geklärt werden müsse nun, ob Verwaltung und Ausschüsse einen Namensvorschlag unterbreiten oder ob man auch die Bürgerschaft um Vorschläge bitte.