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Bergwacht im SiebengebirgeDRK will vorbeugenden Bevölkerungsschutz ausbauen

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Der Sanitätsdienst des DRK mit E-Bikes ist quasi der Vorläufer der geplanten Bergwacht für das Siebengebirge.

Königswinter/Bad Honnef – „Wir wollen im Siebengebirge präsent sein und vorbeugenden Bevölkerungsschutz leisten“, sagt Jens Koelzer über das neueste Projekt des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) aus dem Siebengebirge. Die Helfer aus den beiden Städten, die erst im Juni zum Ortsverein Bad Honnef/Königswinter fusioniert sind, planen den Aufbau einer Bergwacht und wollen dafür ein geländefähiges Spezialgefährt (All Terrain Vehicle; ATV) anschaffen. 30.000 Euro hat das DRK dafür schon an Rücklagen gebildet.

Hintergründe

Im DRK-Landesverband Nordrhein gibt es nach Angaben eines Sprechers bisher Bergwachten in den Kreisverbänden Städteregion Aachen, Düren, Euskirchen und Oberbergischer Kreis. Auf der Internetseite des Landesverbands heißt es, es gebe in der Region Nordrhein zwar keine Berge, aber eine Bergwacht. „Denn die unwegsamen Waldgebiete mit Wanderwegen, Höhlen und Mountainbiketrails in der Eifel und im Bergischen Land können vom regulären Rettungsdienst nur schwer erreicht werden. Außerdem gibt es zahlreiche Skigebiete und Langlaufloipen sowie einige Kletterfelsen und Steinbrüche in den Einsatzgebieten der Bergwacht.“

Bundesweit benötigen demnach fast 13.000 Menschen im Jahr eine notfallmedizinische Versorgung durch die ehrenamtlichen Retterinnen und Retter der Bergwacht, so das Rote Kreuz. Rund 12.000 Bergretter engagieren sich dafür in den Hoch- und Mittelgebirgen. (csc)

Die Idee, eine Bergwacht im Siebengebirge ins Leben zu rufen, ist schon etwas älter: 2018 kam auf der Mitgliederversammlung der Wunsch auf, dass das Rote Kreuz nach dem Wegfall des Rettungsdienstes eine Art „Alleinstellungsmerkmal“ brauche, wie Jens Koelzer, der Bereitschaftsleiter und Leiter der Geschäftsstelle des DRK Siebengebirge, sagt. Eine Wasserwacht war dabei auch im Gespräch. Aber DLRG, THW und Feuerwehr verfügen schon über Rettungsboote.

Feuerwehr soll Hilfe bei der Personensuche bekommen

Also die Bergwacht. Besuche beim DRK-Ableger in Euskirchen und beim Landesverband NRW waren laut Koelzer eindeutig: „Ihr habt ein kleineres Gebirge, aber ihr habt ein Gebirge.“ Es sei natürlich klar, das man sich im Siebengebirge nicht um die alpine Hochrettung kümmern müsse, aber die Unterstützung der Feuerwehr bei der Personensuche oder des Rettungsdienstes bei der Erstversorgung von Patienten mache sicherlich Sinn. Nicht zuletzt verweist Jens Koelzer auf Großveranstaltungen wie Volkswandertage oder den Siebengebirgsmarathon, bei denen die DRK-ler Sanitätsdienste leisten.

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Solch ein „All Terrain Vehicle“ will das DRK für die Bergwacht anschaffen.

Zusätzliche Aktualität bekam das Projekt Bergwacht durch die Pandemie. „Es sind deutlich mehr Menschen unterwegs, und es lässt auch nicht nach“, sagt Jens Koelzer. Und der E-Bike-Verkauf boomt nach wie vor; auch deren Fahrer tummeln sich – teils zum Leidwesen der Naturschützer – im Wald.

Sanitätsdienst auf E-Bikes

Von den E-Bikes hat auch das DRK Siebengebirge zwei im Einsatz, die sozusagen Vorläufer der geplanten Bergwacht sind. Als DRK-Helfer erkennbar und mit Notfallsets an den Lenkertaschen ausgerüstet sind die Biker an Wochenenden zwischen Bad Honnef und Königswinter unterwegs.

Einige nutzen dafür auch ihre privaten Elektroräder. Rund 60 Kilometer lang sind laut Koelzer die Touren. Dabei, darauf legt der DRK-ler wert, fahren sie nur auf den für Radfahrer freigegebenen Wegen. „Wir wollen nicht irgendwelche Trails fahren. Wenn wir das mal machen sollten, dann nur, weil wir angefordert wurden.“ Im Notfall also.

Seit zehn Jahren hat das DRK in Bad Honnef ein geländefähiges Motorrad im Einsatz, das zuletzt auch bei der Flut im Linksrheinischen gebraucht wurde, wie Koelzer berichtet. Und auf das auch die Freiwillige Feuerwehr zurückgreifen kann.

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Probleme, genug Leute für die Bergwacht zu bekommen, sieht der Bereitschaftsleiter nicht. Es hätten sich zuletzt neun Interessierte gemeldet. Deren Motto: Wenn man eh als Radfahrer im Siebengebirge unterwegs ist, dann könne man das auch für das DRK tun. Das Freizeitverhalten der Helfer könne so kombiniert werden mit dem Grundgedanken des Deutschen Roten Kreuz, Menschen in Not zu helfen.

Verletze aus dem Wald fahren statt sie zu tragen

Ausdrücklich will die künftige Bergwacht keine Konkurrenz zum Rettungsdienst oder zur Freiwilligen Feuerwehr sein, die ja über speziell ausgebildete Höhen- und Tiefenretter verfügt. Im Gegenteil. Aber das Spezialgefährt könne beispielsweise Verletzte von abgelegenen Orten herausfahren und der Feuerwehr das Tragen über Hunderte von Metern ersparen. Wenn die Bergwacht erstmal nach Dienstplan laufe, könne auch die Rettungsleitstelle die Helfer bei Bedarf einplanen und anfordern.

Durch die Flutkatastrophe sei, so Koelzer, noch mal deutlich geworden, dass ein Bedarf an kleineren, voll geländefähigen Fahrzeugen besteht. So habe man im Ahrtal festgestellt, dass große geländefähige Sprinter für das Terrain nicht geeignet seien. Und das künftige DRK-Gefährt könne natürlich auch außerhalb des Siebengebirges zum Einsatz kommen.

Als „Projekt 2023“ sei die Bergwacht-Idee intern bezeichnet worden. Jens Koelzer ist zuversichtlich, trotz der Verzögerungen durch Corona dieses Ziel zu erreichen. Vorausgesetzt natürlich, es gibt wegen der steigenden Nachfrage durch die Flut nach den Spezialfahrzeugen nicht jahrelange Lieferzeiten.