Historisches Vorbild15 Meter langes Holzfloß fährt 360 Kilometer den Rhein entlang
Königswinter – „Wir lehnen uns an die Jahrhunderte langen Holztransporte auf dem Rhein an“, sagt Thomas Kipp, der Floßmeister der Schiltacher Flößer. Über lange Zeit seien große Mengen Rundholz aus dem Schwarzwald und dem Frankenwald über die Zubringerflüsse zur Versorgung der Städte und Sägewerke entlang des Rheins verflößt worden, weiß der Fachmann aus dem kleinen Schwarzwaldort, der dieses Ereignis mit einer insgesamt achtköpfigen Besatzung nun nachvollziehen will: Vom 22. April an wird ein 15 Meter langes und fünf Meter breites Holzfloß rund 360 Kilometer den Rhein von Steinmauern bis Leverkusen-Hitdorf zurücklegen. Zwischendurch macht es Station in Königswinter und in Niederkassel-Mondorf.
Der Schiltacher Flößerverein hält die Tradition des Handwerks der Flößer lebendig, die rund 600 Jahre lang zu Flößen zusammengesetzte Tannenstämme die Kinzig herunter an den Rhein brachten. Bis zu 300 Meter lang waren die Schiltacher Flöße. „Der Flößer“, heißt es auf der Homepage des Vereins, „war ein Mann von Mut, Umsicht und schneller Entschlusskraft.“
„Holländerflöße“ mit bis zu 500 Mann Besatzung
Auf dem Rhein selbst waren in vorindustrieller Zeit Flöße „von spektakulärer Größe“ unterwegs, schilderte der Historiker Elmar Scheuren, der langjährige Leiter des Siebengebirgsmuseums, dieser Tage anlässlich des aktuellen Projekts der Schiltacher Flößer bei einem Vortrag im Museum. Die sogenannten „Holländerflöße“ hatten bis zu 500 Mann Besatzung.
Auf den in mehreren Lagen zusammengebundenen Baumstämmen standen Hütten und zeltförmige Schlafunterkünfte für die Besatzungen, aber auch Ställe. „Täglich wurde einer oder auch mehre Ochsen geschlachtet“, so Scheuren. Die Steuerleute dieser hochkomplexen Gefährte waren gefragte und gut bezahlte Experten. Und Projekte dieser Größenordnung waren nur mit viel Kapitaleinsatz von deutschen oder niederländischen Handelsgesellschaften zu realisieren.
Termine
Am Donnerstag, 21. April, wollen die Initiatoren der Aktion „Schiltacher Floßholz für Hitdorf“ das Floß und alle Aufbauten in Steinmauern (Rheinkilometer 345) zusammenbauen. Erstes Etappenziel ist am Freitag, 22. April, Altlußheim (RK 399). In Königswinter ist das Floß laut Plan am Donnerstag, 28. April, etwa von 11.30 bis 14.30 Uhr; anschließend ist der Yacht-Hafen Mondorf das Etappenziel. Die geplante Ankunft in Hitdorf (RK 705) ist am Freitag, 29. April, gegen 16.30 Uhr. (csc)
Doch neben den bekannteren „Holländerflößen“ gab es auch jene, die Städte und Sägewerke am Rhein ansteuerten, betont der Schiltacher Floßmeister Thomas Kipp gegenüber dieser Zeitung. Er hatte die Idee, auch einmal einen der größeren Flüsse wie Rhein oder Donau mit einem Holzfloß zu befahren, um dabei auf die große wirtschaftliche Bedeutung der Holztransporte hinzuweisen, wie Kipp erklärt.
Fichtenstämme zusammengebunden
Aus Fichtenstämmen aus den Schiltacher Wäldern wurde ein Floß zusammengebunden, das mit einer kleinen Hütte mit Schlafplatz und Toilette ausgestattet wurde. Und mit zwei Hilfsmotoren, damit das Gefährt unterwegs die Häfen ansteuern und notfalls auch mal gegen die Strömung fahren kann, wie Thomas Kipp erläutert. Sieben Männer und eine Frau gehören zur Besatzung.
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Eigentlich hätte die Fahrt schon 2021 stattfinden sollen, doch gesundheitliche Gründe verhinderten die Aktion. Aber im Mai 2021 habe „nach gutachterlicher Prüfung eines vereidigten Sachverständigen und unter Begleitung des Wasser- und Schifffahrtsamtes und der Wasserschutzpolizei eine 20 Kilometer lange Probefahrt auf dem Rhein zwischen Steinmauern und Maxau durchgeführt“ werden können. Kipp: „Die Grundlage für die Genehmigung einer größeren Floßfahrt auf dem Rhein war geschaffen.“ Denn auf einer Bundeswasserstraße gelten strikte Vorschriften. Drei Leute der Besatzung haben die nötigen Bootsführerscheine, laut Kipp in diesem Fall das Bodenseeschifferpatent.
Der Leverkusener Ortsteil Hitdorf ist als Ziel ausgeguckt worden, weil dort einst Floßholz aus dem Frankenland und dem Schwarzwald zum Bau der Häuser im Bergischen Land verarbeitet worden seien, erklärt der Floßmeister.
Die Zeiten der großen Holländerflöße, die 200 Meter lang und 50 Meter breit sein konnten, waren auf dem Rhein laut Elmar Scheuren etwa Mitte des 19. Jahrhunderts vorbei. Unter anderem durch die Konkurrenz der Eisenbahn und das Aufkommen der Dampfschiffe. Die Flöße wurden kleiner und von Schleppschiffen gezogen. Aber dass es noch 1878 eine „Floßverordnung für den Rhein“ gab, zeigt die Bedeutung dieser Form des Holztransports.
Floßfahrt 1988 zum Düsseldorfer Stadtjubiläum
In jüngerer Vergangenheit fuhr ein Floß nach den Recherchen des Historikers und ehemaligen Museumsleiters 1978 im Rahmen des Kunstprojekts „Reise ins Meer“ des Künstlers Hannsjörg Voth den Rhein hinunter in die Nordsee sowie anlässlich des Düsseldorfer Stadtjubiläums 1988 (700-Jahr-Feier) im Rahmen einer Schiffsparade. In beiden Fällen gab es auch damals strenge Sicherheitsvorschriften und -auflagen der Behörden, weiß Scheuren.