Eine erneute Revision des 36 Jahre alten Mannes wurde als unbegründet verworfen. Das Motiv des Verurteilten liegt nach wie vor im Dunkeln.
Schüsse auf StiefsohnBundesgerichtshof bestätigt Urteil gegen Mann aus Königswinter
Mit seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof einen juristischen Schlussstrich gezogen: In der Serie von Gerichtsverfahren um einen heute 36-jährigen Mann aus dem Königswinterer Ortsteil Bockeroth, der am 8. April 2021 mit seinem Luftgewehr dreimal auf seinen damals elfjährigen behinderten Stiefsohn geschossen hatte, hat der Bundesgerichtshof die erneute Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen.
Das bestätigte der Sprecher der Bonner Staatsanwaltschaft, Martin Kriebisch, auf Nachfrage. Mit der bereit am 30. Juli verkündeten Entscheidung der Karlsruher Richter ist das Urteil des Bonner Landgerichts vom vergangenen Dezember nun rechtskräftig. Damals war der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
Es ist bereits die zweite Entscheidung des BGH in dieser Sache: Einem ersten Antrag auf Revision hatte das Gericht noch stattgegeben und den nun zur Entscheidung berufenen Richtern am Bonner Landgericht aufgegeben, die Beziehung zwischen Opfer und Täter sowie die maximale Schussdistanz näher zu beleuchten.
Ein Gutachten hatte ergeben, dass die drei Projektile aus der Waffe des Königswinterers abgegeben wurden
Das Motiv des Verurteilten liegt aber auch nach einer Reihe von Prozessen im Dunkeln. Die Justiz ist dennoch überzeugt, dass es sich bei dem zum Tatzeitpunkt 32-Jährigen sicher um den Schützen handelt; ein Gutachten hatte ergeben, dass die drei Projektile aus seiner Waffe abgegeben worden waren. Nach der Anhörung zahlreicher Zeugen kristallisierte sich in beiden Verfahren heraus, dass der Stiefvater an jenem 8. April vor drei Jahren zwischen 13:56 Uhr und 16:30 Uhr mit seinem Stiefsohn allein war.
Kurz vor 14 Uhr hatte die Schwiegermutter das Haus verlassen, und um 15.30 Uhr kam das Kind von einem nahegelegenen Spielplatz nach Hause. Wo die Schüsse fielen, ließ sich nicht genau feststellen – der angeklagte Stiefvater hatte in dem ersten Verfahren alle Vorwürfe abgestritten und in dem zweiten beharrlich geschwiegen.
Wolfgang Schmitz-Justen, der Richter, der den Angeklagten in dem zweiten Verfahren zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt hatte, hielt es in seiner Urteilsbegründung aber für am wahrscheinlichsten, dass der Mann die Schüsse im Keller des Hauses abgegeben hatte. „Draußen hätte man die lauten Schüsse hören müssen“, hatte der Richter bei der Urteilsverkündung im vergangenen Dezember gesagt.
Schüsse auf behindertes Kind in Königswinter: Ein Projektil schlug durch die Lunge in den Darm
Dabei muss der Täter sehr überlegt vorgegangen sein, die Waffe, die der Besitzer in einem Schrank im Keller des Hauses unter Verschluss hielt, lässt nämlich nur einen Schuss zu. Nach dem Abfeuern muss der Lauf abgeknickt werden, um nachzuladen. Der erste Schuss hatte noch die Haut des Jungen gestreift, das zweite Projektil drang aber bereits mehrere Zentimeter tief in den Körper des Kindes ein. Das dritte Geschoss, ein sogenanntes Spitzkopfdiabolo, schlug dann durch die Lunge bis in den Darm des Kindes, das aufgrund seiner Behinderung weder Schmerz spüren noch sprechen kann.
Der Junge wurde beim Abendessen immer apathischer, und so brachte ihn die Familie in ein Krankenhaus. Dort wurde die Schussverletzung diagnostiziert. Der Stiefvater rückte schnell in das Visier der Ermittler. Er stritt aber bis zum Ende des ersten Gerichtsverfahrens vehement ab, der Schütze gewesen zu sein.
Die Mutter des Jungen, mit der der Angeklagte auch noch drei gemeinsame Kinder hat, hatte in dem ersten Prozess zu ihrem Ehemann gehalten. Im zweiten Verfahren gegen ihren Mann machte sie dann von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.