AboAbonnieren

„Lampenfieber gehört dazu“Wie ein Lohmarer Nachwuchs-Büttenredner unterrichtet

Lesezeit 3 Minuten
Rußkowski Sitzungspräsident

Rußkowski bei einer Karnevalssitzung in Lohmar.

Köln – Die Corona-Krise trifft auch den jecken Nachwuchs schwer. „In der Adventszeit wird es keine Auftritte geben, später im Karneval auch nicht“, bedauert Erwin Rußkowski, der seit acht Jahren als Dozent der Musik- und Kunstschule Lohmar Jugendliche für Auftritte in rheinischer Mundart fit macht. Derzeit nutzen fünf Schülerinnen und Schüler einmal die Woche das Kurs-Angebot, leider ohne Aussichten, in absehbarer Zeit ihre Büttenreden live präsentieren zu dürfen.

„Wir planen jetzt, einige Sketche aufzuzeichnen und bei Youtube zu veröffentlichen“, sagt Rußkowski. Zudem sponserte der von ihm mitgegründete Brauchtumsvereins „Saach hür ens“ derzeit ein Coaching der Kursteilnehmer bei der bekannten Kölner Schauspielerin und Regisseurin Heike Wernken: „Das kommt sehr gut an.“

Erfahrungen aus 40 Jahren

Als Autor ist Erwin Rußkowski bereits auf bessere jecke Zeiten vorbereitet. Mit „Nachwuchs in die Bütt“ (ratio books) legt der 71-Jährige sein inzwischen drittes Buch vor, das neben 16 bewährten Büttenreden in Mundart und Hochdeutsch vor allem jede Menge Tipps für angehende Büttenredner enthält.

Hier bringt er seine Erfahrung aus über 40 Jahren Schulkarneval, Nachwuchsförderung beim Festkomitee Kölner Karneval und als Dozent der Musik- und Kunstschule ein: „Ziel ist es, angehenden Büttenrednern ein Sprungbrett zu bieten.“ Gleich mehrere renommierte Karnevalisten bestätigten Rußkowski den Bedarf an so einem Handbuch, einer von ihnen, Jörg Runge („Dä Tuppes vum Land“), steuerte das Vorwort bei.

„Lampenfieber gehört dazu“

Dabei geht Autor Rußkowski ausführlich auf Grundsätzliches wie Mimik und Körpersprache ein. Entscheidend ist auch die Rolle, in die die Büttenredner für ihren Auftritt schlüpfen: „Diese Type muss glaubwürdig zu dem Vortragenden passen und gleichzeitig dem Publikum sofort einen Vorgeschmack auf das bieten, was in den kommenden Minuten passieren wird.“ Auch deshalb hat Rußkowski seinen Nachwuchsrednern gerne die Reden praktisch „auf den Leib“ geschrieben.

Der eigentliche Vortrag ist aber dann noch einmal eine besondere Herausforderung. „Zehn Witze aus dem Internet machen noch keine Büttenrede. Wichtig ist, gleich zum Anfang eine starke Pointe zu platzieren, dann hat man das Publikum für sich gewonnen“, fasst Rußkowski seine Erfahrungen zusammen.

Damit sei auch das Lampenfieber kein Problem mehr: „Lampenfieber gehört dazu, das schärft die Aufmerksamkeit. Aber es verschwindet spätestens in dem Moment, in dem man merkt, dass man im Saal ankommt.“

Natürlich liefert Rußkowski auch Tricks, die vor Texthängern schützen sollen. Der Autor verschweigt nicht, dass der Wege zu einer Karriere in der „Bütt“ viel Fleiß und Geduld erfordert. „Es ist niemand zum Büttenredner geboren.“

Nützlich über Karneval hinaus

Doch gerade für Jugendliche kann die jecke Nachwuchsförderung weit über den Karneval hinaus von Bedeutung sein. „Als Büttenredner erhalten sie Selbstvertrauen und Anerkennung.“ Er erinnere sich an eine Hauptschülerin, die ihre Lehrstelle bekam, weil sie im Vorstellungsgespräch so überzeugend auftrat. Sie sagte dazu: „Ich bin es gewohnt, vor Menschen zu sprechen, denn ich bin Büttenrednerin.