Bundestagswahl – Wir fragen KandidatenWie wollen Sie Waldflächen im Kreis aufwerten?
Rhein-Sieg-Kreis – Die Fragen
Der Beschluss zum Kohleausstieg bis 2038 ist angesichts des fortschreitenden Klimawandels in der Kritik. Kann an diesem Datum noch festgehalten werden?
Waldsterben ist so konkret sichtbar wie nie zuvor, auch in unserer Region. Womit sollten die abgeholzten Flächen wieder aufgewertet werden – vor allem hinsichtlich eines Beitrags zur Verbesserung des Klimas?
Extrem heiße Sommer und Waldbrandgefahr; Hochwasser und gewaltige Flutwellen: Was früher nur aus dem Fernsehen und weit entfernten Ländern bekannt war, rückt immer näher und trifft auch uns mit voller Wucht: Wie kann dem vorbeugend begegnet werden, welche grundlegenden Änderungen sind notwendig?
Norbert Röttgen, CDU
1. bis 3. Die globale Erderwärmung schreitet wahrscheinlich schneller voran, als bislang angenommen worden ist. Die Auswirkungen sind deutlich sichtbar – auch bei uns. Die schreckliche Unwetterkatastrophe in unserer Region hat uns alle aufgeschreckt. Klar ist, dass wir dem Klimawandel deutlich entschlossener entgegentreten müssen, als dies bisher geschehen ist. Die gute Nachricht: Wir streiten beim Klimaschutz nicht mehr über das Ob.
In seinem wegweisenden Urteil hat das Bundesverfassungsgericht uns aufgegeben, jetzt das uns Mögliche für den Klimaschutz zu tun, statt nachfolgende Generationen vor unlösbare Aufgaben zu stellen. Dafür gibt es inzwischen eine breite gesellschaftliche Akzeptanz.
Unser Ziel, im Jahr 2045 klimaneutral zu sein, ist ein enormer Anspruch. Aber mit dem richtigen wirtschaftlichen und sozialen Konzept kann ein zweites Wirtschaftswunder gelingen. Wir haben den Willen, dass Deutschland das erste klimaneutrale Industrieland der Welt wird. Das kostet viel Geld, aber unsere bisherige Lebensweise kommt uns auf Dauer noch viel teurer zu stehen.
Die Novellierung des Bundes-Klimaschutzgesetzes, in dem neue Klimaschutzziele definiert, die zulässigen Jahresemissionsmengen für die Jahre bis 2030 abgesenkt und der Prozess zu deren Festsetzung für die Folgejahre konkret geregelt wird, ist ein erster Schritt. Weitere müssen aber jetzt folgen – schnell.
Zum Thema Kohleausstieg: Der Beschluss des Ausstiegs bis 2038 ist das Ergebnis langwieriger Verhandlungen zwischen allen Beteiligten, auch allen relevanten politischen Kräften. Deshalb sollten wir ihn jetzt nicht in Frage stellen.
Es wäre prima, wenn es schneller gehen würde. Aber Verlässlichkeit ist auch bei diesem Thema eine zentrale Voraussetzung, wenn wir zum Ziel kommen wollen. Wir werden beim Kampf gegen den Klimawandel nur erfolgreich sein, wenn wir den Investoren Planungssicherheit geben.
Katja Stoppenbrink, SPD
1. Natürlich ist ein früherer Ausstieg aus der Kohle angesichts der Dramatik der Klimakatastrophe mehr als wünschenswert. Zwei Aspekte müssen wir dabei im Auge behalten: Die berufliche Zukunft der Menschen, die derzeit in den Kohleregionen arbeiten, und den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Die Schaffung neuer Arbeitsplätze muss mit den Notwendigkeiten der Energiewende Hand in Hand gehen. Wenn wir es schaffen, die Blockadehaltung der CDU beim Ausbau der erneuerbaren Energien mit einer rot-grünen Bundesregierung zu überwinden, dann ist der Ausstieg aus der Kohle auch früher möglich. Zudem könnte eine höhere CO2-Bepreisung die Nutzung von Kohle auch schon deutlich vor 2038 unattraktiv machen.
2. Wir werden aus unseren Forsten, die aktuell noch einer wirtschaftlichen Nutzungslogik unterliegen, wieder echte Wälder machen (müssen). Manche Experten und Expertinnen raten auch, die Flächen schlicht sich selbst zu überlassen. Wir praktizieren das ja bereits in Nationalparks. Ich kenne in der Tat auch einige private Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen, die sich für diese Lösung entschieden haben.
3. Flutwellen und Überschwemmungen, wie wir sie vor wenigen Wochen an Ahr, Erft, Swist und weiteren Flüssen und kleineren Bächen insbesondere in NRW und Rheinland-Pfalz erlebt haben, war in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar. Allerdings ist die ufernahe Bebauung auch kleinerer Flüsse und Gewässer ein Problem. Auen und Überschwemmungsgebiete, die einen zuverlässigen Schutz vor Hochwasser bieten können, gibt es immer weniger. Die Siegauen sind hoffentlich ein positives Beispiel dafür, wie es besser laufen kann.
Nicole Westig, FDP
1. Ein Kohleausstieg kann in NRW auch deutlich früher umgesetzt werden, als es bisher vom Bund gesetzlich normiert ist. In den vergangenen Monaten sind von Unternehmen bereits viele spannende Ideen und Projekte entwickelt worden.
Mit Hilfe der von EU, Bund und Land zur Verfügung gestellten Strukturmittel in Milliardenhöhe wird schon heute in zukunftsweisende Technologien von morgen investiert. Wir sehen zum Beispiel das rheinische Braunkohlerevier auf dem Weg zum weltweit größten Klimaschutzprojekt und man begreift hier den Strukturwandel durch den beschleunigten Kohleausstieg als große Chance.
2. Ein Baumsterben in dem Maße, wie wir es heute erleben, hat es bisher noch nie gegeben. In Folge der anhaltenden Trockenheit und Hitze der letzten Jahre spitzt sich die Situation dramatisch zu. Wir brauchen dringend mutige Entscheidungen zum Schutz des Klimas, auf allen Ebenen. Als Freie Demokraten setzen wir auf Innovationen und Technologieoffenheit.
Auch bei uns vor Ort leisten Forschende einen Beitrag für den Klimaschutz der Zukunft.So habe ich vor kurzem den Campus Klein-Altendorf in Rheinbach besucht, der zur Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn gehört. Hier haben sich Wissenschaftler schon frühzeitig darauf konzentriert, alternative Bioenergiepotenziale zu erschließen.Das Großgras Miscanthus, auch genannt China-Schilf, ist dabei ein besonders effizienter, nachwachsender Rohstoff, der vor Ort umfassend getestet wird. Derartige Innovationen müssen nun Eingang in Wirtschaft und Landwirtschaft finden.
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3. Als Freie Demokraten setzen wir bei der Vorbeugung von Schäden durch die Klimakrise auf Investitionen in Forschung und Technologie. Wir müssen mit Innovationen eine Klimakatastrophe verhindern. Die Stadt- und Regionalplanung muss sich wesentlich stärker mit Gewässerplanung auch kleinerer Gewässer befassen. Unter dem Stichwort „Konstruktiver Wasserbau“ muss es mehr Frei-, Rückhalte- und Verrieselungsflächen geben.
Richard Ralfs, Grüne
1. bis 3. Seit über 40 Jahren warnen Wissenschaft und wir als Partei vor den Gefahren und Folgen des Klimawandels. Mit den seit einigen Jahren immer neuen und dramatischeren Krisen und Tragödien durch die Erderwärmung wird dies nun auch im Alltag immer sichtbarer. Und nichts ist und wird teurer und folgenschwerer, als hier zu lange zu wenig gegenzusteuern.
Der Weltklimarat hat gerade nochmal deutlich gemacht, dass es 5 nach 12 ist, und selbst das Zwei-Grad-Ziel ist aus wissenschaftlicher Sicht kaum noch zu erreichen. Darum müssen wir in allen Sektoren und in kurzer Zeit viel mehr erreichen, als durch die bisher beschlossenen Maßnahmen möglich ist.
Dazu haben wir im grünen Wahlprogramm eine Unmenge an konkreten und durchgerechneten Maßnahmen und zudem ein 10-Punkte-Programm für die ersten 100 Tage der nächsten Regierung vorgelegt. Massiver Ausbau erneuerbarer Energien und so möglicher und auch wirtschaftlich sinnvoller früherer Ausstieg aus der Kohle sind dabei zentral. Und Industrie/Wirtschaft sowie Bürger sind hier längst viel weiter als die Regierung.
Denn allen, die über den Tellerrand hinausschauen, ist klar: Wir müssen die soziale Marktwirtschaft des 20. Jahrhunderts in eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts weiterentwickeln. Quasi Ludwig Erhard in Grün, und enkeltauglich. Sonst werden wir den Klimakollaps mit all seinen weltweiten katastrophalen Folgen nicht abwenden können.
Andreas Danne, Die Linke
1. Der Kohleausstieg kommt zu spät. Mit der Politik der Großen Koalition kann das 1,5-Grad-Ziel bei der Begrenzung der Erderwärmung nicht erreicht werden. Die Linke möchte daher so schnell wie möglich vollständig auf erneuerbare Energien umsteigen, den Kohleausstieg sofort beginnen und bis spätestens 2030 komplett umgesetzt haben. Der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung muss dabei arbeitsmarkt-, wirtschafts- und sozialpolitisch begleitet werden.
2. Als in den 70er Jahren Mischwälder regelrecht gezielt vergiftet wurden, um Platz für schnell wachsende Fichten zu schaffen, war eigentlich klar, dass Monokulturen deutlich anfälliger für Schädlinge sind. Aber sie versprachen mehr Gewinn in kürzerer Zeit.
Und nun kommt der Klimawandel hinzu: Die Häufung und Verschärfung von Witterungsextremen wie Hitze, Trockenheit und Stürmen bedeutet eine große Gefahr für den Wald. Dadurch werden die Bäume geschwächt, und Schädlingsbefall zum Beispiel durch Insekten ist die Folge.
Selbstverständlich müssen die Flächen wieder aufgeforstet werden, dafür gibt es ja auch Förderprogramme. Und weil ich die Hoffnung nicht aufgebe, dass Menschen aus ihren Fehlern lernen, hoffe ich, dass Monokulturen nicht mehr zum Zuge kommen.
3. Um die Klimakatastrophe mit all ihren Auswirkungen zu stoppen, müssen Ressourcenverbrauch und Emissionen auf ein nachhaltiges Niveau abgesenkt werden. Dazu brauchen wir eine Wirtschaft, die klaren sozialen und ökologischen Zielen folgt, die mit den verbleibenden Ressourcen haushalten kann und die für die Bedürfnisse der Menschen arbeitet. Große Unternehmen müssen viel stärker in die Pflicht genommen werden. Ein weiter zentraler Punkt ist militärische Abrüstung.
Das Militär ist einer der größten Klimakiller, dessen Emissionen noch nicht einmal erfasst werden. Abrüstung ist daher nicht nur aus friedenspolitischen Gründen das Gebot der Stunde, sondern auch aus klimapolitischen Gründen.
Roger Beckamp, AfD
1. Wir brauchen noch für viele Jahre einen breiten Energiemix. Nicht nur wegen des Erhalts Zehntausender qualifizierter Arbeitsplätze, sondern auch aus Kosten- und Netzstabilitätsgründen. Angesichts des minimalen prozentualen Beitrags unserer heimischen Kohleindustrie zum durch Menschen mitverursachten Klimawandel ist eine Laufzeit bis 2038 absolut vertretbar.
2. In der Erdgeschichte hat es immer wieder teils extreme Klimaveränderungen gegeben. Derzeit erleben wir offenbar eine Phase der Erwärmung, der sich Mensch und Natur bestmöglich anpassen müssen. Gerade unsere Fichten-Monokulturen werden es da zunehmend schwer haben im Zusammenspiel zwischen Dürre-Sommern und Borkenkäferbefall.
Darauf muss die Forstwirtschaft mit staatlicher Unterstützung reagieren. Das Siebengebirge war zum Beispiel über lange Zeit eher durch Buchen-Mischwälder geprägt. Das könnten wir wieder aufgreifen.
3. So schrecklich jedes dieser Ereignisse für die Betroffenen und unsere ganze Gesellschaft ist, so muss doch festgehalten werden dürfen, dass es immer schon Extremwetterlagen, Dürreperioden, Flutkatastrophen und Waldbrände gegeben hat. Allerdings ist wohl zukünftig durchaus damit zu rechnen, dass diese gehäuft auftreten.
Mit Blick hierauf müssen vor allem Maßnahmen getroffen werden, um diese abzumildern beziehungsweise sich der Situation anzupassen, etwa durch geänderte Bauvorschriften, Renaturierungen, das Prinzip der „Schwamm“-Stadt, also dem Vorhalten von Wasser und anderem und auch bessere Warnsysteme für die Bevölkerung.