Hohe Spritpreise, Neun-Euro-TicketSchwere Zeiten für Bürgerbusse im Rhein-Sieg-Kreis
Rhein-Sieg-Kreis – Mehr als 15 Jahre ist es nun her, seit der Lohmarer Bürgerbusverein seine ersten Fahrgäste begrüßte. In dieser Zeit hat der Verein bewegte Zeiten durchlebt. Zweimal gab’s eine Corona-Zwangspause, zwei Monate im Frühjahr 2020, einige Wochen zum Jahreswechsel 2020/2021, dazu kamen die Masken- und Desinfektionspflicht, Passagierlisten und kostenlose Transporte mit Senioren zum Impfzentrum nach Sankt Augustin.
Mittlerweile klappern die beiden Busse, die durch ihre farbenfrohe Gestaltung überall auffallen, regulär wieder Ortsteile ohne Linienbus-Verbindung ab, um die Bewohner ins Zentrum zu bringen. Neue Probleme sind in den vergangenen Monaten dazugekommen. So musste der Verein die Fahrpreise anheben, von 1,50 auf zwei Euro. „Die Spritpreise haben uns überholt“, sagt Vereinsgründerin Helene Krotky. Durch Corona habe der Verein große Einbußen hinnehmen müssen, sagt Krotky. „Noch sind wir nicht wieder auf dem Level, auf dem wir mal waren. Die Kosten bleiben aber.“
Neun-Euro-Ticket: Bürgerbus schickt Ende August Liste an die RSVG
Rund 25 Fahrerinnen und Fahrer engagieren sich ehrenamtlich für den Verein. Sie steuern die Busse, helfen beim Ein- und Ausstieg und reichen dem Fahrgast auch mal die schwere Einkaufstasche durch die Tür. An sechs Tagen in der Woche rollen die Busse durch die Region – mehr als 150 000 Fahrgäste wurde seit der Gründung des Bürgerbusvereins befördert. Für einen neuen Organisationsaufwand hat in den vergangenen Monaten die Einführung des Neun-Euro-Tickets gesorgt, das auch an Bord der Bürgerbusse gültig ist.
So gehört beim ältesten Bürgerbusverein im Kreis das akribische Führen von Listen mittlerweile zur gängigen Praxis: Jeder Fahrgast mit Neun-Euro-Ticket leistet eine Unterschrift, die entgangenen Einnahmen würden ersetzt, sagt Helene Krotky. Das allerdings nur auf Antrag und mit Zeitverzug, so wie es bislang auch bei Menschen mit Schwerbehindertenausweis geschehe.
Mehr als 100 Passagiere mit Neun-Euro-Ticket haben seit Anfang Juni eine der fünf Linien genutzt. Die seien auch für Fahrgäste mit Monatskarten kostenlos, sagt die 72-Jährige, die selbst noch am Steuer sitzt: „Wir verstehen uns als Teil des ÖPNV.“ Der Konzessionsträger sei wie bei allen Vereinen im Kreis, deren Gründung sie betreute, die RSVG. Ende des Monats wird Krotky die Listen an die RSVG schicken – dann heißt es warten auf die Rückzahlungen.
Corona-Pandemie: Einige Fahrgäste fuhren nicht mehr im Bürgerbus mit
Kaum Auswirkungen des Neun-Euro-Tickets kann Dieter Theuer für den Bürgerbus in Ruppichteroth vermelden. Die meisten Fahrgäste seien jenseits der 70. Kaum einer habe des Ticket gekauft. „Die meisten zahlen zudem freiwillig den Fahrpreis getreu dem Motto: »Wir wollen unseren Bürgerbus erhalten«“, erklärt der Vorsitzende des Trägervereins. Mehr Auswirkungen habe die Corona-Pandemie gehabt.
Einzelne Fahrgäste seien nicht mehr mitgefahren. Ob das der Maskenpflicht oder einer allgemeinen Angst geschuldet sei, lasse sich nur vermuten. Das Neun-Euro-Ticket wollte der Ruppichterother Verein in diesen Tagen nutzen, um seinen Fahrerinnen und Fahrern etwas Gutes zu tun: mit einem Ausflug nach Aachen.
Einen Ausgleich für die Mindereinnahmen durch die Bezirksregierung erwartet der Vorsitzende des Mucher Trägervereins, Christoph Manstein. „Wie das Verfahren sein wird, weiß zurzeit noch keiner“, räumt er ein. Allerdings bekomme der Verein bei der kostenfreien Mitfahrt Schwerbehinderter schon jetzt 90 Cent von einem Euro erstattet. Die Mucher Ehrenamtler hätten sich entschieden, das NRW-Ticket und Job-Ticket anzuerkennen. Das sei keinesfalls Pflicht.
Kompensation für Verluste: Bürgerbus-Vereine können nicht selbst Anträge stellen
Nur als Teil des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs sei gewährleistet, dass der Bürgerbus in Zukunft als letztes Glied in der Kette auch in den Apps erscheine, sagt Manstein. Wer von Hamburg-Altona nach Much-Berzbach fahren wolle, bekomme den Bürgerbus mit angezeigt.
Auf Anfrage verweist die RSVG auf die vom Verband Pro Bürgerbus mit dem NRW-Verkehrsministerium abgestimmte Vorgehensweise. Diese sieht – so schildert es das Ministerium – vor, dass „der aus der Anwendung resultierende Schaden aus Fahrgeldausfällen vom Land nach den seit 2020 praktizierten und bewährten Regularien zum ÖPNV-Rettungsschirm ausgeglichen“ werde. Für die Berechnung würden die auf der Preisbasis des Jahres 2022 hochgerechneten Fahrgeldeinnahmen des Zeitraums Juni bis August 2019 mit denen des Zeitraums Juni bis August 2022 verglichen, und die Differenz werde als Ausgleich gewährt.
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Antragsteller können allerdings nicht die Bürgerbusvereine selbst sein, da sie personenbeförderungsrechtlich nicht Unternehmer sind und somit auch nicht einnahmeverantwortlich sein können. Den Antrag zum Ausgleich der Verluste durch das Neun-Euro-Ticket kann somit das betreuende Verkehrsunternehmen unmittelbar bei der Bezirksregierung stellen.