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Nach der UnwetterkatastropheTrinkwasser wird am dringendsten benötigt

Lesezeit 3 Minuten
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Große Mengen an Sachspenden stapeln sich an der Zeithstraße in Siegburg.

Rhein-Sieg-Kreis – Würstchen und Windeln, Duschgel und Decken, Schaufeln und Stromaggregate – und Trinkwasser in Flaschen, in Kanistern, so weit das Auge reicht: Eine gigantische Hilfswelle für die Hochwasseropfer hat die Lohmarer Jabachhalle gefüllt. Sandra Marxmeier, feuerrotes Haar und müde Augen, sortiert, packt Kartons, telefoniert. Seit Mittwochabend ist sie an Bord, „nur ein paar Stunden war ich zu Hause“. Wie viele andere Freiwillige.

Ein paar Kilometer weiter steht Jamilah Lehnen auf dem Hof der Siegburger Spedition Achnitz, in einer Bauchtrage der jüngste Spross, mit einem Auge hat sie ihre beiden anderen Kinder, zwei und vier, im Blick, mit dem anderen schaut sie, wie die Kartons gefüllt, auf Paletten gepackt und in die gelben Container gezogen werden. Auch ihr Ehemann packt mir an.

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Bereits kurz nachdem Jamilah Lehnen in Siegburg eine Spendenaktion gestartet hatte, luden Spendenwillige Tüten und Kartons vor den Toren einer Spedition ab.

Am Zaun hängen große Papptafeln: „Annahmestopp“. Lehnen hatte die Sammelaktion spontan gestartet, nachdem sie eine beim Roten Kreuz aktive Freundin nach Grafschaft begleitet hat.

Spendenwillige kamen Stunden vor Öffnung des Tores

„Ich habe eine Familie kennengelernt, deren Kinder mit ansehen mussten, wie der Vater ertrunken ist.“ Die 27-Jährige, deren Schwiegervater die Weinschmiede betreibt, schloss sich mit der benachbarten Spedition kurz, rief über unsere Zeitung und die sozialen Netzwerke zu Spenden auf – und erzielte riesige Resonanz, die zu zeitweise chaotischen Zuständen am Samstag führte.

Menschen luden schon morgens Säcke mit Kleidung, Bettwäsche und Handtüchern ab – Stunden vor Öffnung der Tore. Autos stauten sich auf der Zeithstraße, so dass das Ordnungsamt den Verkehr regeln musste. „Es wäre hier kein Rettungswagen, keine Feuerwehr mehr durchgekommen.“

Schnell vernetzten sich die Siegburger mit den Lohmarern, um die Spender direkt zur richtigen Adresse zu schicken. Am Sonntag dann starteten die ersten Transporte in die Notstandsgebiete. In Lohmar hatte Manu Gardeweg vom federführenden Verein „Lohmar hilft“ Kontakt zu Baumärkten, Firmen, Speditionen aus der ganzen Region aufgenommen, Kartons und Klebebandrollen organisiert. „Wir bekommen gleich 120 Paletten aus Rösrath“, kündigte sie am Sonntagmorgen an.

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Sandra Marxmeier sortiert haltbare Lebensmittel in der Jabachhalle.

Wasser werde am dringendsten benötigt, weiß Jaqueline Rode, deren Familie an der Ahr lebt, die Großmutter, kurzzeitig vermisst, war mit dem Helikopter gerettet und ins Krankenhaus gebracht worden. Sie werde sich gleich auf den Weg machen zu den Menschen, die alles verloren haben, sagt die 37-Jährige. Und die sich verloren fühlten, „abgeschnitten, ohne Strom, ohne Telefon“. Von der Hilfswelle bekämen die Betroffenen nur sehr wenig mit.

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Im Notstandsgebiet in Walportzheim sind seit Tagen schon die heimischen Landwirte mit Treckern und anderem schweren Gerät, erzählt Margit Lindenberg aus Wahlscheid, die ihren Pferdeanhänger vor der Jabachhalle füllt mit Verpflegung – und stillem Wasser. „Sonst können die Helfer dort noch nicht mal Kaffee kochen.“

Viele Flutopfer sind im Siegburger Hotel Kranz untergekommen

Kostenlose Ferienwohnungen, Hotelzimmer – von 100 im Siegburger Hotel Kranz sind schon 40 belegt –, Weiden, Ställe, Hundekörbchen: Obdach für die Betroffenen, für Mensch und Tier, auch das gehört zu den Angeboten. Vereine, wie die Pleeser Murre und der Bürgerverein Mondorf sammelten, eine große Bäckerei, ein Fitnessstudio, ein Reisebusunternehmen und, und, und.

Am Tag 4 nach der Katastrophe zeichnet sich ab, dass Hilfe noch lange nötig ist. Die Jabachhalle wird für die kommenden Wochen das zentrale Lager für den Rhein-Sieg-Kreis.