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Wohlfahrtsverbände in Rhein-SiegHilfe für Bedürftige wird weiterhin geboten

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Die Notschlafstelle bleibt geöffnet. „Wir schicken keinen weiter“, betont Bert Becker von der Wohnungslosenhilfe des SKM in Siegburg.

Rhein-Sieg-Kreis – Sie haben auch ohne Corona-Pandemie Schwierigkeiten genug: Menschen, die auf Unterstützung durch die Tafeln angewiesen sind, die wohnungslos sind oder psychisch krank. Nun droht die aktuelle Krise viele von ihnen erst recht zu überfordern.

SPZ Troisdorf

Georg Dregger und seine Kollegen sind derzeit „am Rödeln“: Zwar fallen alle Gruppen aus, ist auch die Tagesstätte geschlossen. „Unser Träger, die Diakonie, und die Kostenträger haben uns angehalten, niemanden reinzulassen“, berichtet der Leiter des Sozialpsychiatrischen Zentrums. Doch umso intensiver sind derzeit die telefonischen Kontakte. Teilweise auch von zuhause hielten die Kolleginnen und Kollegen Kontakt nicht nur zu den „Krisenklienten“. Manche kämen ganz gut zurecht, andere weniger.

„Gerade Familien mit Kindern haben zunehmend Bedarf“, sagt Dregger – nicht überraschend, wenn der Nachwuchs nicht mehr vor die Tür kommt in Familien, wo die Eltern aus verschiedensten Grünen ohnehin schon überfordert sind.

Rund 1300 Menschen betreut das Sozialpsychiatrische Zentrum in einem Jahr; darunter auch viele ältere Menschen. Dregger vermutet, „dass Ältere, die alleine leben, zunehmend Probleme haben“. Hier will das Team unter anderem mit der Organisation eines Einkaufsdienstes helfen.

Don-Bosco-Haus

Obdachlosigkeit nimmt keine Rücksicht auf eine Pandemie; Menschen ohne Wohnung brauchen auch in der Krise ein Dach über dem Kopf. „Das Haus ist nach wie vor normal geöffnet“, betont denn auch Bert Becker, Fachbereichsleiter Wohnungslosenhilfe beim Katholischen Verein für Soziale Dienste SKM. „Wir schicken keinen weiter.“

Klopft jemand neu an in der Notschlafstelle an der Luisenstraße, sind die Möglichkeiten allerdings begrenzt. „Wir messen Fieber, fragen nach Symptomen“. In Zweifelsfällen könnte das Team auch auf die Ausgabe von Zelt und Schlafsack zurückgreifen, berichtet Sozialarbeiter Becker.

Post und Beratung nur am Fenster: Dominik Schmitz und seine Kollegen halten Abstand zu den Ratsuchenden und untereinander.

„Bleibt da, wo Ihr seid“, appelliert er. Eine Bitte, die an die Betroffenen ebenso geht wie an Menschen, die sie möglicherweise bei sich aufgenommen haben: Von Couch zu Couch wandern erfahrungsgemäß viele Wohnungslose; sie schlafen bei Verwandten oder Freunden. „Räumt das Sofa frei, schmeißt das Klopapier runter und vertragt Euch“, ruft Bert Becker zur Solidarität auf.

In drei Teams, die sich physisch nicht begegnen, besetzen die Mitarbeitenden des Don-Bosco-Hauses das Büro. Die Kollegen sind dann im Homeoffice, bearbeiten zum Beispiel Räumungsklagen. „Manches kann man aber nicht digital machen“, betont Becker. Post für die mehr als 235 Menschen, die über das Haus zum Beispiel für das Jobcenter erreichbar sind, reichen Becker und Kollegen wie Dominik Schmitz zum Fenster heraus. Am gleichen Fenster findet auch das Gespräch mit Ratsuchenden statt. Sind die bestellten Webcams erst einmal eingetroffen, wird Beratung auch über Dienste wie Skype stattfinden.

Die Tafeln

Geschlossen sind derzeit die Tafeln, die im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis vom SKM und Arbeiterwohlfahrt getragen werden. „Weil wir die Ehrenamtler, von denen viele schon älter sind, und die Kunden nicht mehr ausreichend schützen konnten“, sagt Peter Sieler, Koordinator für die vier Tafelstandorte des Awo-Kreisverbands in Hennef, Much, Königswinter und Bad Honnef. 560 Haushalte und etwa 1500 Personen, die zuletzt regelmäßig die Tafeln aufsuchten, müssten nun ohne auskommen.

„Es stimmt nicht, dass sie nichts zu essen haben“, korrigiert Sieler ein verbreitetes Missverständnis: „Wir versorgen die Leute nicht, wir unterstützen sie.“ In den Tagen vor der sich abzeichnenden Schließung hätten die Helferinnen und Helfer bereits Haltbares aus der Reserve zusätzlich in die Taschen gepackt.

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Intensiv werde derzeit gearbeitet, „dass die Ruhe bald vorbei ist“, kündigte Peter Sieler an. Zu den Ideen gehören die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen oder ein Lieferdienst. Wann die Tafeln wieder öffnen, steht in den Sternen. Und „es kann uns blühen, dass wir dann noch weniger ausgeben können als vorher“. Die vorgehaltene Reserve für spendenschwache Tage, bestückt aus dem Einkauf günstiger Aktionsware, werde sicher binnen weniger Tage aufgezehrt sein, fürchtet Peter Sieler.