30 Prozent gehen an Lieferando, wenn das Unternehmen die Speisen ausliefert. Viele Gastronomen lehnen ab – für andere lohnt sich das Angebot.
StimmungsbildLieferando verlangt satte Gebühr von Gastronomen im Rhein-Sieg-Kreis
Man erkennt es an dem kleinen orangen Aufkleber auf oder neben der Restaurant-Tür: Dieses Lokal hat eine Partnerschaft mit Lieferando. Der Online-Bestelldienst wird auch im Rhein-Sieg-Kreis immer häufiger genutzt. Das hat aber seinen Preis: Satte 30 Prozent gehen an Lieferando, wenn das Unternehmen die Lieferung übernimmt – immerhin noch 14 Prozent Provision werden fällig, wenn der Gastronomiebetrieb selbst ausliefert. Wir haben Gastronomen aus der Region gefragt, wie sie mit dem Thema umgehen.
„Bei einer Lieferung durch Lieferando geht uns zu viel vom Umsatz verloren – da sind zu viele Prozente drauf“, sagt Bahar Cöcelli, Geschäftsführer bei Big Boy Pizza in Troisdorf. Andere Lieferdienste habe er getestet, die seien aber zu unzuverlässig gewesen. Die Lösung: Ein eigener Lieferdienst. So können die Kunden des Betriebs an der Römerstraße direkt über die eigene Internetseite bestellen. Abwicklung und Lieferung übernimmt der Laden selbst.
Oberlarer Pizza-Kebaphaus ist die Lieferando-gebührt zu hoch
Auch im „Oberlarer Pizza-Kebaphaus“ kann die hungrige Kundschaft nicht über Lieferando bestellen. „Mir ist die Gebühr zu hoch, und dann soll ich auch noch weit fahren – das lohnt sich nicht für einen Döner“, sagt Betreiber Halil Polattemir. Wie hoch die Gebühr tatsächlich sei, wisse er aber nicht. „So genau habe ich mich damit noch nie beschäftigt.“
Generell biete er keinen Lieferservice an. „Wenn mal Bestellungen von großen Firmen kommen, ja. Dann sind es 70 bis 80 Euro, für die man da ausliefert.“ Fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe sein Lokal. Und die sind zur Mittagszeit gut ausgelastet. „Die Schüler kommen her, die Angestellten aus dem Stadthaus, aus dem Jobcenter – ich kann nicht klagen.“ So wie Halil Polattemir sehen das auch viele andere Gastronomen. So bietet das Restaurant das Medo am Mühlengraben im Siegburg seine Speisen nur zum Verzehr vor Ort oder zur Abholung an.
Kaum jemand bestellt ein Falafel-Sandwich im Rhein-Sieg-Kreis
„Das ist kein Geschäftszweig, der für uns interessant ist“, sagt Betriebsleiter Gregor Schneider. Viele Gerichte von der Speisekarte würden unter einer Lieferung leiden. Außerdem sei das Restaurant „zum Glück auch in diesen Zeiten immer gut ausgelastet“. Es gibt aber auch zahlreiche Gastronomen in der Region, die das Angebot des Lieferdienstes nutzen – und auch schätzen.
Schon seit drei Jahren gibt es die Filiale von Veganland auf der Siegburger Kaiserstraße. Inhaber Hüseyin Reyvici und seine Frau Meslina verkaufen hier veganes Çiğköfte und Falafeln. Und sind seit rund zwei Jahren bei Lieferando zu finden. Wer also ein fleischloses Dürüm bestellen will, kann dort die Filiale von Veganland finden und bekommt sein Essen flugs nach Hause geliefert.
„Wir liefern im Umkreis von zehn Kilometern Luftlinie, also auch bis nach Königswinter und Lohmar“, sagt Hüseyin Reyvici. Nur: es bestelle kaum jemand. „Ein Falafel-Sandwich ist matschig, wenn es zu Hause ankommt. Wir leben von den Kunden, die zu uns ins Lokal kommen“, sagt er. Anfangs habe er sich geweigert, Teil von Lieferando zu werden.
Für Siegburger Gastronom bietet Lieferando ein gutes Nebengeschäft
„Dann habe ich mit anderen Veganland-Filialen gesprochen und die meinten, dass es sich lohnt.“ Reyvici meldete sich an und erhielt ein kleines digitales Endgerät, das ihnen die Bestellungen anzeigt. „So fünf bis zehn am Tag kommen darüber rein. Wenn im Laden viel los ist, schalten wir es auch schon mal aus, dann sind wir auf der Webseite und in der App nicht zu finden“, sagt er.
Umgekehrt sei er an Tagen mit schlechtem Wetter froh, wenn die Menschen im Internet Essen bestellten. „Wir sind nicht darauf angewiesen, aber es ist ein gutes Nebengeschäft.“ Für das er 14 Prozent Provision an Lieferando zahle. „Wir liefern selbst, sonst wäre es teurer. Aber es lohnt sich für uns.“
Mit anderen Lieferdiensten wie Uber Eats und Wolt habe der 32-Jährige keine Erfahrung. „Die haben es mal hier in der Region versucht, aber die Marktmacht von Lieferando ist zu groß.“
Lieferando verlangt auf dem Land und in der Stadt dieselbe Provision
Auch Duran Haligür, Inhaber von „Pizza Pan“ auf der Sieglarer Straße in Oberlar ist zufrieden. „Wir haben keine Beschwerden und erhalten viele Bestellungen über Lieferando“, sagt. Bereits seit ein paar Jahren nutze er das Portal. „Während der Pandemie waren es etwas mehr, auch über das Telefon bestellen viele Leute noch“, schildert Haligür.
Grundsätzlich gebe es zwei Modelle der Zusammenarbeit, sagt Lieferando-Pressesprecher Jens Wrobel. „Bei der Lieferung durch uns zahlen Restaurants 30 Prozent Provision, wenn sie selbst liefern, sind es 14 Prozent“, erläutert er. 90 Prozent aller Betriebe nutzten die Option, bei der sie selbst auslieferten.
Unterschiede zwischen Stadt und Land gebe es nicht. Die Provision von fast einem Drittel des Bestellwerts findet Wrobel angemessen: „Es ist weniger als der Lohn, den man einem Fahrer bezahlen müsste.“
Lieferando verspricht Gastronomen hohen Gewinnzuwachs
Zu den Leistungen von Lieferando gehörten obere Platzierungen bei Suchmaschinen, Marketingkampagnen, digitale Zahlungsmethoden, Werkzeuge zur Analyse des Projekts. „Es gibt keine Grundgebühr, keine Fixkosten“, bekräftigt Wrobel. Die Partner könnten ihren Gewinn durchschnittlich um 130.000 Euro steigern.
Wie viele Restaurants im Rhein-Sieg-Kreis Lieferando nutzten, könne er nicht sagen, aber: „Wir haben rund 35.000 Partner in Deutschland und decken 90 Prozent der Fläche ab“, will heißen: An diesen Orten werde man beliefert, wenn man über Lieferando bestelle. Die Fahrerinnen und Fahrer erhielten ein festes Gehalt mit Zuschlägen, das sie auch erhielten, wenn gerade Flaute herrsche.