Rückkehr des GlaubensMuslimen in Rhein-Sieg bedeutet Ramadan in Corona-Zeiten viel
Rhein-Sieg-Kreis – So wie Ostern für Christinnen und Christen ein Familienfest ist, hat auch der Ramadan für muslimische Menschen im Rhein-Sieg-Kreis eine große Bedeutung. Er dauert noch bis zum 1. Mai. Beim Iftar, dem abendlichen Fastenbrechen, kommen die Menschen zusammen – etwas, das in den vergangenen zwei Jahren wegen der Pandemie nicht möglich war.
Musliminnen und Muslime aus Troisdorf und Niederkassel erzählen, wie sie den Ramadan mit zurückgenommenen Einschränkungen erleben. Viele Menschen nutzten den Karfreitag, um zum Freitagsgebet in die Selimiye-Moschee in Niederkassel-Lülsdorf zu kommen.
Hier arbeitet das Ehepaar Esra und Bilal Basal als Imame, auch Orhan Kangöz als 1. Vorsitzender und der 19-jährige Berkan Kara aus dem Jugendvorstand sind in der Gemeinde aktiv. Während des Ramadans verzichten muslimische Menschen tagsüber auf Essen und Trinken. Erst abends dürfen sie wieder Nahrung zu sich nehmen. Doch der Fastenmonat bedeutet noch mehr.
„Es ist der heiligste Monat für Muslime, eine Zeit, in der man in sich kehrt und sich fragt: Was bin ich für ein Mensch?“, sagt Esra Basal. „Man liest viel im Koran, versucht, ihn zu verstehen und seine Lehren im Alltag umzusetzen.“ Der Ramadan schule auch Geduld und Empathie.
„Nebenbei bekommen wir ein Gefühl, wie es ist, nichts zu essen oder zu trinken zu haben – wir müssen lernen, geduldig zu sein“, sagt die Theologin. Ramadan, ergänzt ihr Mann, sei zudem der Monat, in dem der Koran an den Propheten Mohammed gesandt worden sei.
„Auch er hat Wert auf den Ramadan gelegt und viel Zeit investiert.“ Er habe mehr gespendet als sonst und war ein Vorbild für alle Muslime. „Wir freuen uns auf diese Zeit“, unterstreicht Jugendvorstand Kara. „Die Kinder werden von den Eltern nicht gezwungen, viele wollen freiwillig mitmachen.“
Seiner Bedeutung als Fest der Gemeinschaft und Besinnlichkeit wurde der Ramadan in Corona-Zeiten jedoch nicht gerecht, auch 2020 und 2021 fand er im Frühjahr statt. Moscheen mussten geschlossen bleiben, das Fastenbrechen in Gemeinschaft war nicht möglich.
„Ich merke das in meinem Freundeskreis: Je länger die Pandemie dauert, desto mehr kehrt die Gemeinschaft zurück. Zum Tarawih, dem Nachtgebet, kommen wir immer in die Moschee. Und nach dem Fastenbrechen machen wir noch einen Filmabend oder so“, sagt Kara. „Dazu sind natürlich auch Nicht-Muslime eingeladen. Viele wollen das Fasten auch mal für einen Tag ausprobieren.“
Bei allem Verständnis für die Neugier ist es Gemeindevorstand Kangöz doch wichtig zu betonen, wie groß die Bedeutung des Glaubens für das Fasten sei. „Um zu fasten, muss man glauben – sonst wird es schwer.“
Ramadan im Mondkalender
Der Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders, der zehn bis elf Tage kürzer ist als in heutiger Zeitrechnung. Damit verschiebt sich auch der Beginn jedes Jahr, 2022 findet das Fasten vom 2. April bis 1. Mai statt.
Das Fasten im Ramadan gilt als eine von fünf Säulen des Islam. Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang verzichten muslimische Menschen vollständig auf Essen und Trinken. (mfu)
Die Gebetsteppiche, die vorher noch den Abstand zwischen den Gläubigen markierten, sind aus der Al Huda-Moschee in Troisdorf-Oberlar verschwunden – wer beten möchte, kann das nun wieder ohne Abstand tun, muss aber weiterhin eine Maske tragen.
„Vor jedem Gebet bittet der Imam, näher zusammen zu rücken. Das ist natürlich symbolisch gemeint, wird aber auch so praktiziert. Während der Hochphasen der Corona-Pandemie ging das nicht“, sagt Gemeindemitglied Abdulraman Köyluoglu. An Feiertagen hätten nicht alle Menschen in den kleinen Gebetsraum gepasst, sie beteten teilweise draußen im Hof.
„Die Moschee als Treffpunkt fehlte, dadurch rückte man auch etwas vom Glauben ab“, sagt Köyluoglu. „Das kommt aber langsam wieder, auch wenn es noch nicht so ist wie zuvor.“ Viele ältere Menschen hätten Angst gehabt, unter Menschen zu gehen. Einige seien gestorben.
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„Wir hoffen, dass in diesem Ramadan die Gemeinschaft zurückkehrt. Ramadan ist ein Monat, bei dem Menschen vieles miteinander teilen: Nicht nur das Essen, sondern auch ihre Hilfsbereitschaft – Muslime müssen 2,5 Prozent ihres Jahreseinkommens spenden. Die meisten tun das während des Ramadans“, sagt er.
Ein gemeinsames, traditionelles Fastenbrechen auf dem Hof der Moschee, zu dem auch Bedürftige und Nicht-Muslime willkommen sind, finde in diesem Jahr noch nicht statt. „Die Pandemie hat unser aber auch gezeigt, was die Gemeinschaft ausmacht. Nachdem man eine Krankheit überwunden hat, weiß man die Gesundheit zu schätzen – das hat auch unseren Glauben bestärkt“, sagt Köyluoglu.