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„Noch nie erlebt“Tanzgarde verlässt nach anzüglichen Äußerungen Karnevalssitzung in Sankt Augustin

Lesezeit 3 Minuten
Leere Tische bei einer Karnevalssitzung.

Eine Karnevalsgesellschaft aus Königswinter verließ aus Protest den Saal. Symbolfoto.

Mal um Mal wiederholte der Moderator einer Karnevalsveranstaltung seine anzüglichen Kommentare in Richtung eines Mädchens.

Auf der Bühne in der gut besuchten Aula der Realschule Niederpleis tummeln sich fast 20 Karnevalisten, Erwachsene genauso wie Kinder. Im Mittelpunkt steht ein Mädchen im Grundschulalter. Mit lautem Organ redet ein Funktionär mit einem Federhut immer wieder durch ein Mikrofon auf sie ein, wiederholt Mal um Mal seine anzüglichen Kommentare in ihre Richtung. Es sind Aufnahmen, die sprachlos machen.

„Endlich kann ich mal mit dir knutschen, ohne dass deine Mama mit mir schimpft.“ „Hängst du an mir? Ich liebe es. Jawoll.“ „Die kann knutschen, wie ihre Mutter.“ Es sind nur drei Beispiele dafür, wie der Moderator der Veranstaltung und Präsident der Sankt Augustiner Prinzengarde, auf das Mädchen einredete. Der Redaktion liegen Videoaufnahmen der Szenen vor, die sich so beim 11. Garde- und Tollitätentreffen in Niederpleis zugetragen haben.

Prinzengarde-Präsident rechtfertigt Äußerungen mit freundschaftlicher Verbindung

Nur einmal wird das Auftreten des Präsidenten der Prinzengarde kommentiert: Eine Frau fragt nach dessen Aussage, das Kind küsse so gut wie ihre Mutter, was diese denn dazu sage. Der Präsident nimmt die Frage auf und bezieht sich nun direkt auf die Mutter des Mädchens. „Die hatte früher schon nen Zungenschlag.“ Danach hat man zunächst das Gefühl, der Moderator würde selbst realisieren, dass er mit seinen Äußerungen zu weit gegangen ist. Er fragt ins Publikum: „Soll ich das nicht laut sagen? Entschuldigung.“ Danach endet der Videomitschnitt.

Auf Anfrage der Redaktion äußerte sich der Präsident der Sankt Augustiner Prinzengarde selbst zu den Vorfällen vom Samstag, 13. Januar. „Wir sind immer noch im Karneval“, sagt er. Wenn ein Mensch den rheinischen Humor anders auffasse, „tut mir das leid für ihn“. Er kenne das Mädchen und die Familie schon ewig, es bestehe eine „freundschaftlich familiäre Verbindung“. Das habe er auch in seiner Moderation deutlich gemacht.

Mit anderen Kindern, so der Prinzengarde-Präsident, würde er nie so sprechen. Ohnehin hätte ein Großteil der Besucherinnen und Besucher im Saal seine Äußerungen nicht als anstößig oder schlecht empfunden. Dass mitnichten alle Anwesenden die Äußerungen des Moderators guthießen, zeigt die Reaktion der Grossen Königswinterer Karnevalsgesellschaft (GKKG).

Königswinterer Karnevalsgesellschaft verlässt nach Äußerungen den Saal

„Wir haben nach diesen Aussagen die Veranstaltung verlassen“, sagt Guido Hoffmann, erster Vorsitzender der GKKG. Tanzgruppen der Gesellschaft hätten an diesem Nachmittag eigentlich auftreten sollen – „das konnten wir so aber nicht stehen lassen.“ Er hätte Kinder im Alter von sechs bis 18 Jahren dabei gehabt, sagt Hoffmann. „Nach diesen Äußerungen konnte ich mit denen nicht auf die Bühne gehen.“

Der Vorsitzende der Karnevalsgesellschaft, in der das junge Mädchen organisiert ist, äußerte sich am Montag auf Anfrage der Redaktion zu den Vorfällen. „Wir distanzieren uns ganz entschieden von den Aussagen, die auf der Bühne getätigt wurden“, sagt der Vorsitzende, der selbst nicht bei der Veranstaltung anwesend war. In all seinen Jahren im Karneval habe er so etwas noch nie erlebt.

Ob er selbst etwas mitnehme nach den Reaktionen auf die Veranstaltung? „Ich nehme definitiv mit, dass du selbst im Karneval einen Rechtsanwalt dabei haben musst“, sagt der Moderator der Veranstaltung. Er finde es sehr schade, dass an dem Abend niemand mit ihm gesprochen habe. Einige Missverständnisse hätten so vermieden werden können.