2006 gab es in der Asklepios-Kinderklinik 113 dokumentierte Rheuma-Fälle, 2023 waren es fast zehnmal so viel.
Über 1000 FälleKinderklinik in Sankt Augustin behandelt immer mehr junge Patienten mit Rheuma
Rheuma wird am häufigsten ab dem 40. Lebensjahr diagnostiziert, doch auch Kinder sind von dieser Krankheit betroffen. „Tritt sie vor der Pubertät auf und wird nicht behandelt, kann es sogar dazu führen, dass Kleinwüchsigkeit droht“, berichtet Professor Gerd Horneff, Ärztlicher Leiter der Asklepios-Kinderklinik.
Der Mediziner hat festgestellt, dass in den letzten Jahren immer mehr junge Rheuma-Patienten in die Kinderklinik nach Sankt Augustin kommen. 2006 gab es dort 113 dokumentierte Fälle, 2023 waren es fast zehnmal so viel, nämlich 1019. „Unser Haus sich im Laufe der Jahre zu einem Schwerpunktzentrum für Kinderrheuma entwickelt“, begründet der Chefarzt den Anstieg. Immer mehr Kinderärzte würden ihre Patienten überweisen.
Bundesweit größtes Zentrum für Kinderrheumatologie
Angeschlossen an die Kinderklinik ist ein eigenes Studienzentrum, das in Deutschland das größte seiner Art für die Kinderrheumatologie ist. „Einer seiner Hauptaufgaben ist es, die Arzneimittelsicherheit zu verbessern“, so Horneff. Die gewonnen wissenschaftlichen Erkenntnisse würden der europäischen Arzneimittelbehörde EMA mitgeteilt.
„Die letzten zwei Jahrzehnte brachten dabei gravierende Verbesserungen in der Therapie rheumatischer Erkrankungen bei Kindern“, berichtet er. Dank der Verfügbarkeit neuer und geprüfter Medikamente sowie Therapieempfehlungen „konnte in vielen Fällen eine vollständige Wiederherstellung der Gesundheit erreicht werden.“ Rheuma im Kindesalter sei inzwischen eine sehr gut behandelbare Krankheit.
Auf der Liege im Behandlungsraum wartet ein Junge. Der Zehnjährige wurde mit einem stark angeschwollenen Knie eingeliefert. „Durch einen Zeckenbiss gab es eine Infektion mit Borreliose“, so Horneff zur Diagnose. Trotz des Einsatzes von Antibiotika hätte sich das Knie nicht verbessert. So kam der Junge ins Rheumazentrum der Kinderklinik. Schnell sei jedoch klar geworden, dass es sich um eine akute Entzündung gehandelt hätte. Eine Medikamenteninjektion ins Knie hätte sofort zur Abschwellung geführt. „Unsere Erfahrung hilft uns bei solchen Fällen enorm“, sagt Horneff.
Geld vom Bund für die Forschung zum Thema Kinderrheuma
Neue Studien zur Anwendung innovativer Arzneimittel bei rheumakranken Kindern sind in der Umsetzung, „um weitere Erkenntnisse zu gewinnen und damit die Chancen auf Heilung und ein normales, gesundes Leben der jungen Patienten weiter zu erhöhen“, berichtet der Chefarzt. Deshalb erhält das Forschungszentrum nun vom Bund eine Fördersumme von rund 160.000 Euro. Neben der Kinderklinik Sankt Augustin sind auch die Universitätskliniken in Aachen, Berlin und Münster am Projekt beteiligt. Insgesamt wird es mit 954.000 Euro gefördert. Im vergangenen Jahr wurden 15 wissenschaftliche Publikationen zu Themen der rheumatischen Erkrankungen im Kindesalter veröffentlicht. Zudem wurden in 2023 sieben Doktoranden betreut.
Horneff hatte sich vor 19 Jahren nach dem Abschluss seiner Doktorarbeit dem Thema Rheuma bei Kindern in seiner Habilitation gewidmet. Der Schwerpunkt war damals der Einsatz neuer Medikamente, sogenannter Biologika. Diese Medikamente werden mithilfe tierischer oder pflanzlicher Organismen hergestellt und regulieren die Abwehrantwort des Körpers. „Sie haben sich heute durchgesetzt“, so Horneff, der damit zu den Pionieren dieser Art der Medikation bei Kinderrheuma zählt.
In der Kinderklinik in Sankt Augustin werden die kranken Kinder nicht nur von Ärzten betreut
Zur Behandlung von Rheuma gehört aber nicht nur die Therapie der akuten Symptome. Physio- und Ergotherapeuten, Kinderpsychologen und Sozialarbeitern unterstützen im Rheumazentrum der Asklepios-Kinderklinik den Gesundungsprozess. Gerade für Kinder sei es nicht einfach, wenn sie wegen ihrer Krankheit in der Bewegung eingeschränkt sind. „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit gewährleistet eine ganzheitliche Betreuung der jungen Patienten und deren Familien“, so Horneff. Die Klinik arbeitet deswegen eng mit der Rheumaliga Nordrhein-Westfalen zusammen und richtet regelmäßige Elterninformationstage und Elterntreffen aus.