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Kinder in LebensgefahrKinderklinik in Sankt Augustin schlägt wegen Scharlach-Fällen Alarm

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Ein Arzt untersucht in einer Kinderklinik ein Kind.

In kurzer Zeit kamen fünf Kinder mit einem schweren Verlauf von Scharlach in die Kinderklinik in Sankt Augustin (Symbolbild)

In der Asklepios-Kinderklinik in Sankt Augustin mussten innerhalb einer Woche mehrere Kinder mit Lebensgefahr auf die Intensivstation verlegt werden.

Professor Gerd Horneff schlägt Alarm: „Das habe ich in dieser Form während meiner Zeit als Mediziner noch nicht erlebt“, sagt der ärztliche Direktor der Asklepios-Kinderklinik in Sankt Augustin. Innerhalb einer Woche seien fünf Kinder im Alter von neun Monaten bis zehn Jahren mit einem schweren Verlauf von Scharlach ins Krankenhaus gebracht worden.„Drei Kinder mussten wegen Lebensgefahr sofort auf die Intensivstation verlegt werden.“

Die Dramatik der Infektion sei hoch gewesen, schildert der 60-Jährige. Bei einer Röntgenaufnahme der Lunge seien normalerweise beide Flügel klar zu erkennen. Nicht jedoch bei den akuten Intensivfällen. „Auf einem Bild war eine Seite des Organes komplett als weiße Fläche dargestellt, weil die Lunge mit Flüssigkeit vollgelaufen war.“ Mediziner bezeichnen diese Flüssigkeitsansammlung in der Brusthöhle zwischen Lunge und Brustwand als Pleuraerguss. Das Wasser musste mit einem Schlauch extern abgeleitet werden, damit sich das Organ erholen kann.

Streptokokken greifen bei schwerem Scharlach-Verlauf Organe an

A-Streptokokken sind der bakterielle Erreger von Scharlach oder auch Mandelentzündungen. Mediziner bezeichnen solche Bakterien als „alte Erreger“, da sie im Unterschied zu Viren wie SARS-Cov2 in der Medizin schon lange bekannt sind. Horneff sagt, er sei überrascht, dass diese Infektionen in so massiver Form plötzlich auftraten.

„Gefährlich wird es, wenn die Streptokokken andere Organe im Körper angreifen“, erklärt Horneff. Das sei bei diesen Kindern der Fall gewesen. Über die Mandelentzündung sei der Erreger bei einem anderen Kind ins Gehirn gelangt. Auf dem Röntgenbild seien die eitrigen Entzündungen klar zu erkennen gewesen. Man habe sofort mit Antibiotika reagiert.

„Dass banale Streptokokken nun wieder solche schweren Infektionen auslösen, ist ein Grund zur Sorge“, betont Horneff. Dies sei nicht nur im Rhein-Sieg-Kreis beobachtet worden. In anderen Kinderkliniken in Deutschland gebe es ähnliche Fälle.

Berufsverband der Ärzte lädt zu bundesweiter Videokonferenz

Deshalb habe der Berufsverband der Ärzte zu einer bundesweiten Videokonferenz zu diesem Thema in der nächsten Woche eingeladen. „Wir müssen früh reagieren, damit es nicht zu einer noch größeren Krankheitswelle wird“, sagt Horneff über geplante Strategien, die auch nächste Woche Thema der Konferenz sein könnten.

Wenn A-Streptokokken im Körper wandern, greifen sie das Gehirn, die Lunge und Gelenke an. Mediziner bezeichnen dies als invasives Eindringen über den Hals. „Todesfälle sind mir in den letzten Jahren nicht bekannt geworden“, sagt Horneff. Noch gebe es keine Erklärungen für diese ungewöhnliche Häufung der Infektion.

Isolation während der Pandemie könnte Scharlach-Welle begünstigt haben

Eine Möglichkeit, so Horneff, könne in der Insolation während der Pandemie zu finden sein. Die Kinder und Jugendlichen hätten in den zwei Jahren weniger Abwehrkräfte gegen Krankheiten entwickeln können. Eine Impfung gegen Scharlach gebe es nicht. „Antibiotika sind aber wirksame Medikamente gegen diese Infektion.“ Je früher man eine Infektion erkenne, umso schneller könnten sie helfen.

Auch die Kreisverwaltung bestätigt das ungewöhnlich häufige Auftreten der Krankheit. „Im gesamten vergangenen Jahr 2022 sind uns 309 Fälle von Streptokokken-Infektionen bekannt geworden“, teilt Kreispressesprecherin Rita Lorenz mit. Bis zum Februar 2023 waren es schon 195.

Ungewöhnlich niedrig war die Zahl der gemeldeten Streptokokken-Infektionen im Jahr 2021 mit 49 – damals galt wegen der Pandemie die Maskenpflicht.