Einen hundertprozentigen Schutz gegen Überflutungen gibt es am Lauterbach nicht.
LauterbachDas soll in Sankt Augustin als Schutz gegen Hochwasser getan werden
„Tote Kühe trieben im Wasser durch die Straßen von Birlinghoven, die Häuser waren überflutet.“ Paul-Michael Radermacher erinnert sich noch an die Erzählungen seiner Großmutter. Es war der 2. Juni 1903. Nach starken Regenfällen im Siebengebirge stürzten an jenem Dienstag große Wassermassen in den Lauterbach. Hinzu kamen die Fluten aus dem Eichenbach, Dissenbach und Gellenbach. Der Lauterbach gab auch Jahre später keine Ruhe. Noch heute erinnern sich Zeitzeugen an die großen Überschwemmungen von 1992 und 1996.
Der Hochwasserschutz in Birlinghoven war Thema im Ratsausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung. „Wir müssen etwas tun“, betonte Claudia Feld-Wielpütz (CDU). Sie berichtete, wie ihr Vater Fritz als Wehrleiter vom Hochwassereinsatz im Jahr 1992 morgens erschöpft zurückgekommen sei. Das Altersheim Haus Barhoff in Birlinghoven war überflutet und musste geräumt werden. Sogar Landrat Franz Möller sei seinerzeit zum Unglücksort gekommen.
Das Ingenieurbüro Holzem und Hartmann hat nun ein Konzept entwickelt, wie der Lauterbach umgestaltet werden könnte, um Starkregenereignisse zu entschärfen. Standortleiterin Tanja Hybner stellte es vor. Das Gewässer soll mehr Platz bekommen, allerdings sei dies nicht überall im Ort möglich, da nicht alle Privateigentümer bereit seien, Teile ihrer Grundstücke am Bachufer zur Verfügung zu stellen.
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Am Beispiel der Teichanlage im kleinen Park in Birlinghoven wurde gezeigt, wie der Lauterbach gezähmt werden könnte. Dieses ruhende Gewässer ist in die Jahre gekommen und muss dringend saniert werden. Wurzelwerk der in Ufernähe wachsenden Bäume hat den Untergrund des Teiches beschädigt, er verliert kontinuierlich Wasser. Einen direkten Zufluss hat er nicht. Himmelsteiche werden solche Gewässer genannt, die ihr Wasser ausschließlich aus Niederschlägen beziehen.
Zurzeit fließt der Lauterbach dort in einer geraden Linie vorbei, durch einen Umbau würde er mäandern. So entstünden neue Uferzonen, die Tieren und Pflanzern wertvollen Lebensraum geben könnten. Gespeist werden könnte der Teich durch Wasser aus dem Althölzer Siefen, der in den Teich des benachbarten Wasserschlösschens läuft, ein neuer Zugang müsste dafür gebaut werden.
Es gab schon Ideen, in Sankt Augustin eine Talsperre anzulegen
Das befürwortet auch Ortsvorsteher Hansjörg Kuhl. Insbesondere der Abschnitt der Straße Zur Sonnenuhr bereite ihm Sorgen. „Bei Starkregenereignissen, donnern wahre Fluten vom Berg herunter in Richtung Ortsmitte“, so Kuhl. Auch der Althölzer Siefen sei dann voll bis an den Rand. Anwohner haben schon Betonwinkel aufgestellt, um diese Fluten abzuleiten. Eine Lösung müsse gefunden werden.
Oliver Thiele, Geschäftsführer des Wasserverbandes Rhein-Sieg-Kreis, berichtete in der Sitzung des Ausschusses, es sei sogar geplant gewesen, „eine Talsperre oberhalb der Ortslage Birlinghoven mit einem Volumen von 125.000 Kubikmetern anzulegen“. Vom Fassungsvermögen entspreche dies in etwa dem Inhalt der Flutmulden in der Siegaue, die im Zuge des Baus der ICE Trasse Köln - Frankfurt 2001 als Ausgleich errichtet wurden. Diese Idee sei allerdings verworfen worden.
Wo der Lauterbach durch Umbauten nicht in die Breite gehen kann, sollen Schutzwände dafür sorgen, dass er bei Hochwasser in seinem Bett bleibt - keine optimale Lösung. Die Ausschussmitglieder waren nicht restlos überzeugt von dem Konzept. Dr. Rainer Frank (SPD) brachte es auf den Punkt: „Harmlose Bäche entwickeln sich bei Starkregenereignissen zum Amazonas und überfluten alles.“ Dies hätten die starken Überschwemmungen in Bayern in den vergangenen Tagen gezeigt. Stefanie Jung (FDP) forderte „eine transparente Kostenrechnung“, um zu sehen, was überhaupt investiert werden müsse.
Menschen in Sankt Augustin werden bei Starkregen irgendwann ihre Häuser räumen müssen
Beigeordneter Rainer Gleß wies darauf hin, dass es „bei sintflutartigen Regenfällen keinen hundertprozentigen Schutz gibt“. Das gelte auch für den Lauterbach. Nur Ereignisse, die rechnerisch alle 100 Jahre vorkämen, seien durch das neue Konzept berücksichtigt. Thiele ergänzte, es seien bald Bürgerinformationsveranstaltungen zum Umbau des Lauterbachs geplant. „Dort informieren wir auch darüber, wann der Zeitpunkt kommt, dass die Anwohner ihr Haus verlassen müssen, weil das Hochwasser nicht mehr in den Griff zu bekommen ist.“