Karneval war der Kipppunkt, 2020 gab es erste Corona-Fälle im Rhein-Sieg-Kreis. Was ist geblieben aus der Pandemie-Zeit vier Jahre danach?
Ausbruch nach KarnevalWas von Corona in Rhein-Sieg geblieben ist
Sonntagmorgen im Gartencenter: Die Leute stehen Schlange, sie wollen vor allem ins Café. Anne Kümpel hat ein paar Primeln in den Wagen gelegt, sie erinnert sich lebhaft an den Ansturm auf Blumen und Pflanzen, auf Geräte und Deko. „Wir waren damals gerade umgezogen, und der Garten war unsere Zuflucht“, sagt die zweifache Mutter aus Lohmar. Vor vier Jahren, nach Karneval, brach Corona im Rhein-Sieg-Kreis aus. Was ist geblieben von der Pandemie?
Spaziergänger aus der Stadt strömten in die Wälder im Rhein-Sieg-Kreis
„Man ist mehr rausgegangen“, sagen Sylvia und Frank Schneider. Plötzlich war etwas los in ihrem 100-Seelen-Örtchen in Hennef, Spaziergänger von außerhalb, ablesbar an den Kfz-Kennzeichen, strömten in die Wälder.
Sie hätten als Dorfbewohner die Einschränkungen aufgrund der Hygiene-Vorschriften gar nicht so schlimm gefunden, so das Paar, die herrschende Stimmung dagegen als hysterisch empfunden. Für die Städter sei die Situation wohl schwieriger gewesen. Als der Maskenzwang fiel, hätten sie den Schutz erleichtert abgelegt, nur das häufige Händewaschen bis heute beibehalten.
Froh über ihr schönes Zuhause mit großem Garten war Annika Fürst. Der sei in dieser Zeit deutlich gepflegter gewesen, so die Siegburgerin, die Zeit mit der Familie intensiver. Die Krankheitswelle und mit ihr das extrem beschränkte Leben sei glücklicherweise vorbei. Leider auch das tägliche Homeoffice, sagt die Beschäftigte beim Deutschen Akadamischen Austauschdienst. Das Pendeln nach Bonn verschlinge doch viel Zeit.
„Wir durften zum Glück zu den Pferden.“ Julie Schmidts Familie hat einen Hof in Hennef, die 24-Jährige absolvierte ihr Lehramtsstudium zum Teil online. Heute erlebe sie als Referendarin die Corona-Folgen hautnah: „Den Kindern fehlt das soziale Lernen aus dieser Zeit.“ Bei den Erwachsenen sieht sie mehr gesundheitliche Probleme, das betreffe auch sie und andere junge Leute aus ihrem Freundeskreis.
Die Masken liegen bei Nadine Ehlers immer griffbereit. Die Friseurmeisterin drückt sie Kunden, die stark erkältet sind, in die Hand. „Wir tragen sie auch.“ Es sei ein herber Einschnitt gewesen, ihre Hairlounge in Beuel zwangsweise schließen zu müssen. Ihrem Sohn Niklas, heute 14, habe sie daheim die Haare geschnitten. „Er ist von allen beneidet worden.“
Daheim übte sie an Puppenköpfen, hielt den Kontakt zu Kollegen in ganz Deutschland per Telefon und Videocall. Amigo, ihr Shetland-Sheep-Dog, genoss die ausgiebigen Gassi-Gänge. Ein Gutes aus dieser schlimmen Zeit sei geblieben, resümiert Ehlers: „Viele Kunden sind nach wie vor im Home-Office und so zeitlich flexibel, sie können tagsüber Zeit für Friseurbesuche einplanen.“
Im Siegburger Amtsgericht ist die Pandemie immer noch präsent. Die Schilder an den Glastüren „Bitte Maske tragen“, „Bitte 1,5 Meter Abstand halten“, werden zwar von den Besuchern ignoriert. Die strafrechtliche Aufarbeitung läuft aber auch Monate nach Aufhebung aller Beschränkungen weiter.
Etwa alle zwei bis vier Wochen stehen Angeklagte wegen Corona-Subventionsbetrugs vor Gericht oder wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz. Darunter Fälle, in denen Personen, die nicht in einem Haushalt wohnten, in freier Natur ohne den Mindestabstand nebeneinander gingen.