Für das jüngste Konzert der Kammermusikreihe Resonanzen hatte Impresario Markus Bröhl Bariton Benjamin Appl und den Akkordeonisten Martynas Levickis nach Siegburg verpflichten können.
KonzertSiegburger Publikum feierte „Resonanzen“-Künstler
„Eine ungewöhnliche Kombination verlangt ein ungewöhnliches Programm“, sagte Bariton Benjamin Appl zu Beginn des „Resonanzen“-Konzerts in der ausverkauften Aula des Siegburger Stadtmuseums. Das war mit seiner genreübergreifenden Auswahl von Kunstlied, Folklore und Couplet bis Swing wirklich extravagant, unterstrich darüberhinaus einen wichtigen Umstand. Nämlich dass eine Bariton-Stimme, die bekanntlich zwischen Bass und Tenor liegt, geschaffen ist für Grenzgänge oder komplettes Eintauchen in die Nachbar-Stimmlagen. Im Falle Appl mit staunenswert durchdringender Intonation und mit geschmeidigen Übergängen.
Ungewöhnliches Duo musizierte in der Siegburger Aula
Ungewöhnlich war allemal die Begleitung des Sängers mit Akkordeon. Hierfür hatte der künstlerische Leiter Markus Bröhl den Litauer Martynas Levickis gewonnen, der vielen Gästen eine neue Sichtweise auf dieses oft unterschätzte Instrument vermittelt haben dürfte. Mit einer gewissen Selbstironie lud er ein zu „beautiful Music with my Quetschkommod“, um sein Akkordeon wenig später zum brillanten und folgsamen Partner für sein furioses Solospiel bei Franck Angelis „Allegro ritmico aus Impasse“ zu erheben.
Rasende Läufe auf der Klaviatur und mächtige Bässe der linken Hand kennzeichneten das hochvirtuose und technisch komplexe Stück. In der zweiten Hälfte wurde er für Philip Glass' „Etude Nr. 6“ ein weiteres Mal gefeiert. Jetzt bestimmten mit feiner Melodie verwobene Konglomerate von Trillern, Läufen und Stakkato-Akkorden das Klangbild, das den Gästen mit orchestraler Wucht auf den Leib rückte. Anders dagegen seine Interpretation von Piazzollas „Oblivion“, die mit „herzerwärmend“ zutreffend charakterisiert ist.
Bariton Appl wird vielen musikalischen Genres gerecht
Freilich bestand das Akkordeon auch als Begleiter der vielen herrlichen Lieder. Gustav Mahler und seiner Ehefrau Alma gehörte der Auftakt mit zwei romantischen Liedern (Wenn mein Schatz Hochzeit macht; Laue Sommernacht“). Appls Falsett, das sich immer wieder samtweich aus dem baritonalen Grundduktus erhob, schlich sich ins Gemüt. Mit mehr Bruststimme intonierte der gebürtige Regensburger und ehemalige Domspatz Wolfgang Erich Korngolds „Der Knabe und das Veilchen“, setzte zudem auf eine strahlende Schlussstretta.
Die Bandbreite des 41-Jährigen und das den Städten Wien, Paris, Berlin und New York die Reverenz erweisende Programm sorgten für einen grandiosen Abend. So stellte Appl in den Ravel-Liedern „Chanson épique“ und „Chanson à boire“ würdevolle, kirchentonale Struktur die Vortragsweise eines Trinkliedes gegenüber. Wobei es bei letzterem zwar kneipenhaft laut zuging, gleichwohl den Harmonien Rechnung getragen wurde.
Im Stadtmuseum Siegburg gab es Schönes im Überfluss
Zu dem Schönen im Überfluss zählten Hollaenders „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, Kurt Weills unvergängliche „Moritat von Mackie Messer“ und sein schwärmerisches „Youkali“. Cole Porters „Begin the Beguine“ brachte ebenso rhythmische Bewegung in die Stuhlreihen wie Gershwins „I got Rhythm“. Dem folgten Jubel, stehende Ovationen und Rufe nach Zugabe. Das Duo legte nach und das Publikum durfte unter anderem den Hollaender ein zweites Mal genießen.