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Nach Rangelei in LohmarVerletzter Polizist hat kaum Chancen auf Schmerzensgeld

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Amtsgericht_Siegburg_Gerichtssaal_Akten

Akten im Amtsgericht Siegburg (Symbolbild) 

Siegburg/Lohmar – Drogenfahnder erwischen zwei junge Männer im Park der Villa Friedlinde mit reichlich Marihuana, bei der Festnahme am 20. Juli 2020 soll sich aber einer so massiv gewehrt haben, dass einer der Polizisten einen Muskelfaserriss erlitt. Der Beamte will nun im Zivilverfahren 2000 Euro Schmerzensgeld erstreiten. Doch seine Chancen stehen schlecht.

Denn sein Kollege hat von den Tritten, die mutmaßlich zur Beinverletzung führten, nichts mitbekommen: „Ich hatte mit dem anderen Verdächtigen alle Hände voll zu tun“, sagte der 31-Jährige im Zeugenstand.

Ob sein Kollege vor dem Einsatz am 20. Juli 2020 gesund war und ob dieser nach der Widerstandshandlung über Schmerzen klagte, daran könne er sich heute, rund 14 Monate danach, nicht mehr erinnern. Es sei doch alles im Bericht festgehalten worden. Darin aber finde sich nur der Sachverhalt, ohne dass deutlich werde, wer welche Aussage beisteuerte, stellte Richter Dirk Oberhäuser klar.

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So stand Aussage gegen Aussage: Der Polizeibeamte als Kläger schilderte den Fluchtversuch des Verdächtigen und die Rangelei, bei der beide zu Boden gingen. Der damals 17-Jährige, groß gewachsen und durchtrainiert, habe sich aufgebäumt und ihm mehrere Tritte versetzt, bis er schließlich durch zwei „Blendschläge“ den Widerstand brechen konnte, so der Kläger.

Durch den Adrenalinausstoß habe er nicht direkt Schmerzen gespürt; als diese immer stärker wurden, sei er ins Krankenhaus gegangen, wo der Muskelfaserriss diagnostiziert wurde. Der Beklagte indes räumte zwar in der Verhandlung die Rangelei ein, nicht aber die Tritte.

Beklagter bot 600 bis 800 EuroIm Zivilprozess müsse aber der Beweis geführt werden, betonte der Richter. Er sei überrascht, dass der von der Klägerseite benannte Zeuge nichts zur Klärung beitragen konnte. Es wäre sinnvoller gewesen, zuvor als Geschädigter im Zuge des Strafprozesses einen Adhäsionsantrag auf Schmerzensgeld zu stellen. Dann wäre der Kläger als Zeuge der Wahrheit verpflichtet gewesen, hätte seine Aussage mehr Gewicht gehabt, „so sind Sie nur Partei“.

Vor dem Jugendgericht war der junge Mann im Strafprozess lediglich wegen Drogenbesitzes und nicht wegen -handels verurteilt worden, trotz der gefundenen Menge von 25 Gramm. Der Vorwurf des Widerstands war eingestellt worden.

Der Richter hatte zunächst als Vergleichsvorschlag die Zahlung von 1600 Euro vorgeschlagen, der Beklagte, Auszubildender im ersten Lehrjahr, hatte das abgelehnt. Sein Anwalt bot im Verfahren ein Schmerzensgeld von 600 bis 800 Euro an, womit der Polizist nicht einverstanden war.

Nun wird er voraussichtlich leer ausgehen, das zeichnete sich ab. Die Entscheidung wird im November verkündet.