Musik störte TrauerNach Beschwerde verzichtet Siegburg auf Klänge zur Illumination
Siegburg – Einmal im Jahr bietet sich am Nordfriedhof ein ungewöhnliches Lichtspektakel, große Scheinwerfer tauchen Bäume und Skulpturen in bunte Farben, schaffen eine eigene Stimmung. Diese lockt auch Besucher an, die ansonsten mit der Ruhestätte nicht viel im Sinn haben. Doch das Friedhofsleuchten ist nicht nach jedermanns Geschmack: Christina Wiltfang, die nach Eitorf zog, nachdem vor neun Jahren ihr Ehemann starb, kommt jedes Jahr an Allerheiligen mit ihren beiden 13 Jahre alten Töchtern auf den Friedhof, am liebsten in der Abenddämmerung.
Friedlich, ruhig und würdevoll sei der Friedhof, wenn er von den Grablichtern in ein „wunderbares Licht getaucht werde“. Dann aber habe man mit der Illuminierung begonnen, jetzt sei auch noch Musik hinzugekommen. „Ich muss sagen, sowohl ich als auch meine Töchter fanden das schon störend für die schöne Atmosphäre am Friedhof.“
Illumination am Siegburger Friedhof: Innehalten am Grab sei nicht möglich
Die Musik sei so laut gewesen, dass ein Innehalten am Grab nicht möglich gewesen sei. „Allerheiligen ist nicht umsonst ein stiller Feiertag, und gerade auf dem Friedhof wird daraus ein Event.“ Ein Mann, der wohl ein besonders gutes Foto von der Installation machen wollte, habe sich direkt hinter den Grabstein gestellt, an dem sie mit ihren Töchtern getrauert habe.
Auf Anfrage der Redaktion stellte sich heraus, dass die Stadt aus der Beschwerde von Christian Wiltfang Konsequenzen ziehen will: „Das Friedhofsleuchten ist eine Veranstaltung, die sich seit mehreren Jahren auf dem Nordfriedhof etabliert hat“, sagt Pressesprecher Björn Langer. Künftig werde man aber zum Feiertag auf Musik verzichten.
Die „stimmungsvolle Illumination der Gräber und Bäume“ sei durch das Standesamt ins Leben gerufen worden und komme nur auf dem 150 Meter langen Hauptweg zwischen dem Eingangsportal an der Alten Lohmarer Straße sowie der Kreuzigungsgruppe zur Geltung. Anliegen sei es, „das schwierige Thema Tod aus der Tabu-Ecke herauszuholen. „Zudem wurde festgestellt, dass der Friedhof – auch an Tagen wie Allerheiligen – immer seltener besucht wird.“ Mit dem Friedhofsleuchten wollte man dieser Entwicklung entgegen treten.
Positive Rückmeldungen für Beleuchtung auf dem Friedhof in Siegburg
Die hohe Zahl fast ausschließlich positiver Rückmeldungen aus den vergangenen Jahren bestätigten, dass dieses Format mehrheitlich nicht nur angenommen, sondern auch akzeptiert werde. Neben mehrheitlich positiven Rückmeldungen sei die Musik aber, gerade an Allerheiligen, als „unpassend“ kritisiert worden.
Das ehrenamtlich betriebene Café T.O.D. hatte den Siegburger Musiker und DJ Horst Stöcker eingeladen, die Illuminationen musikalisch dezent zu untermalen, der daraufhin klassische, Ethno- und elektronische Musik auswählte. Die Vorsitzende des Vereins Andrea Müller-Battermann, ehemalige Leiterin von Standesamt und Friedhofsverwaltung, bestätigt, dass man künftig an Allerheiligen auf Musik verzichten wolle, ansonsten erwäge man, sie beizubehalten, wenn auch leiser.
„Man kann es nicht jedem recht machen“, bedauert sie, sie habe aber Verständnis dafür, wenn jemand „frisch in Trauer sei“ oder Ruhe haben wolle. Allerdings fielen Beleuchtung und Musik in eine späte Tageszeit, in der normalerweise niemand mehr auf dem Friedhof sei. Die Illuminierung sei bislang bei Hunderten von Mensch gut angekommen. „Wir haben sehr viel Zuspruch bekommen.“
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Auch Horst Stöcker spricht von „sehr vielen positiven Reaktionen“, die er bekommen habe. Bewusst habe er ruhige Stücke von Felix Mendelssohn Bartholdy und Jan Garbarek oder Gregorianische Choräle ausgewählt – bei einer solchen Veranstaltung auf dem Friedhof brauche es „Fingerspitzengefühl“. Begonnen habe diese um 18 Uhr, wenn der Friedhof schon geschlossen sei. Die Lautstärke sei sicherlich abhängig vom Standort gewesen. Aber selbst in der Nähe der Lautsprecher habe man sich noch unterhalten können.
Christina Wiltfang ist auch keineswegs gegen das Friedhofsleuchten. „Die Licht- und Soundinstallationen sind schön, aber Allerheiligen und auch Allerseelen sollte wirklich Raum für die Menschen geben, die an die Toten denken möchten.“