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Türsturz wieder im StadtmuseumDie Geschichte der legendären Siegburger Kneipe „Ente“

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Norbert Meiländer und Gernot Sträßer eröffneten die legendäre Siegburger Kneipe im Jahr 1975.

Siegburg – Eine Kneipe kann etwas Herrliches sein, Treffpunkt, Refugium, zweites Wohnzimmer, eine Herzensort, „wo das Leben noch lebenswert ist“. Als Peter Alexander diese Zeile 1976 sang, gab es ein besonders bemerkenswertes Exemplar schon seit einem Jahr in der Kreisstadt, die „Ente“ an der Mühlenstraße, die es später zu musealen Ehren brachte: Als das Haus 1992 abgerissen wurde, kam der bunt bemalte Türsturz ins Stadtmuseum und fand dort ebenso eine Bleibe wie zahlreiche Exponate zur Geschichte der Töpferei und der Abtei.

Für sieben Jahre allerdings verschwanden die steinernen Erinnerungstücke 2014 im Magazin, als ein Durchbruch vom Museum in die Stadtbibliothek geschaffen wurde. Nun ist der Türsturz der legendären Kneipe wieder im Stadtmuseum zu sehen.

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Mit urigem Ambiente, Kölsch vom Fass und guter Musik eroberte die Ente einen festen Platz in der Kneipenszene der Kreisstadt.

Die Siegburger Gernot Sträßer und Norbert Meiländer eröffneten das Lokal namens „Zur Ente“ und trafen offenbar einen Nerv: „Die Kneipe war von Anfang an voll, und das blieb über Jahre so“, erinnert sich der 78-jährige Sträßer (Spitzname „der Grön“). In den Räumen hatte sich zuvor ein gleichnamiges Restaurant befunden. „Gernot war schlau und hat mich als Jugendlichen dazu geholt“, erinnert sich Meiländer (genannt „der Mei“) schmunzelnd, der damals allerdings auch schon 27 Lenze zählte und noch als Versicherungsangestellter bei Gerling arbeitete.

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„Die Einrichtung sollte preiswert und originell sein, wir hatten ja kein Geld“, erzählt Meiländer (73), als Inspiration für die selbstgebauten Tische diente ein Lokal am Kölner Eigelstein. Zum urigen Ambiente trugen auch der alte Steinfußboden und ein Brikettofen bei.

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Auch ein Gemälde mit der Ansicht der legendären Kneipe fand seinen Platz im Stadtmuseum.

Dank eines persönlichen Kontakts, den Sträßer zur Kölner Brauerei Malzmühle hatte, konnten die beiden an der Mühlenstraße Mühlenkölsch zapfen, das offenkundig gut lief. Die erste Lieferung sollte eigentlich eine Woche reichen, ging aber schon am Eröffnungssamstag zur Neige.

Zu Essen gab es lediglich Rollmöpse und Käsebrötchen – es sei denn, die beiden legten spanische, gallische oder amerikanische Abende mit entsprechenden Spezialitäten auf oder boten im Garten Spanferkel am Spieß an. Das Lokal öffnete täglich. Meiländer stand fünf Tage hinter der Theke, Sträßer, der Dezernent bei der Bezirksregierung war, übernahm zwei Tage.

Auf Gewölbekeller gebaut

Nach dem Abriss des Hauses, in dem sich die Ente befand, im Jahr 1992 sorgte der damalige Beigeordnete und Kulturdezernent Uli Lehmacher dafür, dass das Portal des Hauses erhalten und der Türsturz im Stadtmuseum ausgestellt werden konnte.

1897 wurde das Haus der Stadtverwaltung zufolge gebaut; unklar ist, warum das Lokal, das ursprünglich ein Restaurant war, „Zur Ente“ hieß. Errichtet wurde es über einem älteren Gewölbekeller, der die geeignete Temperatur zur Bierlagerung bot. Auf dem Grundstück an der Mühlenstraße steht heute ein Wohn- und Geschäftshaus.

Herbert Spicker, damals Volontär im Museum, heute stellvertretender Leiter, freut sich über das Interesse an dem wiederausgestellten Exponat. „Viele Menschen haben darauf sehr emotional reagiert.“ Der Türsturz der Ente sei ein „schönes Stück mit einem hohen repräsentativen Wert für die Siegburger Alltagsgeschichte“. Die Wiederaufbereitung des Bauteils und das Aufhängen übernahm der Siegburger Steinmetz Markus Weisheit. (ah)

Das kleine Lokal mit 50 Sitzplätzen auf nicht einmal 60 Quadratmetern platzte in der Karnevalszeit aus allen Nähten. Weiberfastnacht standen 200 bis 300 Leute draußen Schlange, einigen riss der Geduldsfaden: Durch ein Toilettenfenster kletterten sie hinein. An einem dieser Abende soll die Theke zusammengebrochen sein.

In der Kneipe „Ente“ in Siegburg gab es nie eine Schlägerei

Die Musik trug zur Beliebtheit bei, kein Wunder, machte sich doch Sträßer auch bei der Rockband Panzerknacker einen Namen wie auch später als Bandleader der Big Band „Knapp daneben“. Neben Beatles und Stones liefen in der Ente die Animals: „Eric-Bordon-Fan bin ich immer noch“, sagt Meiländer. Karnevalsmusik lief nicht, erst später kamen mit Bläck Fööss und BAP kölsche Töne hinzu oder mit der Spider Murphy Gang und dem Hit „Skandal im Sperrbezirk“ und Peter Schillings „Major Tom“ die Neue Deutsche Welle.

Trotz aller Feierfreude ging es in der Kneipe friedlich zu: „Wir hatten nie eine Schlägerei“, beteuert Sträßer. Stammkunden, die knapp bei Kasse waren, bekamen auch schon einmal ein Freigetränk. Im Laufe eines typischen Tages in der Ente änderte sich die Kundschaft: „Bis 21 Uhr kamen die Kinder, dann die Eltern.“ Ein früherer Kunde habe ihm später einmal gesagt: „Meine Tochter würde ich immer noch zu euch schicken.“

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Mit Drogen habe es in der Ente keine Probleme gegeben. Dennoch seien nicht alle Stammgäste Heilige gewesen. Einer feierte in der Ente am Samstag groß seinen Geburtstag, hatte aber zuvor schon erklärt, er könne erst zahlen, wenn er am Sonntag das Geschenk seiner Oma bekomme habe. Am Montag war der Mann unbekannt verzogen.

„Ich war nie Zuhause“, fiel Sträßer allerdings irgendwann zwischen Beruf, Band und Nebenjob als Gastronom auf. Er stieg aus. Der letzte Arbeitstag für Meiländer kam, als die Eigentümer das Grundstück verkauften und die Ente abgerissen wurde. Er übernahm das nicht minder legendäre Lokal Moustache im Souterrain des Hotels Felder. Sträßer resümiert: „Ohne die Ente ging in Siegburg damals gar nichts.“ Als die Kneipe geschlossen wurde, hätten viele geweint.