AboAbonnieren

Verantwortliche schlagen AlarmAuch Apotheken im Rhein-Sieg-Kreis kämpfen mit Problemen

Lesezeit 4 Minuten
Es ist der Apotheker Marc Remmel zu sehen, wie er hinter seinem Tresen steht.

Der Siegburger Apotheker Marc Remmel sieht vor allem die Situation für kleine Apotheken auf dem Land kritisch.

Kostendruck, fehlendes Personal und Bürokratie sind auch in der Region Probleme. Ein Apotheker aus Siegburg berichtet.

Weniger als 18.000 Apotheken gibt es noch in Deutschland, der niedrigste Stand seit 40 Jahren. Die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände schlägt Alarm: Eine „flächendeckende Arzneimittelversorgung durch eine angemessene Vergütung“ müsse auch in Zukunft sichergestellt werden, seit Jahren wachse der Kostendruck.

In Gesprächen zeigt sich, dass auch Apothekerinnen und Apotheker in der Region schon bessere Zeiten gesehen haben. Marc Remmel, Inhaber der Wilhelm-Apotheke an der Wilhelmstraße in Siegburg, fürchtet zwar nicht um seine Existenz, vor allem wegen der guten Lage gleich neben dem Ärztehaus Siegburgmed. „Ich bin groß genug“, lautet seine Einschätzung.

Überbordende Bürokratie

Schlechter sei die Situation aber für kleine Apotheken auf dem Land. „Dort werden die meisten mittelfristig schließen“, fürchtet er. Das Geschäft habe sich stark gewandelt, immer schwieriger sei es, eine Apotheke wirtschaftlich zu führen, erläutert Remmel, der die 1971 von seinem Vater Friedrich gegründete Wilhelm-Apotheke 2005 übernahm.

Vor allem die überbordende Bürokratie habe den Personalbedarf in den vergangenen Jahren verdoppelt, ein Riesenproblem seien zudem Lieferengpässe bei Präparaten. Seit Jahren sei die Vergütung nicht angepasst worden. Als Mittel gegen ein Apothekensterben sieht Remmel einen Sockelbetrag, der die Grundfinanzierung einer Apotheke sicherstellt.

„Letzter Baustein im System“

Als „letzten Baustein im System“ sieht Remmel die Apotheken, die bei der Betreuung und Beratung der Kunden eine wichtige Rolle spielten, Notdienste sicherstellten und Arzneien auch selbst herstellten. Wenn E-Rezepte künftig bei Onlinehändlern eingereicht würden, nicht aber in der Apotheke am Ort, könne das die Lage noch verschärfen. Auch die Nachwuchsgewinnung sieht er mit Sorge: „Die Nachfrage ist größer als das Angebot.“

Zwar sei die zweijährige Ausbildung zum Pharmazeutisch-technischen Assistenten mittlerweile kostenlos, Geld wie bei einer dualen Ausbildung gebe es aber nicht. Ein großer Vorteil sei indes die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten. Ein Pharmaziestudium sei sicherlich sehr schwierig, der Beruf dann aber „grundsätzlich schön“: In der Apotheke habe man sehr viel mit Menschen zu tun, könne helfen und sehe sofort Erfolge.

Mangel an Fachkräften

Eine weiteres Berufsfeld öffnet sich für pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte. Die Rathaus-Apotheke in Neunkirchen-Seelscheid hat zurzeit keine Probleme, Mitarbeiter zu finden. „Wir zahlen übertarifliche Gehälter, und die Mitarbeitenden in ländlichen Gegenden sind meist mit ihrem Ort verbunden“, berichtet Inhaber Dr. Harald Freieck, der drei weitere Apotheken besitzt.

Anders sei dies an seinem Standort in Solingen. „In der Apotheke dort ist es schwerer, Mitarbeiter zu finden, weil die Großstadt Düsseldorf als Konkurrenz auftritt.“ In seiner Apotheke in Bonn, wie Düsseldorf Universitätsstadt, gebe es daher auch keine Probleme bei der Personalsuche. Freieck, der auch Geschäftsführer der Apothekenberatungsfirma Apocompetent ist, sieht aber langfristig einen Mangel an Fachkräften.

Altersvorsorge in Gefahr

Das merke er bei Beratungsgesprächen mit anderen Apotheken. Ein Lösung sei, mehr zu automatisieren. Das spare Arbeitskräfte ein, die sowieso fehlten. Ulrike Jüngel-Sandner, Sprecherin der Apothekerkammer Nordrhein für den rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis, verdeutlicht, wie ernst die Situation vor allem für ältere Kolleginnen und Kollegen werden könne: „Wenn man sich als junger Mensch selbstständig macht, versucht man nicht nur den eigenen Arbeitsplatz zu sichern, sondern auch die Rente.“

Kritisch werde es, wenn der Ruhestand in Sicht sei, sich aber kein Interessent für die Übernahme einer Apotheke finde. Auch sie moniert steigende Kosten für Personal und Mieten, während die Vergütung seit langem nicht mehr angepasst worden sei. Dass die Apotheken den Krankenkassen einen Rabatt gewähren müssen –den so genannten Apothekenabschlag –, der noch dazu im Februar von 1,77 Euro auf zwei Euro gestiegen sei, könne sie überhaupt nicht nachvollziehen.

Mit der Existenz von Apotheken seien auch die Notdienste gefährdet, warnt sie. Engpässe wie aktuell bei Penicillin-Präparaten verursachten zeitraubende Probleme. „Wir freuen uns über jeden Patienten, dem wir helfen können, aber wir kommen an Grenzen“, betont die Sprecherin.

Vor einigen Jahren bereits habe die Politik die Weichen falsch gestellt, weil die Versorgung so billig wie möglich habe sein sollen. Sie fordert: „Es muss dafür gesorgt werden, dass für sensible Bereiche Mindestvorräte produziert werden.“