SiegburgMogeleien bei der Führerscheinprüfung steigen sprunghaft an

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Monitor eines Prüfers des TÜV Rheinland bei der theoretischen Prüfung

Nicht bestanden: Die Betrugsversuche bei theoretischen Führerscheinprüfungen im Rhein-Sieg-Kreis steigen sprunghaft an.+

Bange vor der Führerscheinprüfung? Manche tricksen, schicken gar einen Stellvertreter. Die Fälle steigen in Siegburg sprunghaft an.

Zweimal war der 33-Jährige schon bei der theoretischen Führerscheinprüfung durchgefallen. Da gaben ihm Bekannte den Tipp: Da gibt es einen, der schon vielen geholfen hat. Der 35-jährige Stellvertreter meldete sich beim Tüv Rheinland zur Prüfung in Siegburg an, doch der Schwindel flog auf.

Beide landeten vor dem Amtsgericht. Diese Masche, für die es eine ähnlich aussehende Person braucht, ist nur eine Variante von vielen Mogel-Möglichkeiten. Bei etwa einem Drittel der Fälle, so die Tüv-Statistik, erschien ein Mensch nicht mit seinen eigenen Ausweispapieren zum Termin, in der Hoffnung, dass die Prüfer nicht so genau hinschauen.

Für den illegalen Stellvertreter werden bis zu 2500 Euro auf den Tisch gelegt

Das sei eine teure Angelegenheit, weiß Wolfram Stahl, Pressesprecher Mobilität bei Tüv Rheinland. Koste die Prüfung etwa 25 Euro, werde für die illegale Hilfe bis zu 2500 Euro auf den Tisch gelegt.

Andere unsichere Aspiranten nutzten technische Hilfsmittel, filmten die Fragen mit einer Mini-Kamera und ließen sich die Antworten über einen Knopf im Ohr einflüstern, oder sie zögen - wie weiland in der Schule - Spickzettel aus der Hosentasche.

Ein aufgedeckter Täuschungsversuch verursacht nicht nur weitere Kosten, der Prüfling verliert auch wertvolle Zeit
Antonius Nolden, Pressestelle des Rhein-Sieg-Kreises

Gezählt würden naturgemäß nur die Versuche, die auffielen, sagt Stahl. 688 waren es in Nordrhein-Westfalen, 2765 in ganz Deutschland, Tendenz steigend. Angesichts der Zahl der Prüfungen, bundesweit etwa 1,8 Millionen, zwar immer noch ein geringer Anteil. Doch die Grauzone sei groß, die Prüfer vermuteten, dass die Dunkelziffer nicht entdeckter Täuschungen weitaus größer sei, sagt der Experte. Auch in Siegburg seien die Fälle sprunghaft angestiegen, bestätigt Antonius Nolden aus der Pressestelle des Rhein-Sieg-Kreises auf Anfrage.   

Die Zahl der Betrugsversuche in Siegburg hat sich in einem Jahr verdoppelt

Jeder Betrugsversuch, so Nolden, werde vom Tüv an das Straßenverkehrsamt gemeldet. Vor 2022 habe es nur vereinzelt solche Betrugsversuche gegeben, die nicht in der Statistik auftauchten. Im Jahr 2023 fielen schon 21 Männer und Frauen auf, die sich den Prüfungserfolg erschleichen wollten, in den ersten fünf Monaten des Jahres 2024 waren es bereits 17, hochgerechnet aufs Jahr könnten mehr als 40 erwischt werden, also fast doppelt so viele. Nolden: „Es ist nicht auszuschließen, dass es eine nicht bekannte Dunkelziffer gibt.“

Welche Folgen hat die Mogelei für die Prüflinge? Der Theorie-Test werde sofort abgebrochen. „Von Seiten der Fahrerlaubnisbehörde wird daraufhin zunächst schriftlich das Nichtbestehen der theoretischen Prüfung festgestellt“, so Nolden. Ferner werde im Ermessenswege - je nach Art der Täuschung - eine Sperrzeit von bis zu acht Monaten sowie eine Einzelprüfung festgesetzt.

Wer Anzeige erstattet, der TÜV oder das Straßenverkehrsamt Rhein-Sieg, ist unklar

„Ein aufgedeckter Täuschungsversuch verursacht beim Prüfling also nicht nur weitere Kosten, sondern er oder sie verliert auch wertvolle Zeit im Vorhaben Führerschein.“

Bei der Stellvertreter-Masche drohen zudem strafrechtliche Konsequenzen. Sich für einen anderen auszugeben und dessen Papiere zu benutzen, zieht eine Anklage wegen Missbrauchs von Ausweisen nach sich. Doch wer erstattet Anzeige? Dazu gibt es widersprüchliche Informationen. Laut Tüv Rheinland macht dies das Straßenverkehrsamt Rhein-Sieg, laut der Kreispressestelle ist aber der Tüv zuständig. Es könnte also passieren, dass die Staatsanwaltschaft von gar keinem Fall Kenntnis erlangt. 

Denn vor Ort müssten ja auch die Personalien des Stellvertreters festgestellt werden, hieß es vor dem Siegburger Amtsgericht. Da die Prüfer ohne Einwilligung des Betroffenen keine Fotos machten dürfen, werde in der Regel die Polizei hinzugezogen. Bei den beiden 33 und 35 Jahre alten Angeklagten war das hingegen nicht passiert.

Der Siegburger Fall wurde erst Monate später durch eine Telefonüberwachung der Polizei Kleve aufgedeckt. Die hatte den einschlägig vorbestraften Stellvertreter bereits im Visier.

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