Die Baumfällungen in Siegburg sind kaum zu übersehen. Der frühere Bürgermeister und eine Ex-Ratsabgeordnete beschweren sich bei der Stadt.
Beschwerden bei der StadtAnwohner sind bestürzt über Baumfällungen in Siegburg
Trotz des frischen Grüns im Frühling sind auch Spuren des Klimawandels nicht zu übersehen. Doch Bürger reagieren oft entsetzt, wenn vor dem eigenen Haus oder am Lieblingsspazierweg kranke Bäume gefällt werden und sich die Stämme am Wegesrand stapeln.
So erging es auch dem ehemaligen Bürgermeister Rolf Krieger vor seinem Haus an der Taubenstraße: Rund 20 Eichen fielen dort im Wäldchen gegenüber der Säge zum Opfer, Äste und Reisig versperrten zudem die Wege in das Waldstück, das bei Spaziergängern und spielenden Kindern beliebt ist.
Forstamt-Mitarbeiter wollte Wald für Spaziergänger sperren – Anwohner gingen auf die Barrikaden
Krieger beschwerte sich bei der Stadt: „Die großen Blätterkronen der abgeholzten und der vielen abgeknickten Bäume können in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr die Luft in Siegburg, in Wolsdorf und auf dem Stallberg filtern und verbessern und uns mit Sauerstoff versorgen.“ Einige der Bäume seien sicherlich 100 Jahre alt.
Ein Mitarbeiter des zuständigen Forstamts habe zudem die Ansicht vertreten, der Wald müsse für Menschen gesperrt werden. Die Anwohner tolerierten das in keinem Fall: „Ich darf Sie in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam machen, dass meine direkten Nachbarn 48 Enkelinnen und Enkel besitzen, die häufig ihre Großeltern besuchen und dann fast immer in den Wald gehen, um dort zu spielen.“
Forstamt begründet Fällungen mit „Gründen der Verkehrssicherung“
Auch er selbst habe in dem Wald schon als Kind gespielt – Krieger ist Jahrgang 1940. Von der Stadtverwaltung wollte er zudem wissen, was die Stadt für die Abholzung bezahlt habe und welche Einnahmen sie durch den Verkauf der Stämme habe verbuchen können.
Zuständig für die Arbeiten ist das Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft, dessen stellvertretender Leiter Jörg Fillmann Stellung zu den Fällungen nahm. Die Stadt Siegburg als Pächterin der Fläche habe das Forstamt mit der Organisation und Abwicklung von Arbeiten beauftragt. Die Fällungen sei „aus Gründen der Verkehrssicherung“ nötig geworden und wegen „eines hohen Totholzanteils bei den Bäumen im Wald“. Wegen der starken Frequentierung des Wäldchens habe man sich entschlossen, „die Gefahrenquellen bei Betretung der Waldfläche zu minimieren“.
Im Siegburger Norden wurden auch Bäume gefällt
Die Arbeiten seien im Vorfeld mit der Vorsitzenden der Siedlergemeinschaft Marienfried abgesprochen gewesen. Gefällt wurde auch schon im Frühjahr 2022. Fillmann betont: „Eine dauerhafte Sperrung des Waldstückes ist seitens der Forstbehörde überhaupt nicht angedacht.“ Krieger sorgt sich, dass liegengebliebene Reste eine Brandgefahr darstellen könnten. „Die Einschätzung teile ich nicht“, entgegnet Fillmann. Die Brandgefahr sei genauso hoch oder niedrig einzuschätzen wie bei jeder Durchforstung im Laubholz.
Der technische Beigeordnete der Stadt, Stephan Marks, nahm zu der Frage der kommerziellen Verwertung auf Anfrage Stellung. So seien für die Arbeiten 1111,96 Euro bezahlt worden bei Erlösen von 1900 Euro, die aber noch nicht abschließend berechnet worden seien. „Reich wird die Stadt nicht damit.“ Eingerechnet worden seien dabei Granatsplitter aus dem Zweiten Weltkrieg in den Holzstämmen, die die Vermarktung erschwerten. Marks sagte zu, man werde die Wege in Zukunft frei halten.
„Wirtschaftliche Belange werden den Naturschutz immer dominieren“
Auch im Siegburger Norden, entlang eines Waldwegs oberhalb der Carl-Schurz-Straße/Am Heckershof, fallen massive Fällungen ins Auge, so auch der ehemaligen Stadtverordneten Margret Werner: Sie wandte sich an den zuständigen Förster Axel Horn von Wald und Holz NRW, der ebenfalls die Verkehrssicherheit als Grund für die Fällungen genannt habe.
Was sie, anders als an einer befahrenen Straße an einem Waldweg, aber nicht gelten lässt: „Wirtschaftliche Belange werden den Naturschutz immer dominieren“, fürchtet sie. „Ich war in Siegburg mal Mitglied in einer Baumkommission, da wurde um jeden Baum, den der Eigentümer fällen wollte, auf Erhalt gekämpft.“ Horn versichert auf Anfrage der Redaktion, er mache sich die Entscheidung zu einer Fällung nicht leicht. Ausführlich sehe er sich den Zustand an, bevor er Bäume markiere, mitunter beobachte er sie über Jahre.
An dem angesprochenen Waldweg sei die Verkehrssicherheit wegen der vielen Radfahrer und Spaziergänger, die durch herabstürzende Äste oder umkippenden Bäume zu Schaden kommen könnten, besonders wichtig. Kommerziell motiviert seien die Fällungen dort definitiv nicht, da das Holz von eher „minderer Qualität“ sei.